Log Line

Joe D’Amatos berüchtigter und in vielen Ländern verbotener Explotation-Film „Man-Eater – Der Menschenfresser“ von 1980 erhält ein spätes Sequel von Dario Germani. Es bleibt offen, wer das nun wirklich gebraucht oder gewollt hat.

Man-Eater (2022)

Eine Filmkritik von Moritz Henze-Jurisch

Die Rückkehr des Videotheken-Splatters

„Man-Eater – Der Menschenfresser“ (1980), auch bekannt als „Antropophagus“, versetzte Anfang der 80er die Filmkultur und insbesondere die Jugendschutzanstalten in helle Aufregung. Unvorstellbare Grausamkeiten sollten in diesem verdorbensten aller Filme stattfinden. Zugegebenermaßen konnten zwei bis drei Splatter-Effekte diese Erwartung zumindest teilweise erfüllen, viel mehr als das bot der Film dann letztendlich nicht. Für einen gewissen Kultfaktor hat es wohl dennoch gereicht, dem wir jetzt das sehr verspätete Sequel „Man-Eater – Der Menschenfresser“ ist zurück von Dario Germani zu verdanken haben. Inhaltlich ist dies allerdings auch eher eine Fortsetzung im Geiste, da es keinerlei inhaltlichen Bezüge oder Verweise zum Original gibt. Bei der Intention und Machart des Films kann man dann aber doch durchaus Parallelen sehen. In diesem Sinne: Mahlzeit!

Eine Gruppe von Studentinnen und ihre Dozentin (Monica Carpanese) lassen sich in einer unterirdischen Bunkeranlage einsperren. Warum sie das machen, wird im Laufe von Man-Eater 2 nie so ganz klar – es ist aber eigentlich auch egal. Entscheidend ist, dass sie in dieser düsteren Isolation nicht lange allein bleiben, da dort eine unheimliche Gestalt mit Appetit auf Menschenfleisch umherschleicht. Nach und nach dezimiert der Menschenfresser die Gruppe immer mehr, bis nur noch ein paar Studentinnen am Leben sind.  

Es dürfte an dieser Stelle bereits deutlich geworden sein, dass Man-Eater 2 lediglich den Inbegriff einer funktionalen Handlung bietet. Auch auf der Figurenseite bedient der Film ausschließlich die niedrigsten aller Splatter-Klischees, denn es gibt keine auch nur annähernd ausgearbeiteten Charaktere, sondern nur Opfer für den Killer. Sie verhalten sich natürlich auch zum Haareraufen dämlich und rennen am liebsten alleine durch die dunklen Gänge, um sich dort brav vom Menschenfresser fangen zu lassen. Darauf folgt eine ziemlich harte Splatter-Sequenz, in der das Opfer zerstückelt und teilweise verspeist wird. Dieser Ablauf wiederholt sich im Zehn-Minuten-Takt und nimmt locker drei Viertel der Laufzeit ein. Ein Großteil des Publikums wird sich angesichts dieser zynischen Sequenzschleife entweder angewidert verabschieden oder sich zumindest über die Vorhersehbarkeit und Absurdität des Gezeigten amüsieren.

Man muss allerdings auch bedenken, dass sich Man-Eater – Der Menschenfresser kehrt zurück allein schon durch seinen Titel gezielt an ein ganz bestimmtes Publikum richtet. An eben jenes, das Joe D’Amatos Originalfilm vermutlich in mehreren Covervarianten als Mediabook Special Editions zu Hause im Regal stehen hat. Als Rückbesinnung auf den Exploitation-Film funktioniert Man-Eater 2 dann aufgrund seiner stumpfen Reduktion auf die ganz ordentlich getricksten Splatter-Effekte und durch den Verzicht auf jegliche Selbstironie zumindest teilweise. Konsequent ist das aber leider nicht. 

Eindeutig problematisch ist die Darstellung der zahlreichen Frauenfiguren. Zwar kann man dem Film keine eindeutig frauenfeindliche Haltung vorwerfen, aber durch seine Naivität, den völligen Verzicht auf jegliche Charakterentwicklung und die Konzentration auf den Schockeffekt einzelner Szenen kann er sich auch nicht ausreichend von diesem Vorwurf befreien. Was schon 1980 nicht in Ordnung gewesen wäre, fällt 2023 umso mehr ins Gewicht und kann und darf keinesfalls ignoriert werden.

Als große Dummheit entpuppen sich die letzten Minuten des Films. Denn nachdem uns Man-Eater 2 rund 80 Minuten stumpfes Gore-Kino präsentiert hat, das sich mit einer gewissen Distanz zumindest erträglich anschauen lässt, präsentiert uns der Film, der vorgibt, keine wirkliche Handlung zu haben, in seinen allerletzten Momenten doch noch einen „Story-Twist“. Es versteht sich von selbst, dass der an Dämlichkeit nicht zu überbieten gewesen wäre und in seiner Überflüssigkeit jegliche Sympathie für den Film auf der Zielgeraden endgültig unmöglich macht. 

Wahrscheinlich wird auch Man-Eater 2 in ein paar Jahren nur noch als überteuertes Mediabook auf diversen DVD- und Blu-ray-Börsen gehandelt werden, während sich die potentiellen Käufer halbherzig darüber streiten, ob dieser nun vielleicht doch „heftiger“ ist als Joe Damatos Originalfilm. Wie auch immer die Entscheidung ausfällt, viel mehr als unoriginelles Splatter-Fastfood ist Man-Eater — Der Menschenfresser kehrt zurück nicht.

Man-Eater (2022)

Eine Gruppe von Studentinnen und ihre Dozentin Nora campieren in einem Bombenbunker, um für ihre Abschlussarbeiten zu recherchieren. In Begleitung eines unheimlich aussehenden Hausmeisters bereiten sich die Mädchen darauf vor, vierundzwanzig Stunden in dem Bunker eingeschlossen zu verbringen. Mitten in der Nacht verschwinden zwei von ihnen spurlos. Nora koordiniert die Suche, doch schon bald finden sich die Überlebenden in einem Strudel der Gewalt durch einen Menschenfresser gefangen.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen