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In „Harry und Sally“ liefern die Autorin Nora Ephron, der Regisseur Rob Reiner und das Schauspielduo Meg Ryan und Billy Crystal ein RomCom-Wunder.

Harry und Sally (1989)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Ein makelloser Spaß

Das (Sub-)Genre der romantischen Komödie, kurz RomCom, erlebte in den späten 1980er und vor allem den 90er Jahren eine echte Renaissance – dank Werken wie „Pretty Woman“ (1990) und „Notting Hill“ (1999), beide mit Julia Roberts in der Hauptrolle. Einen entscheidenden Anteil am Erfolg audiovisueller Liebesgeschichten in jener Ära trugen zwei weitere Frauen. Zum einen die in New York geborene Nora Ephron (1941-2012), Regisseurin und Drehbuchautorin von Hits wie „Schlaflos in Seattle“ (1993) und „e-m@il für Dich“ (1998). Und zum anderen die Schauspielerin Meg Ryan, Jahrgang 1961, die in diesen Filmen neben Tom Hanks vor der Kamera brilliert.

In der von Rob Reiner inszenierten RomCom Harry und Sally kam es 1989 zur ersten Kollaboration. Ephron hatte das Skript mit den herrlichen Dialogen geschrieben, die bis heute ihre deutlichen Spuren in der Popkultur hinterlassen haben. Und Ryan wurde durch die Verkörperung der titelgebenden Protagonistin zum Kinostar.

Das Harry-und-Sally-Narrativ des Wandels von Freundschaft zur ganz großen Leidenschaft zwischen zwei Menschen wurde in etlichen Produktionen variiert – vermutlich in der Hoffnung, ein ähnlich ikonisches Paar zu schaffen. Doch weder Boys, Girls and a Kiss (2000) von Robert Iscove mit Claire Forlani und Freddie Prinze Jr., noch Zwei an einem Tag (2011) von Lone Scherfig mit Anne Hathaway und Jim Sturgess, Love, Rosie – Für immer vielleicht (2014) von Christian Ditter mit Lily Collins und Sam Claflin oder einer der vielen anderen filmischen Epigonen vermochten je auch nur ansatzweise an die einzigartige Magie heranzureichen, die Ryan und ihr kongenialer Leinwandpartner Billy Crystal diesem Plot in ihrer perfekten Interaktion verleihen.

Harry und Sally ist einer dieser Filme, die sich immer wieder gucken lassen – und die den oft leichtfertig vergebenen Titel „moderner Klassiker“ deshalb wahrlich verdient haben. Wir begleiten den etwas eingebildeten Harry Burns und die leicht pedantische Sally Albright vom ersten Kennenlernen am Ende der College-Zeit als zweckmäßige Fahrgemeinschaft von Chicago nach Manhattan bis hin zum häufig zitierten Finale auf einer Silvesterparty. Zwischen der Eröffnungssequenz, die von stichelnder Disharmonie geprägt ist, und dem feierlich in Szene gesetzten Happy End liegt die komplizierte und zugleich höchst amüsante Entwicklung einer Beziehung, eingerahmt von Erzählungen älterer Ehepaare, die ihre persönliche Love Story schildern.

Ephrons Drehbuch vereint sämtliche Zutaten, die eine gelungene RomCom benötigt – so etwa auch zwei sympathische Sidekicks, wunderbar dargeboten von Carrie Fisher und Bruno Kirby, die das Geschehen um die beiden Hauptfiguren treffend spiegeln. Inszenatorisch wird derweil virtuos die Split-Screen-Methode zum Einsatz gebracht, um den Witz der Dialogfeuerwerke noch mehr zum Leuchten zu bringen.

Reiner und sein Kameramann Barry Sonnenfeld fangen New York City in den schönsten Farben ein und erzeugen die ideale Atmosphäre, um sich für 90 Minuten in eine behagliche Welt zu begeben, die bei aller urbanen Romantisierung und Künstlichkeit über reichlich Intelligenz verfügt. Auch der Soundtrack mit Evergreens von Künstler:innen wie Louis Armstrong, Ella Fitzgerald, Ray Charles und Bing Crosby unterstützt die Stimmung gekonnt.

Aus heutiger Sicht muss insbesondere die Leistung von Meg Ryan hervorgehoben werden. Wie sie in ihrer Rolle umständliche Essensbestellungen aufgibt oder hochemotional über ihren Kummer spricht, ist pures Comedy-Gold – ebenso wie Sallys legendärer Fake-Orgasmus im berühmten Katz’s Deli.

Ryans Darstellung wurde weder mit einem Oscar noch mit einem Golden Globe ausgezeichnet; der Academy of Motion Picture Arts and Sciences war sie noch nicht einmal eine Nominierung wert. Dies zeigt in erster Linie, wie wenig komödiantisches Können als Kunst angesehen wird, aber auch, wie unterschätzt Ryan als Schauspielerin ist. Absolut fantastische schauspielerische Arbeit in RomComs wird zu oft nur mit Herablassung zur Kenntnis genommen. Für die Versuche eines Imagewechsels, etwa mit dem hervorragenden Erotikthriller In the Cut (2003) von Jane Campion, wurde Ryan wiederum von Kritik und Publikum mit harter Ablehnung bestraft. In diesem Jahr kehrt sie (obendrein als Regisseurin und Co-Autorin) mit der Romanze What Happens Later zurück. Ein Grund, sich zu freuen!

Harry und Sally (1989)

Männer und Frauen können keine Freunde sein, da ihnen immer der Sex dazwischenkommt. Über den Wahrheitsgehalt dieser These streiten sich die College-Absolventen Harry (Billy Crystal) und Sally (Meg Ryan), die sich gerade erst kennengelernt haben, während einer 18-stündigen Autofahrt nach New York. Am Ziel angekommen, trennen sich ihre Wege. Als sie sich zehn Jahre und zwei gescheiterte Partnerschaften später zufällig in einem Buchladen wieder treffen. Die beiden beschließen, nun den Gegenbeweis anzutreten, und werden entgegen allen Erwartungen beste Freunde – doch die rein platonische Beziehung aufrechtzuerhalten, fällt den beiden zunehmend schwerer …

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