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In „Der Pakt der Wölfe“ nutzt Christophe Gans eine historische Kulisse, um einen wilden Genre-Mix zu entwickeln, in dem es vor Stars, Stunts und Schockeffekten nur so wimmelt.

Pakt der Wölfe (2001)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Eine Bestie geht um

Genreverschmelzungen haben eine lange Tradition. So geriet etwa das US-Komiker-Duo Abbott und Costello im Jahre 1948 in „Abbott und Costello treffen Frankenstein“ in die Gruselkreise der berühmten Universal-Kreaturen um Graf Dracula, den Wolfsmenschen, Frankensteins Monster und den Unsichtbaren, wodurch sich die vermeintlich völlig gegensätzlichen Genres Komödie und Horror lustvoll vereinten. Auch Action- und Tragikomödien, Krimi- und Westerndramen oder Science-Fiction-Romanzen finden sich in der Kinohistorie zuhauf.

Der französische Regisseur Christophe Gans (Silent Hill) lieferte vor etwas mehr als zwei Dekaden allerdings einen derart wilden Mix aus Genres und Stilen, dass dieser selbst nach damals schon über 100 Jahren Filmgeschichte noch deutlich herauszustechen vermochte – und auch heute fraglos noch bemerkenswert ist. Der Pakt der Wölfe kombiniert ein Mantel- und Degenabenteuer mit (Tier-)Horror, (Italo-)Western, Mystery, Fantasy, Martial-Arts-Einlagen, einer Love-Story und Erotik. Mal lässt das historische Setting an Erzählungen wie Alexandre Dumas’ Roman Die drei Musketiere (und dessen Leinwand-Adaptionen) denken – und bereits im nächsten Moment greift ein monströses Wesen an und erinnert dabei an die blutigen Attacken des titelgebenden Killerfischs aus Der weiße Hai (1975). Hinzu kommen spektakuläre Fights, die der in Hongkong lebende taiwanesische Kampfkünstler Philip Kwok (Hard Boiled) umgesetzt hat, und sehr viel nackte Haut.

Der (zuweilen recht überfrachtete) Plot ist in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts angesiedelt. Als Basis für das Drehbuch, das Gans zusammen mit Stéphane Cabel schrieb, dienen die wahren Ereignisse um die sogenannte „Bestie des Gévaudan“ – ein Raubtier, dem zwischen 1764 und 1767 in der südfranzösischen Provinz angeblich rund 100 Kinder, Jugendliche und Frauen zum Opfer gefallen sein sollen. Tatsachen und Mythen vermengen sich in den Überlieferungen auf ähnliche Weise wie nun die Genres in der Verfilmung.

Der Naturwissenschaftler Grégoire de Fronsac (Samuel Le Bihan) wird zu Beginn von König Ludwig XV. ins Gévaudan entsandt, um die dort aktive Bestie zur Strecke zu bringen und nach Paris zu befördern. Unterstützung erhält er von seinem treuen Freund Mani (Mark Dacascos) und von dem jungen Aristokraten Thomas d’Apcher (Jérémie Renier). Bei ihren Untersuchungen werden die Männer jedoch mit Rätseln und mit düsteren Machenschaften konfrontiert. Eine Treibjagd, bei der zahlreiche Wölfe erlegt werden, kann die Mordserie nicht stoppen. Bald heißt es von einer Frau, die einen Angriff überleben konnte, dass ein Mann bei der Bestie gewesen sei. Aber wer steckt dahinter?

Die Handlung nimmt diverse Wendungen. Den europäischen Arthouse-Stars Vincent Cassel und Monica Bellucci kommen dabei Schlüsselrollen zu; ferner treten bekannte Gesichter wie Édith Scob (Augen ohne Gesicht) und Jacques Perrin (Die Mädchen von Rochefort) in Erscheinung. Der Pakt der Wölfe ist überbordend – von den aufwendigen Kostümen, die mit einem César ausgezeichnet wurden, über die wuchtige Kameraführung bis hin zur rasanten Montage. Spuren von Sergio Leone, Sam Raimi, Tim Burton und John Woo lassen sich ebenso entdecken wie die MTV-Ästhetik der späten 1990er und frühen 2000er Jahre. Der Inhalt kann mit der virtuosen audiovisuellen Gestaltung nicht immer ganz mithalten. Als Bilderrausch und Ritt durch die Genres ist dieser Film indes nach wie vor eine spannende Erfahrung.

Pakt der Wölfe (2001)

Grégoire de Fronsac wird 1767 ins südfranzösische Gévaudan entsandt, mit dem Auftrag, eine dort wütende Bestie zu erlegen. Angeblich handelt es sich um ein wolfsähnliches Geschöpf, das reihenweise Menschen auf grausame Weise umbringt …

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