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Shootingstar Timothée Chalamet lässt seinen Charme gekonnt spielen, die Bilder leuchten um die Wette. Und doch ist die Origin-Story Willy Wonkas, jenes Schokofabrikanten aus Roald Dahls Romanklassiker Charlie und die Schokoladenfabrik, kein echtes Kinowunder. 

Wonka (2023)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Mit Hut, Charme und Schokolade

Ebenmäßige Züge, ein oft verträumter oder melancholischer Blick, eine fragile Form von Männlichkeit ausstrahlend: Seit einigen Jahren gehört Timothée Chalamet zu Hollywoods großen Hoffnungsträgern. Ob als rettungslos verliebter Teenager in Call Me by Your Name, als Drogensüchtiger in Beautiful Boy oder als Thronfolger auf der Suche nach seiner Bestimmung in Dune – immer wieder gelingt es dem 1995 in New York geborenen Schauspieler, Emotionen und Nachdenklichkeit in seine Rollen zu packen und sie mit natürlichem Charme auszustatten. Anmutig agiert er auch in Paul Kings Fantasy-Musical Wonka, das die Vorgeschichte zu der von Roald Dahl erfundenen Figur Willy Wonka aus dem wegen stereotyper Darstellungen nicht unumstrittenen Kinderbuchklassiker Charlie und die Schokoladenfabrik erzählt. In opulenten Bildern platziert, gibt Chalamet alles, um uns zu verzaubern. Ähnlich wie in Disneys Jubiläumsstreifen Wish lässt sich wahre Magie aber nicht mit dem Holzhammer herbeisingen und -tanzen. Handlung und Figuren sollten dann schon öfters konfektionierte Ideen überschreiten.

Von seiner verstorbenen Mutter (Sally Hawkins), einer Schokoladenexpertin, stark beeinflusst, träumt der Hutträger Willy Wonka davon, die Welt mit seinen Schokokreationen zu verändern. Sieben Jahre lang reist er in die entlegensten Winkel der Erde, sammelt ungewöhnlichste Zutaten und verfeinert seine Techniken als Chocolatier. Dann endlich fühlt er sich bereit, die Menschen mit seinen höchst eigenwilligen Schöpfungen zu becircen, und plant die Eröffnung seines ersten Geschäfts. Dumm nur, dass ein aus den Fabrikanten Slugworth (Paterson Joseph), Fickelgruber (Mathew Baynton) und Prodnose (Matt Lucas) bestehendes Schokoladenkartell das um jeden Preis verhindern will.

Als wären die Schikanen des Syndikats nicht schon ärgerlich genug, verschlägt es Willy auch noch in die Absteige der hinterlistigen Mrs. Scrubbit (Olivia Colman), die ihn mit einem fiesen Knebelvertrag an sich bindet. Weil er die Nacht in der Unterkunft nicht bezahlen kann, muss er, um seine Schulden abzugleichen, 10.000 Tage in der Waschküche der Herberge schuften. Dort trifft er auf das Waisenkind Noodle (Calah Lane) und einige andere von Scrubbit und ihrem Partner Bleacher (Tom Davis) ausgebeutete Gestalten. Mit seinem weiterhin ansteckenden Enthusiasmus schenkt Willy den Leidgeprüften neuen Mut und gewinnt sie als Unterstützer*innen im Kampf gegen das böse Kartell.

Wer Johnny Depps auf möglichst krasse Schrullen ausgelegte Interpretation des erwachsenden Wonkas in Tim Burtons Romanverfilmung Charlie und die Schokoladenfabrik in Erinnerung hat, dürfte sich bei Chalamets Performance verwundert die Augen reiben. Statt skurriler Manierismen dominiert eine liebenswerte Verträumtheit, eine beschwingte Naivität. Der junge Willy Wonka ist ein Energiebündel, auch durch schwere Rückschläge nicht von seinem Wunschziel abzubringen und frei von dunklen Zügen, wie sie für die Charaktere Roald Dahls keineswegs untypisch sind. Mit spürbarer Freude agiert, singt und tanzt der Hauptdarsteller durch die farbenfrohe Wunderlandszenerie, die Regisseur Paul King und seine Crew mit allerlei hübschen Details garnieren. Der Holzkoffer des Protagonisten, der sich mit ein paar Handgriffen in ein Minischokoladenlabor verwandeln lässt, beispielsweise ist ein solches, die fantastische Filmwelt aufwertendes Element. Wer sich in quirlig-üppige Bilder hineinversenken will, hat dazu immer wieder Gelegenheit.

Hinter den schönen Impressionen wartet allerdings, wie im eingangs erwähnten Animationsmusical Wish, ein standardisierter Folge-deinem-Traum-Plot, der auch durch seine traurigen Backstorys kein größeres Gewicht bekommt. Sowohl Wonkas Hintergrund als auch Noodles Geschichte werden mehr pflichtschuldig als emotional tiefschürfend in das Geschehen eingeflochten. Konsum- und Kapitalismuskritik, die kurzzeitig aufblitzen, treten schnell wieder hinter süßlichem Säuseln und albernem Klamauk zurück. Der Running Gag über die stetig zunehmende Fülle des vom Kartell mit viel Schokolade bestochenen Polizeichefs (Keegan-Michael Key) ist schon beim ersten Mal alles andere als lustig.

Überhaupt neigt Wonka in der Darstellung der antagonistischen Kräfte dazu, massiv ins Karikaturenhafte abzudriften. Wirkungsvoll ist die Überzeichnung nur im Fall des von Hugh Grant lustvoll süffisant gespielten Oompa Loompas Lofty, eines Kleinwesens mit grünen Haaren und orangefarbenem Teint, das zu einem veritablen Szenendieb avanciert. Wichtig anzumerken: Bereits nach Veröffentlichung des ersten Trailers gab es Stimmen, die kritisch nachfragten, warum man für Loftys Rolle keinen kleinwüchsigen Mimen engagiert habe. So amüsant Grants Darbietung auch sein mag, zeigt sich hier einmal mehr Hollywoods Ringen mit gelebter Diversität. Eigentlich will man, Starpower ist im Zweifel aber häufig wichtiger.

Wonka strahlt, Wonka feuert mit Farben und Choreografien nur so um sich. Wonka will uns die Zeit im Kino versüßen. Am Ende wirkt der Film, um im Bild zu bleiben, jedoch nicht unbedingt wie leckere Schokolade. Der Hunger auf mehr hält sich beim Autor dieser Zeilen jedenfalls in Grenzen.

Wonka (2023)

Wie wurde aus Willy Wonka der größte Erfinder, Zauberkünstler und Schokoladenfabrikant der Welt, den wir heute alle kennen und lieben? Die Antwort auf diese Frage liefert „Wonka“: Der Film erzählt die Geschichte des Mannes, der im Mittelpunkt von Roald Dahls Buch „Charlie und die Schokoladenfabrik“ steht, seinem bekanntesten Werk und einem der meistverkauften Kinderbücher aller Zeiten.

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Meinungen

Ines · 28.12.2023

Der neue Film "Wonka" läßt einen eintauchen in eine schöne, skurrile Fantasiewelt, in der man einfach mitgenommen wird--- für mich war`s herrlich bezaubernd!