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Oskar Roehlers Film „Bad Director“ ist eine satirische Abhandlung über filmische Kollegen und Kolleginnen. Alle kommen unter die Räder – außer sein eigener Film.

Bad Director (2024)

Eine Filmkritik von Niklas Michels

Ausreden für Monologe

„Bad Director“ von Oskar Roehler ist ein Film über das Filmemachen. Die Komödie begleitet die ersten Dreh- und Probetage am Set eines fiktiven Films. Oliver Masucci spielt den überzeichneten und mehr als ausgelaugten Regisseur Gregor Samsa, der an seinem Karriereabend steht, wie in einem Woody-Allen-Film durch die Gegend stolziert und in seinen Gesprächspartner*innen eigentlich nur Ausreden für seine Monologe sieht. Auch wenn dabei eine Menge Worte herumkommen – viel zu sagen hat er nicht. Die wohl größte Pointe ist eine zehnminütige Abhandlung über die Abgründe des Empfangs eines Filmpreises, die er einer dort arbeitenden Kellnerin aufzwingt.

Die Kamera auf das Geschehen beim Filmemachen selbst zu lenken und dieses zu parodieren, ist natürlich kein neues Unterfangen. Ein gutes Maß der Dinge kann bei dieser Art der Kritik sein, ob der Film sich selbst von den Maximen, die er aufstellt, exkludiert. Man nehme Gaspar Noés Lux ​​Æterna (2019) als Beispiel, in dem die Metaphorik der Hexe am Pranger in blinkenden Bildern lebendig wird, während das Filmteam wie Lemminge von A nach B läuft und die Frauen am Scheiterhaufen verbrennen lässt. Auch dieses Werk parodiert den Filmdreh, doch es ist sich seiner Doppelmoral bewusst. Roehlers Film indessen scheint über seinen Urteilen zu schweben. Wenn einer der Schauspieler plakatiert, welche Spielform er für den 20-Uhr-15-Slot beim ZDF oder der ARD wählen würde, muss man leider unabsichtlich an einige der stählernen Figuren aus Bad Director selbst denken.

Der andere große Schauplatz des Films ist das Bordell. Dort ist Samsa scheinbar regelmäßig Gast. Normalerweise sucht er sich nur die „Hässlichen“ aus – damit er sich nicht verliebe –, doch als Grete (Bella Dayne) vor seiner Nase steht, kann er nicht anders. Zum Schuss kommt er aber trotzdem nur, wenn Grete, eine litauische Einwanderin rollenspielmäßig betont, sie sei Suhrkamp-Lektorin. Hier nähern wir uns dem Kern des Films und der Kritik, die er eigentlich äußern will: Intellektualität sei albern und im Bürgerturm zum Fetisch geworden. Eigentlich eine interessante Idee, doch zwischen all dem latent misogynen Gerede geht sie verloren.

„Jemand musste Gregor Samsa verleugnet haben …”, so könnte ein Franz-Kafka-Roman beginnen. Aber irgendetwas stimmt doch nicht. Der Name ist falsch. Roehler nennt seinen Protagonisten Gregor Samsa – natürlich an Kafkas Die Verwandlung angelehnt –, doch erzählt dann eine Geschichte, die viel mehr Der Prozess ähnelt. Roehler lässt den Namen seiner Figur eine Erweiterung seines Intellekt-Fetisches werden und fällt damit in dieselbe Falle wie Samsa selbst. Verwandeln tut sich während der 131 Minuten Laufzeit wenig, doch die paranoiden Verschwörungsedanken des Protagonisten, der eine Fehde seiner Mitarbeiter*innen wittert und die immer länger werdenden verschachtelten Hotelgänge haben tatsächlich etwas Kafkaeskes – Josef K. wäre also der passende Name gewesen. Ebenso fühlt man sich ungemein an David Lynchs Mulholland Drive (2001) erinnert, in dem er die Verschwörungsgedanken der Regisseur-Figur in eine psychoanalytische Unterwelt wachsen lässt. Doch Bad Director kann nur wenig Drastik im Verfolgungswahn finden. 

Roehler hat recht: der Vorgang, in dem Filme entstehen, sollte mehr belichtet werden. Bias in der Schauspieler*innenwahl, Exzentriken von Regisseur*innen, die Vergabe von Fördergeldern oder die Kernfrage, ob ein Film denn überhaupt eine(n) Autor*in hat – all das sind interessante und wichtige Fragen, die in der Prügellaune von Bad Director leider vollkommen untergehen. Wer sich für diese Fragen interessiert, dem seien Die Verachtung (1963) und Synecdoche, New York (2008) empfohlen. Diese Filme finden die nötige Komplexität, um solch rekursive Fragen beantworten zu können; bei Bad Director fragt man sich eher, auf wen der Titel bezogen war.

Bad Director (2024)

Gregor Samsa (Oliver Masucci) ist ein alternder Regisseur, um die Ende 50. Post-Midlife-Crisis und Wohlstandsverwahrlosung greifen um sich: Samsa frönt seinem Hedonismus mit Puffbesuchen und erhöhtem Alkoholkonsum. Ihm graut vor der Branche, die ihn großgemacht hat. Den Deutschen Filmpreis übersteht er nur lästernd — er verlässt die Party und flüchtet sich in ein Antiquariat. Feenhaft und wunderschön taucht hier Grete (Bella Dayne) auf, die er wenig später wieder trifft… 

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