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Jubiläumsjahr 2004 - Juni: Station Agent

Ein Beitrag von Joachim Kurz

Kino-Zeit feiert 20 Jahre. Jeder Monat des Gründungsjahres bekommt einen Film, der rückblickend noch einmal neu betrachtet wird. Im Juni widmet sich Joachim Kurz „The Station Agent“.

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Filmstill zu The Station Agent (2003)
The Station Agent (2023) von Tom McCarthy

In unserem Streifzug durch 20 Jahre Kino-Zeit und unserem Rückblick auf das Jahr, in dem alles begann (2004 also), sind wir mittlerweile im Monat Juni angelangt und erinnern uns an einen wundervollen kleinen Film über die Freundschaft zwischen drei Menschen an einem Bahnhof im Nirgendwo: „The Station Agent“ von Tom McCarthy erscheint im Nachhinein betrachtet als typischer US-Indie der 2000er Jahre, als viele Filmemacher*innen ihr Herz für die Provinz und ihre Eigenheiten entdeckten.

Am Anfang muss der kleinwüchsige Finbar McBride (Peter Dinklage) den Tod seines väterlichen Freundes und Chefs im Spielzeugladen Golden Spike hinnehmen. Eine kleine Erbschaft verschlägt den zurückgezogen lebenden Modelleisenbahn-Fan schließlich nach New Jersey an einen stillgelegten Bahnhof namens Newfoundland, wo er eigentlich nichts als seine Ruhe haben will, doch das Schicksal spült ihm zwei Menschen hin, die nicht im Traum daran denken, Fin seinen Frieden zu lassen: der dauerquasselnde Imbisswagenfahrer Joe (Bobby Cannavale) und die schusselige Bibliothekarin und Künstlerin Olivia (Patricia Clarkson). Und so entsteht mit der Zeit eine Freundschaft zwischen den dreien.

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In gerade mal 20 Tagen und mit einem Mini-Budget von 500.000 US-Dollar gedreht, erwies sich The Station Agent als kleines Filmwunder. In Sundance wurde der Film gleich dreifach ausgezeichnet. Aus dem heutigen Blickwinkel betrachtet, ist The Station Agent ein wunderlicher und schrulliger Film, dessen bedächtiges Tempo und anrührende Botschaft ihn auch heute noch zu einem sehenswerten Kleinod machen. Die damals noch sich ganz am Anfang befindliche Karriere von Peter Dinklage beschleunigte sich ab diesem Punkt merklich, und auch Patricia Clarkson spielte von da an nach dem Gewinn des Screen Actors Guild Awards in der Kategorie Beste Hauptdarstellerin buchstäblich in einer anderen Kategorie.

Für den Regisseur und Drehbuchautor, der dem Schauspieltrio aus Clarkson, Dinklage und Cannavale die Rollen auf den Leib geschrieben hatte, markierte der von der Kritik und den Zuschauern gleichermaßen geliebte Film ebenfalls einen Wendepunkt in seinem Schaffen. Bis dahin hatte er vor allem für andere geschrieben und war auch selbst als Schauspieler aufgetreten, nun aber nahm er selbst auf dem Regiestuhl Platz, war aber nie wieder so gut wie in diesem seinem Erstlingswerk.

Nicht allein deshalb lohnt eine Wiederbegegnung mit diesem Film, der wie aus einer anderen, friedlicheren Zeit erscheint, auch wenn — betrachtet man es nüchtern — die damaligen Jahre auch nicht gerade ruhig waren. Aber vielleicht oder ganz gewiss ist es so mit der Nostalgie beim Blick auf das Zurückliegende: Alles erscheint in ein milderes Licht getaucht, versöhnlicher und ja, auch ein wenig schöner.

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