Mit Filmen von Abel Ferrara ist es so eine Sache. Wenngleich der Amerikaner einige großartige Filme gedreht hat – allen voran Das Begräbnis (1996) –, gilt er immer noch als Underground-Regisseur und ist hierzulande kaum bekannt. Das hat auch viel damit zu tun, dass seine Ästhetik, sein Stil ziemlich herausfordernd ist: Ferraras Filme sind roh, wirken schmutzig und unfertig, während sie gleichzeitig eine ungeheure Energie entfalten, von der eine körperliche Gefahr auszugehen scheint. Die Frau mit der 45er Magnum ist einer dieser Filme, die auf ewig kaum auszuhalten sind: Gemeinsam mit seinem langjährigen Drehbuchautor Nicholas St. John gelang es dem ruhelosen Filmemacher, einen grimmigen Rape-and-Revenge-Film mit beunruhigenden, religiösen Erlösungsmotiven zu verbinden, die dann Jahre später in Bad Lieutenant erneut, aber unter völlig anderen Vorzeichen aufgegriffen werden.

In dem Thriller-Drama spielt der kongeniale Harvey Keitel einen zwielichtigen Cop, der nicht bloß mit seinen inneren Dämonen zu kämpfen hat, sondern unter ihnen lebt. Drogenabhängig, seine Befriedigung bei Prostituierten suchend und unheilvoll in Wettschulden verstrickt, ist dieser Mann kein Hüter des Gesetzes. Vielmehr strebt hier eine Figur zur Selbstauslöschung hin. Dann allerdings wird eine junge Nonne brutal vergewaltigt. Obwohl sie die Täter kennt, möchte sie die Namen nicht preisgeben: Sie habe bereits verziehen. Die Suche nach den Vergewaltigern wird eine schmerzhafte Reise in die unmögliche Vergebung.

Bad Lieutenant ist grimmig und dunkel. Ferrara nimmt uns nicht an die Hand. Seine Hauptfigur ist kein guter Mensch. Wer Identifikationsfiguren benötigt, wird mit dem Film nichts anfangen können. Als existenzielle Studie über Katholizismus, Gewalt und (Selbst)Vergebung gehört dieser Film jedoch zu den großen Meisterwerken der Filmgeschichte.   

Bad Lieutenant gibt es als Stream bei Amazon Prime.