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Jahresrückblick - Filmische Trüffel: Sommer der Krüppelbewegung

Ein Beitrag von Katrin Doerksen

2020 nähert sich seinem Ende. Man möchte sagen: zum Glück. Für niemanden, auch nicht für Kinofreunde, war es ein leichtes Jahr. Wir lassen es dennoch aus cineastischer Sicht Revue passieren. Heute mit James Lebrechts und Nicole Newnhams Sommer der Krüppelbewegung.

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Sommer der Krüppelbewegung - Trailer (englisch)

Kinoschließungen und -startverschiebungen, kurzfristige Veröffentlichungen auf DVD und Streaming-Plattformen — das ein oder andere filmische Highlight konnte da schon mal etwas untergehen. In unserem Jahresrückblick 2020 heben wir deshalb unter anderem filmische Highlights hervor, die man leicht hätte verpassen können. Heute mit James Lebrechts und Nicole Newnhams Sommer der Krüppelbewegung.

Wir erinnern uns an keinen Tag im Jahr 2020, in dem uns Michelle und Barack Obama nicht schmerzlich gefehlt hätten. Wie gut, dass die beiden inzwischen alles andere als von der Bildfläche verschwunden sind, sondern zum Beispiel Filme produzieren. Einer davon landete im vergangenen Frühjahr auf der Streamingplattform Netflix und machte dort absolut zu recht von sich reden.

Die Filmemacher James Lebrecht und Nicole Newnham beschäftigen sich in ihrem Dokumentarfilm Sommer der Krüppelbewegung mit einem US-Sommercamp für Jugendliche mit Behinderungen. Gegen Ende der 1960er Jahre änderten sich dort die Auffassungen der Betreuer — einer von ihnen fasst es so zusammen: „Wir haben damals verstanden, dass nicht die behinderten Jugendlichen das Problem waren, sondern wir waren das Problem – wir, die Nichtbehinderten, unsere Vorstellungen über Behinderung.“

Nicht wenige Nichtbehinderte haben das auch im Jahr 2020 noch nicht verstanden — der Film zeigt derweil, was alles daraus entstehen kann, wenn ein paar Leute ihre eigenen Vorurteile und Gewohnheiten über den Haufen werfen. Das Camp Jened — praktischerweise direkt neben dem Woodstock-Areal gelegen - wurde zu einer kleinen Utopie, einem Ort, an dem Jugendliche, die sonst häufig nur über ihre Behinderung definiert wurden, ganz normale Teenager sein konnten: Mit ersten Liebeleien, wilden Parties, hier und da ersten Drogenerfahrungen und langen Diskussionen über Politik.

Tatsächlich war es auch die Zeit im Camp Jened, die bei vielen den Grundstein für lebenslanges Engagement legte. In den 1970er Jahren formierten sich immer mehr Bürgerrechtsorganisationen behinderter Menschen, die etwa Straßenblockaden organisierten und direkten Druck auf die Politik ausübten, nicht selten in enger Zusammenarbeit mit der Black Panther Party. Der Spirit lebt fort — auch Dank Sommer der Krüppelbewegung.

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