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Mit „Aristoteles und Dante entdecken die Geheimnisse des Universums“ liefert Aitch Alberto eine einnehmend inszenierte und empathisch gespielte Romanadaption.

Aristoteles und Dante entdecken die Geheimnisse des Universums (2022)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Abenteuer Jugend

Der 2012 veröffentlichte Jugendroman „Aristoteles und Dante entdecken die Geheimnisse des Universums“ von Benjamin Alire Sáenz befasst sich mit den Coming-of-Age- und Coming-out-Erfahrungen zweier mexikanisch-stämmiger Schüler in der texanischen Stadt El Paso in den späteren 1980er Jahren. Er erzählt von juveniler Langeweile und Wut, von Freundschaft und Liebe und von Kämpfen im Inneren und Äußeren. Die Drehbuchautorin und Regisseurin Aitch Alberto hat das Werk nun mit der nötigen Wucht verfilmt.

Der 15-jährige Aristoteles Mendoza, genannt Ari (Max Pelayo), lebt mit seinen Eltern Liliana und Jaime (Veronica Falcón und Eugenio Derbez) in eher einfachen Verhältnissen. Über die Tatsache, dass Aris älterer Bruder seit Jahren im Gefängnis sitzt, wird nie gesprochen, wodurch ein ständiger Schatten über dem Familienhaus liegt. An seinen Mitschüler:innen zeigt Ari kaum Interesse. Er ist ein Außenseiter, der eigentlich nur weg will: Der Pop-Hit Smalltown Boy von Bronski Beat verdeutlicht auf der Tonspur Aris Fluchtgedanken.

Aber dann taucht der gleichaltrige Dante Quintana (Reese Gonzales) auf. Beide wurden nach großen Denkern benannt; dennoch stammen Ari und Dante aus sehr unterschiedlichen Welten. Dantes Mutter Soledad (Eva Longoria) und sein Vater Sam (Kevin Alejandro), ein Akademiker, sind fröhliche Freigeister – ganz anders als die zurückhaltenden Eltern von Ari. Als Dante diesen bei einem ersten Besuch ein Buch über mexikanische Kunst mitbringt, reagieren sie völlig ratlos. Schön ist jedoch, wie sich durch die Freundschaft der zwei Jungs allmählich auch Beziehungen zur Familie des jeweils anderen entwickeln. Von Anfang an ist die Verbindung, die zwischen Ari und Dante entsteht, eine grenzüberschreitende.

Aristoteles und Dante entdecken die Geheimnisse des Universums kommt als Sommerfilm daher – mit Bildern in strahlenden Farben, in denen das Schwimmen (lernen) im Freibad, der genussvolle Verzehr von Speiseeis, die Hitze des Tages und die Magie der Nacht am Strand unter dem Sternenhimmel schön und treffend eingefangen wird. Das enge Verhältnis zu Dante verleiht Aris Alltag etwas Leichtes, Helles, Leuchtendes – bis sich irgendwann doch Konflikte einstellen. Wegen des Uni-Jobs seines Vaters muss Dante mit seinen Eltern für ein Jahr nach Chicago ziehen. Über Briefe bleiben die beiden in Kontakt. Während sich Ari auf eine lockere Beziehung mit seiner Mitschülerin Elena (Luna Blaise) einlässt, beginnt Dante, offener über seine sexuelle Identität und über seine Gefühle für Ari zu schreiben. Als das Jahr vorüber ist, müssen sich die beiden damit auseinandersetzen – aber Ari fällt es extrem schwer, sich einzugestehen, was er für Dante empfindet.

Die Schilderung internalisierter Homophobie, die Benjamin Alire Sáenz in seinem Roman (auch aus persönlicher Erfahrung heraus, wie er selbst sagt) so gut gelang, wird von Max Pelayo überzeugend gespielt: Ari glaubt, eine Rolle und bestimmte Erwartungen erfüllen zu müssen. Dabei werden indes nicht – wie in vielen vergleichbaren Stoffen – die Eltern zu den ultimativen Feindbildern und Endgegner:innen, sondern vielmehr die eigenen Vorstellungen, Hemmungen und Ängste, die wiederum ein Ergebnis des breiten sozialen Umfeldes sind.

Dank der stimmigen Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellern kommt die tiefe Verbundenheit zwischen den titelgebenden jungen Helden glaubhaft zum Ausdruck. Ebenso wie seine Vorlage, schafft es der Film, uns in mal sorglosen, mal dramatischen Momenten zu zeigen, wie ein Mensch das Leben eines anderen schlagartig verändern kann – und wie dies dann sogar zur Entdeckung universaler Geheimnisse zu führen vermag.

Aristoteles und Dante entdecken die Geheimnisse des Universums (2022)

Der Film basiert auf dem Buch von Benjamin Alire Sáenz und spielt im Jahr 1987 in El Paso. Er erzählt die Geschichte zweier mexikanisch-amerikanischer Einzelgänger im Teenageralter, die ihre Freundschaft erkunden.

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