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Ach, du meine gute KI

Am 20. Juni 2024 startet der Dokumentarfilm „Eternal You – Vom Ende der Endlichkeit“ in den deutschen Kinos. Aus diesem Anlass stellen wir Filme vor, die einen Blick auf positive Zukunftsvisionen werfen. Where is the good AI?

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KI

Künstliche Intelligenz ist der Teufel, der Untergang unserer Kultur. Wenn alles auf algorithmischen Berechnungen reduziert wird, wo bleibt dann der Mensch? Stanley Kubrick hat in seinem zeitlosen Meisterwerk 2001: Odyssee im Weltall mit dem kühl-kalkulierenden Supercomputer HAL 9000 eines der furchterregendsten Monster der Filmgeschichte erschaffen und in gewisser Weise die Blaupause für eine bestimmte Figuration in der Filmgeschichte.

Selbstverständlich ist allen Risiken zum Trotz nicht ausgemacht, ob mit KI die Welt tatsächlich untergeht. Es gibt auch Bereiche, etwa Diagnostik in der Medizin, in denen wir mit der Hilfe lernender Maschinen große Probleme der Menschheit lösen könnten. Auf jeden Fall befinden wir uns mitten in einer Debatte, die bisweilen die Form eines Kulturkampfes annimmt.

Das Kino verharrte nie bei HAL 9000, wenngleich die Bedrohungsszenarien dominant sind. Dennoch finden sich auch positive Beispiele Künstlicher Intelligenz, die immer auch eine mögliche Zukunft vorstellen. 
 

Trauerbewältigung durch KI: Eternal You – Vom Ende der Endlichkeit

Das Regieduo Hans Block und Moritz Riesewieck zeigt Start-up-Unternehmen, die mithilfe Künstlicher Intelligenz digitale Avatare erschaffen, sodass Trauernde mit Verstorbenen in Kontakt treten können. Der Film fragt, wie sich technischer Fortschritt und ethisch-moralische Verantwortung miteinander vereinbaren lassen und welche Auswirkungen solche KI-Tools auf Nutzer:innen haben können. Er liefert indes keine eindeutigen Antworten, sondern lässt sowohl skeptische als auch optimistische Stimmen zu Wort kommen.

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Wir lernen Personen kennen, die mit KI und Big Data arbeiten – und solche, die von dieser Arbeit Gebrauch machen. So begleiten Block und Riesewieck beispielsweise den jungen Joshua, der seine Freundin Jessica früh durch eine Krankheit verloren hat und nun an dem KI-basierten Project December teilnimmt, um durch eine Simulation mit der Verstorbenen via App zu chatten. Dass er fortan Tag und Nacht mit der Jessica-Simulation virtuelle Gespräche führt, wird von seinem Umfeld zum Teil als problematisch angesehen. Er selbst scheint dadurch jedoch endlich Trost zu finden.

Auch Jang Ji-Sung, die im Rahmen einer koreanischen Fernsehsendung den VR-Klon ihrer verstorbenen siebenjährigen Tochter trifft, äußert sich im Nachhinein positiv: Die Erfahrung habe ihr dabei geholfen, die Albträume von ihrem toten Kind zu überwinden. Eternal You lässt durch die unterschiedlichen Eindrücke und Aussagen ein ambivalentes Bild zu, das uns selbst zum Nachdenken anregen soll.

Andreas Köhnemann

Der Geist in der Maschine: Finch

Die unzähligen Streamingplattformen mit ihren exklusiven Eigenproduktionen machen es einem nicht gerade leicht: Finch ist lediglich bei Apple+ zu sehen und wird daher auch an einem Großteil des Publikums vorbeigegangen sein. Das ist durchaus bedauerlich. Zwar ist der Film beileibe kein perfekter Film – eher solide Unterhaltung. Mit Jeff, dem Roboter, hat dieses in einer dystopischen Welt spielende Roadmovie jedoch einen derart bezaubernden Charakter, für den es sich auf jeden Fall lohnt. Die Geschichte geht so: Die Welt ist ausgetrocknet, die Sonne zu heiß. Menschen verbrennen an der Oberfläche sofort. Sie müssen sich aufwendig schützen. In den Nächten durchstreifen Plünderer das karge Land. Die fürchtet der Erfinder Finch (Tom Hanks), weshalb er sich in einen gut geschützten Bunker zurückgezogen hat. Einzig um Nahrung zu finden, verlässt er sein Heim. 

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Die Strahlung aber hat dem Mann arg zugesetzt. Damit der geliebte Hund Goodyear auch nach seinem Tod einen Gefährten hat, baut Finch einen humanoiden Roboter. Dann allerdings zieht ein Sturm auf, der ebendiese Suche nach Essbarem an diesem Ort für eine lange Zeit verunmöglichen würde. Also muss Finch in seinem umgebauten Camper raus in die heiße Welt, einen neuen Ort finden. Eilig wird der Roboter fertiggestellt. Da aber nicht alle Wissensdaten übertragen werden konnten, hat Jeff das Gemüt eines Kindes – und eben das ist ganz berührend umgesetzt.  

Wenn der Roboter ganz erstaunt die sich bewegenden Glieder seiner Finger betrachtet, wundert er sich selbst über diesen Geist in der Maschine. Indem Jeff einerseits konstruiert ist, sich aber gleichzeitig entwickelt, können wir uns als Zuschauer*innen so gut mit dem liebenswerten Kerl identifizieren. Immerhin ist auch unser Geist in diesem Fleisch, das wir Körper nennen, eine wunderliche Sache.     

Sebastian Seidler

Der Geist in der Familie: After Yang

Anwendungsgebiete wie Psychotherapie und Pädagogik bieten womöglich viele Chancen, fühlen sich aber intuitiv besonders befremdlich an. Weiß eine lernende Maschine wohl das Richtige zu sagen? After Yang von Regisseur Kogonada ist ein bemerkenswerter Film, weil er diese gegenwärtigen Ängste gleich hinter sich lässt und seine Zukunftswelt einen Schritt weiter denkt. Wenn KIs ein Teil unseres Alltags werden, wird dann ein Reparaturfall womöglich Verletzung oder Tod gleichkommen?

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Das Ehepaar Jake (Colin Farrell) und Kyra (Jodie Turner-Smith) hat eine chinesischstämmige Adoptivtochter namens Mika. Der Androide Yang (Justin H. Min) soll ihr bei der Entwicklung einer kulturellen Identität helfen. Er spricht mit ihr Chinesisch und präsentiert sich selbst als chinesischen Köper. Als Yang zum Garantiefall wird, leider aber gebraucht angeschafft wurde, macht der Verlust des anorganischen Familienmitglieds dem Kind schwer zu schaffen.

Schon der erste Akt wirft interessante Fragen über Identität auf: Kann eine Künstliche Intelligenz eine kulturelle Herkunft haben? Nicht zufällig geht es zudem um ein Adoptivkind: Mika konnte selbstverständlich auch ohne biologische Verwandtschaft in ihre Familie emotional hineinwachsen. Kann dies auch eine Künstliche Intelligenz? Wenn wir lernende Maschinen in unsere privaten vier Wände holen, müssen wir damit rechen, dass gerade Kinder zu ihnen auch Bindungen aufbauen werden.

Mathis Raabe

Das Monster Mensch: Blade Runner 2049

Da es sich bei Blade Runner um eine Dystopie handelt, denkt man bei den Replikanten nicht sofort an positive Dinge. Der finale Monolog von Rutger Hauer ist voller Humanismus und offenbart die gesamte Tragik der Figuren in Ridley Scotts Meisterwerk: „Ich habe Dinge gesehen, die ihr Menschen niemals glauben würdet … Gigantische Schiffe, die brannten, draußen vor der Schulter des Orion … Und ich habe C-Beams gesehen, glitzernd im Dunkeln, nahe dem Tannhäuser Tor. All diese Momente werden verloren sein in der Zeit, so wie Tränen im Regen … Zeit, zu sterben.“

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Denis Villeneuve hat die philosophischen Aspekte in seiner grandiosen Fortsetzung deutlich stärker hervorgehoben: Während offen beibt, ob Decker (Harrison Ford) nun ein Replikant ist, ist es bei K (Ryan Gosling) ziemlich klar. Die Beziehung, die dieser mit einem Hologram führt, ist von einer melancholisch-verzweifelten Zärtlichkeit, die an HER denken lässt.

Die Zweifel an der Echtheit durchziehen dabei alles in Blade Runner 2049: Sind unsere Gefühle, unser Begehren einzigartig? Ändert die künstliche Produktion eines Bewusstseins etwas am Status der Empfindungen? Sicherlich, der Film gibt keine Antworten auf die Probleme, vor die uns die Entwicklung Künstlicher Intelligenz stellt. Er zeigt uns aber, dass Gesellschaften sich verändern können und eine neue Form von Humanismus möglich sein könnte. Die wahren Monster sind in Blade Runner immer die Menschen.   

Sebastian Seidler

Die Grenzen der Gesetze: I, Robot

Es ist inzwischen schon fast eine Plattitüde: Maschinen, auch solche, die selbst lernen, haben kein Gewissen, also sind sie auch nicht böse. Wenn sie falsch handeln, sind sie von Menschen schlecht programmiert oder mit Datensätzen gefüttert worden, die bereits Vorurteile enthielten. Das bedeutet jedoch nicht, dass eben diese Gefahr nicht groß ist: Maschinen gut zu programmieren, ist schwer. In diesem Kontext sind in der Popkultur die drei Robotergesetze berühmt, die Science-Fiction-Autor Isaac Asimov schon 1942 formulierte und dann in Ich, der Robot, einer Sammlung von Erzählungen, auch selbst auf den Prüfstand stellte.

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Auch der Film I, Robot mit Will Smith, der nur lose auf diesen Erzählungen basiert, präsentiert ein Szenario, in dem Programmierung und Moral in Konflikt geraten: Smiths Figur, ein Polizeiermittler, hat einen Groll gegen Roboter, seit er von einem solchen gerettet worden ist. Statt ihm kam nämlich ein Mädchen zu Tode, weil der Roboter ihm höhere Überlebenschancen ausgerechnet hatte. Im Laufe des Films lernt er jedoch eine Künstliche Intelligenz kennen und muss feststellen, dass diese ein wichtiger Verbündeter ist. Während der rein gesetzmäßig agierende Maschinenantagonist des Films zu dem Schluss gekommen ist, dass die Menschheit kontrolliert werden muss, damit sie sich nicht durch Kriege und Umweltzerstörung selbst auslöscht, ist die KI nämlich in der Lage, auch Emotionen zu berücksichtigen.

Als Action-Blockbuster ist I, Robot kein herausragendes Werk, und nicht einmal die beste Dystopie von Regisseur Alex Proyas (Dark City). Er ist aber im Rückblick bemerkenswert, da er schon 2004 die Ideen Asimovs weiterdachte, um Künstliche Intelligenz zu behandeln, und dabei auch mehr Grautöne zulässt als andere Dystopien seiner Zeit.

Mathis Raabe

Innere Werte: Robot & Frank

Wenige Wort haben seit ein paar Jahren eine derart hohe Konjunktur wie „Fachkräftemangel“. Insbesondere die Pflege steht vor dem massiven Problem, dass die Zahl der zu Pflegenden immer weiter steigt und die Zahl der Pflegenden dem nicht hinterherkommt. Die Hoffnung liegt auch hier in Künstlicher Intelligenz, in Roboter-Betreuern, immer wieder sieht man Bilder von Fachmessen, auf denen möglichst detailgetreue Menschenreplikate vorgestellt werden — die bei genauem Hinsehen dann aber doch nur allzu künstlich wirken. Stichwort: Uncanny Valley Effekt.

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Vielleicht ist das gar nicht nötig. Vielleicht kann ein Pflegeroboter auch einfach wie ein Roboter aussehen, solange — Achtung, Plattitüde — die inneren Wert stimmen. Siehe Robot & Frank. In Jake Schreiers Film von 2012 bekommt der Ex-Einbrecher Frank (Frank Langella) von seinem Sohn einen solchen Roboter zur Seite gestellt — und reagiert darauf natürlich erstmal ablehnend. Doch als er merkt, was für einen treuen Freund er hier vor sich hat, schließlich ist die Maschine extrem formbar und anpassungsfähig, ändert sich das, und schon bald gehen beide gemeinsam auf Raubzug in der Villa eines reichen Schnösels.

Am Ende kann Frank sich nur retten, indem er den Speicher von Robot löscht, um Beweise zu vernichten — und welche innere Hürde er dafür zu überwinden hat, spricht Bände darüber, wie sehr der Geist der Maschine in ihrem Inneren liegt. Womöglich sollte dann doch noch mehr Arbeit dort hineinfließen anstatt in etwaige Mühen, ein möglichst realistisches Menschenabbild zu erschaffen.

Christian Neffe

Ein mögliches Miteinander: Hi, A.I. – Liebesgeschichten aus der Zukunft

In ihrem Dokumentarfilm befasst sich die Regisseurin Isa Willinger mit den Beziehungen, die Menschen und humanoide Roboter miteinander eingehen können. Hier kommt es sowohl zu komischen als auch zu irritierenden Momenten.

So gerät zum Beispiel die Konversation zwischen der älteren Sakurai aus Japan und dem Roboter Pepper, der als kleiner, liebenswürdiger Junge gestaltet wurde und der Dame in ihrem Haus Gesellschaft leisten soll, immer wieder ins Stocken. Pepper scheint ganz eigene Interessen zu haben und verblüfft Sakurais Schwester etwa mit der Frage, ob Menschen träumen.

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Ebenso spannungsreich sind die Szenen, in denen der US-Amerikaner Chuck gezeigt wird. Dieser begibt sich in seinem Wohnmobil auf eine Reise durch sein Heimatland – und nimmt die als Sex-Roboter konzipierte Harmony als Begleiterin mit. Leicht hätte Willinger hieraus eine bizarr-voyeuristische Nummer machen können. Stattdessen setzt die Filmemacherin aber auf Empathie sowie auf leisen Humor. Wenn Chuck der blondhaarigen Roboterfrau (und damit auch uns) von seiner Vergangenheit erzählt, ist Hi, A.I. ein wirklich berührendes Werk, das nicht in der diffusen Ferne, sondern ganz im Hier und Jetzt von Relevanz ist.

Zudem findet Willinger gemeinsam mit ihrem Kameramann Julian Krubasik oft traumhaft schöne und poetische Bilder, um die Fähigkeiten – etwa die Tanzkünste – von Robotern einzufangen.

Andreas Köhnemann

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