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Streaming-Tipp des Tages: Der Maulwurf

Ein Beitrag von Katrin Doerksen

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"Der Maulwurf - Undercover in Nordkorea" von Mads Brügger
"Der Maulwurf - Undercover in Nordkorea" von Mads Brügger

Ein arbeitsloser dänischer Koch und Familienvater will die Verstrickungen Nordkoreas in den internationalen Waffenhandel aufdecken und begibt sich zu diesem Zweck auf eine zehnjährige Undercovermission, die ihn bis in die höchsten Ränge des abgeschirmten und sanktionierten Staates bringt. Klingt wie für einen drittklassigen Spionagethriller zusammengeklöppelt? Ist aber genauso passiert.

Der Dokumentarfilm Der Maulwurf — Undercover in Nordkorea von Mads Brügger, bei den dänischen Filmpreisen als Bester Dokumentarfilm ausgezeichnet und derzeit in zwei Teilen in der ZDF-Mediathek zu sehen, begleitet eben jenen Ulrich Larsen dabei. Über mehrere Jahre infiltriert er die „Korean Friendship Association“ und steigt in ihren Rängen auf, bis er schließlich die Aufgabe erhält internationale Investoren für Nordkorea zu suchen. Er erfindet einen norwegischen Ölmilliardär namens Mr. James und sitzt schon bald in Verhandlungen mit hochrangigen nordkoreanischen Offizieren um geheime Waffenfabriken in Uganda.

Der Maulwurf ist von Gesprächen und Analysen der ehemaligen MI5-Mitarbeiterin Annie Machon gerahmt, besteht aber zu großen Teilen aus heimlich gefilmtem Material aus anonymen Hotelzimmern, Konferenzräumen, Bunkern in Nordkorea. Dabei stockt einem gleich mehrfach der Atem: Zum Einen, weil sich Larsen und sein falscher Milliardär häufig in brandgefährliche Situationen begeben, etwa von Kopf bis Fuß verkabelt einem Wanzentest standhalten müssen. Zum Anderen aber — und das passiert ehrlich gesagt häufiger — weil das heimlich gefilmte Material einen Blick in finsterste Abgründe offenbart. Es erzählt von kleinen Männern mit großen Machtfantasien, von zynischen, zutiefst rassistischen Welt- und Menschenbildern, von Anzugträgern, die ohne mit der Wimper zu zucken Dörfer in fremden Ländern zerstören, um unter Vorgaukelung falscher Tatsachen Millionen zu scheffeln, die vom Elend ganzer Weltregionen profitieren und darauf mit Whisky anstoßen.

Darüber hinaus bleibt aber auch der Maulwurf selbst ein Enigma. Ein völlig unauffälliger Mann mit steinernem Gesichtsausdruck, der ohne erkennbare Motive über ein Jahrzehnt ein Doppelleben führt und sich und seine Familie wissentlich in Gefahr bringt — für einen Dokumentarfilm? Gegen Ende deutet Mads Brügger an, was nach dem Abschluss der Mission zurückbleiben dürfte: Leere. Man wüsste gern, wie es Ulrich Larsen heute geht.

Der Maulwurf steht zum Streamen in der ZDF-Mediathek zur Verfügung.

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