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„Imaginary“ hätte ein großartiger Film sein können; doch ein halbherziges, auf die breite Masse optimiertes Script zieht diesem Monster seine Zähne.

Imaginary (2024)

Eine Filmkritik von Rahel Schmitz

Gute Prämisse, mittelmäßige Durchführung

„Imaginary“ ist der neueste Horrorfilm aus dem Hause Blumhouse, bei dem dieses Mal Jeff Wadlow Regie führte. In der Horrorgemeinde spalten Blumhouse-Filme die Gemüter: Mal überrascht das Studio mit ungewöhnlichen Horrorfilmen von geringem Budget (bspw. „Paranormal Activity“, „Get Out“); dann wieder erscheinen recht generische und massentaugliche Produktionen (bspw. „Halloween“, „M3GAN“). „Imaginary“ gehört eindeutig zur zweiten Kategorie. Das macht den Film nicht schlecht – aber definitiv auch nicht gut.

Die Kinderbuchautorin Jessica (DeWanda Wise) zieht mit ihrem Ehemann und zwei Stieftöchtern Alice und Taylor in ihr altes Elternhaus. Sie kann sich kaum an ihr Leben dort erinnern, schließlich wurde sie im Alter von fünf Jahren nach dem Tod ihrer Mutter und dem psychischen Verfall ihres Vaters in die Obhut ihrer Großeltern gegeben. Nun soll das Haus der ideale Ort für einen Neustart sein. Doch als Alice im Keller des Hauses einen alten Teddybären findet und dieser fortan zu ihrem imaginären Freund Chauncey wird, ändert sich das Familienidyll. Alice behauptet, im Auftrag ihres neuen Freundes gefährliche Dinge tun zu müssen, bis sich schließlich unerklärliche Vorkommnisse häufen und Jessica vermutet, dass es mehr mit dem Kuscheltier auf sich hat.

Die Prämisse des Films ist nicht unbedingt innovativ, aber trotzdem sehr spannend: Was ist, wenn all die imaginären Freunde unserer geliebten Kinder in Wahrheit wirklich existieren – nur eben unsichtbar? Welche Motive treiben diese Wesen an? Und wie würden sie Kinder beeinflussen? Imaginary kommt pünktlich zu einem gesellschaftlichen Moment, wo die besorgte Frage „Aber was ist mit den Kindern?“ aus allen (konservativen) Mündern erklingt. Nicht ohne Grund, schließlich sind die Jüngsten der Gesellschaft hilflos und schutzbedürftig. Vermeintlich harmlose Dinge, so erinnern uns die Medien stets, können schreckliche Folgen für Kinder haben. Genau diese Angst nutzt Wadlows Film, um daraus einen übernatürlichen Spuk zu stricken.

Imaginary nimmt sich viel Zeit, die Charaktere vorzustellen und auszuarbeiten. Jessica, Alice und Taylor werden so zu Figuren, an deren Schicksal man tatsächlich interessiert ist. Im Horrorgenre ist das keine Selbstverständlichkeit und so zeigt Wadlows Film in genau diesem Punkt seine größte Stärke – und bereitet zugleich eine seiner größten Schwächen vor: das Erzähltempo. In den ersten zwei Dritteln führt Wadlow mit angezogener Handbremse durch das Geschehen, nur um dann plötzlich in eine chaotische CGI-Kakofonie mit drei aufeinandergestapelten Enden auszuarten. Leider vermag es der ruhige Teil des Films nicht, die nötige Spannung und den Grusel aufzubauen, den das Finale benötigt hätte, um der Horror-Prämisse des Films gerecht zu werden.

Schade ist auch, dass Imaginary an vielen Stellen schlicht unlogisch und inkonsequent ist. Bestes Beispiel hierfür ist das Erscheinungsbild vom unheimlichen imaginären Freund: Jessica vermutet, dass Alice’ neuer Freund möglicherweise derselbe ist, den sie selbst als Mädchen hatte – ein vielversprechender, gruseliger Ansatz. Doch genau ab diesem Moment der Erkenntnis lässt der Film Chauncey in zahlreichen unterschiedlichen Erscheinungsformen auftreten und stört so die Idee des Monsters als selbstständige Figur mit eigenen Motivationen.

Vielleicht weil genau dieses Problem auch den Köpfen hinter Imaginary aufgefallen ist, verfällt der Film zudem gelegentlich in ein fast schon didaktisches Erklären der Zusammenhänge und Spielregeln des übernatürlichen Wesens. Gefühlt ausschließlich für eben diesen Zweck ins Script geschrieben, erfüllt die ältere Nachbarin Gloria (Betty Buckley) die Rolle der Informantin, die aus keinem sonderlich glaubwürdigen Grund weiß, was der imaginäre Freund möchte, welche Kräfte er hat und warum er Jessica und ihre Familie im Visier hat. Dank dieses Charakters muss sich wirklich niemand im Publikum mehr die Mühe machen, eigene Gedanken und Ideen über die Filmhandlung zu entwickeln; alles wird fein säuberlich vorgekaut.

Für eingefleischte Horrorfans ist Imaginary bestenfalls eine kurzweilige, wenn auch etwas zu lang geratene Nachmittagsunterhaltung. Zu sehr ist das Filmerlebnis auf eine breite Masse optimiert, mit einem Script, das fest etablierten Formeln folgt. Für einen Film, bei dem Vorstellungskraft und Kreativität die zentralen Themen sind, mangelt es Imaginary in genau diesen Belangen an vielen Stellen. Besser geeignet ist der Film für diejenigen, die einen seichten Einstieg ins Genre suchen.

 

Imaginary (2024)

Eine Frau kehrt in das Haus ihrer Kindheit zurück und stellt fest, dass der imaginäre Freund, den sie zurückgelassen hat, sehr real und unglücklich darüber ist, dass sie ihn verlassen hat.

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Meinungen

Tini · 17.04.2024

Ich finde den Film gut gemacht und wirklich nicht schlecht, allerdings würde ich ihn nicht als Horrorfilm bezeichnen, dafür ist er zu lasch.