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Die Komödie „Oh la la – Wer ahnt denn sowas?“ von Julien Hervé bietet Stars und Schlagfertigkeit, aber auch zahlreiche Kalauer.

Oh la la - Wer ahnt denn sowas? (2024)

Eine Filmkritik von Reinhard Kleber

Böse Überraschungen kurz vor der Hochzeit

Julien Hervé ist ein alter Hase im Komödienfach. 15 Jahre arbeitete er als Autor der erfolgreichen französischen TV-Satiresendung „Les Guignols de l’info“, ehe er ab 2015 an den Drehbüchern für Kinokomödien wie „Les Tuche 2: Le rêve américain“, „Le Doudou“ oder „Asterix & Obelix im Reich der Mitte“ mitwirkte. Nachdem Hervé sich bei „Le Doudou“ die Regie mit seinem langjährigen Weggefährten Philippe Mechelen teilte, inszenierte er das selbst geschriebene Drehbuch zu „Oh La La“ erstmals allein. Die umfangreiche komödiantische Erfahrung merkt man der ebenso quirligen wie dialoglastigen Familienkomödie sofort an: In hohem Tempo führt Hervé sein hochklassiges Ensemble in scharfzüngige Wortgefechte, schreckt aber für billige Lacher auch nicht vor Kalauern und schlechten Witzen zurück.  

Alice Bouvier-Sauvage (Chloé Coulloud), Spross einer reichen Adelsfamilie, und François Martin (Julien Pestel), Sohn eines Peugeot-Händlers, sind verliebt und wollen heiraten. Die Eltern des Bräutigams, Nicole und Gérard Martin (Sylvie Testud und Didier Bourdon), reisen zur ersten Begegnung mit den Eltern von Alice zum Weingut der Adelsfamilie in der Aquitaine. Schon die weitläufigen Weinberge sind beeindruckend, aber noch imposanter ist das Schloss. Und ihren Peugeot stellen die Martins zwischen schweren Mercedes-Limousinen ab. Schon bei der Begrüßung wird klar: Hier treffen zwei Welten aufeinander. Der jovial-arrogante Hausherr Frédéric (Christian Clavier) führt die Gäste stolz durch den Palast und prahlt mit einer Ahnenreihe, die 1000 Jahre zurückreicht. Zudem lassen er und seine Gattin Catherine (Marianne Denicourt) schnell erkennen, dass sie von den unstandesgemäßen Heiratsplänen ihrer Tochter nicht begeistert sind. 

Obwohl sich Nicole und Frédérics um harmloses Geplauder bemühen, geraten die beiden Alphamännchen schnell aneinander. Doch dann zündet das heiratswillige Paar einen Knaller: Es überrascht ihre Erzeuger mit DNS-Tests, die neue Erkenntnisse über deren Abstammung liefern. Dabei fällt das elterliche Quartett sozusagen seinen eigenen Vorurteilen zum Opfer. Als sich etwa herausstellt, dass Gérard zu 50 Prozent deutscher Abstammung ist, überzieht ihn Frédéric mit chauvinistischem Spott und galligen Sprüchen. Doch sobald Frédéric den Brief mit seiner Genanalyse öffnet, kommt die Retourkutsche. 

Es ist so eine Sache mit dem menschlichen Streben nach grenzenlosem Wissen. Wollen wir zum Beispiel wirklich wissen, an welchem Tag wir sterben? Und macht es uns glücklicher, wenn wir unser Erbgut durchforsten, um zu erfahren, woher unsere Vorfahren stammen? Die letzte Frage müssten sich eigentlich die beiden jungen Leute stellen, die in der französischen Filmkomödie von Julien Hervé heimlich die Gene ihrer Eltern und Schwiegereltern analysieren lassen. Doch wozu wollen sie das eigentlich wissen? Nur für eine simple Überraschung? Nur aus Jux und Tollerei? In ihrer Naivität lösen die beiden in ihrer Familie jedenfalls ein großes Tohuwabohu und schmerzhafte Identitätskrisen aus. Wenn aber schon die Prämisse des Films auf tönernen Füßen steht, muss man sich nicht wundern, wenn die daraus abgeleiteten Verwicklungen aufgesetzt und forciert wirken. 

In der ersten Hälfte dieser durchwachsenen Variante der klassischen Hochzeitskomödie sorgen die insbesondere französischen Komödienstars Clavier und Bourdon, die hier erstmals gemeinsam vor der Filmkamera stehen, mit ihren verbalen Duellen für amüsanten Zündstoff in der Manier des Boulevardtheaters. Wenn Standesdünkel und Spießbürgerattitüde, adeliger Snobismus und ökonomischer Patriotismus kollidieren und sich das in süffisanten Bemerkungen, bissigen Einzeilern und hitzigen Tiraden niederschlägt, dann fliegen schon mal die Fetzen bis fast zur Schlägerei. Eher beiläufig wird dabei der übersteigerte Nationalismus der Grande Nation ad absurdum geführt. Insbesondere Clavier tritt hier deutlich kantiger auf als sein Titelheld in den Monsieur Claude-Filmkomödien.

Die Rollen der Ehefrauen fallen spürbar kleiner aus, bieten Testud und Denicourt aber allemal genug Raum für humoristische Interventionen. Im Vergleich dazu bleiben die Nachwuchsfiguren als Repräsentanten von Vernunft und Moderne vergleichsweise passiv und blass, lediglich Coulloud schwingt sich als feministisch angehauchte Tochter zwei mal dazu auf, ihrem Erzeuger selbstbewusst zu widersprechen. 

In der zweiten Hälfte, also nach den DNS-Enthüllungen, geht der Komödie allerdings die Luft aus. Hervé beschränkt sich weitgehend darauf, das Selbstmitleid und die Identitätskrisen der Elternteile zu illustrieren, die sich durchweg schwertun zu akzeptieren, dass ihre genetische Herkunft nicht mit der gefühlten oder gewünschten übereinstimmt. Obendrein verlässt die Regie zunehmend das Spielfeld der Subtilität und bemüht im provokativen Übermaß nationale Stereotype, Klischees und Vorurteile der Franzosen über andere Nationen und umgekehrt. Weil die Komik sich rarmacht, schleichen sich Längen ein, die schon immer ein Gift für Komödien waren. Und das allzu harmoniebedachte Finale macht die Mixtur weder unterhaltsamer noch besser.

Oh la la - Wer ahnt denn sowas? (2024)

Die Familie Bouvier-Sauvage blickt voller Stolz auf eine lange aristokratische Ahnenreihe zurück. Als die einzige Tochter bekannt gibt, den Sohn eines einfachen Peugeot-Händlers heiraten zu wollen, ist man wenig entzückt. Beim ersten Aufeinandertreffen der Schwiegereltern in spe wird der Apéritif so zügig geleert wie das gute Benehmen über Bord geworfen. Um die Stimmung im Château aufzulockern, schenkt das zukünftige Brautpaar den Eltern DNA-Tests, die ihre wahren Wurzeln offenlegen sollen. Die Ergebnisse entpuppen sich jedoch als explosives Pulverfass, das so manchen Stammbaum zum Einsturz und die Hochzeit zum Platzen zu bringen droht.

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Meinungen

Karl Lackner · 25.03.2024

Ich habe gelacht - was ich bei Komödien sonst eher selten tue.