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Dreieinhalb Jahre nach seiner Weltpremiere kommt Elfar Adalsteins‘ Spielfilmdebüt mit John Hawkes, Logan Lerman und Sarah Bolger in den Hauptrollen doch noch in die deutschen Kinos. Das Warten hat sich gelohnt!

Dem Leben auf der Spur (2019)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Unterwegs mit Dad

Im Kern erzählen alle Roadmovies das Gleiche: von Menschen, die auf der Suche sind, mal nach Freiheit, meist nach sich selbst und die am Ende verändert ankommen, oft befreiter, zumindest aber bei sich selbst. Das kann schnell langweilig werden, vor allem dann, wenn schon tausendmal benutzte Tropen verwendet und schon tausendmal gesehene Bilder gezeigt werden. Davon ist auch Elfar Adalsteins‘ Spielfilmdebüt nicht frei. Und doch ist dem isländischen Regisseur ein wundervolles Roadmovie geglückt.

Ein großes Glück ist das Ensemble. John Hawkes ist Frank Fogle, ein rechtschaffener Mann, dem seine Ehrlich- und Gutmütigkeit bereits an Gesicht und Körperhaltung abzulesen sind. Logan Lerman ist Franks Sohn Sean, ein rechtsbrüchiger Mann, der seine innere Gerbrochenheit mit Potenzgehabe überspielt. (Später gesellt sich mit Sarah Bolger, die die rechtsbeugende Jewel spielt, eine undurchsichtige Reisegefährtin hinzu.) Schon physiognomisch geben Vater und Sohn ein gegensätzliches Gespann ab; der eine hager, beinahe verhungert, der andere bullig-muskulös. Im Grunde die perfekte Konstellation für ein Buddy Movie, zu dem sich der Film auf eigenartige Art und Weise tatsächlich entwickelt, je länger er dauert.

Autor Michael Armbruster verschärft den Generationenkonflikt geschickt. Auch sein Drehbuch ist ein Glück. Es gibt der Figurenkonstellation nicht nur die nötigen Ecken und Kanten, die vielen vergleichbaren Roadmovies fehlen, es steckt auch voller unscheinbarer Details, die die Geschichte glaubwürdiger machen, ohne das Kinopublikum mit der Nase darauf zu stoßen. Eines davon ist, dass Frank beim Autofahren den Sicherheitsgurt stets anlegt, Sean hingegen nie. Ohne das je zu thematisieren, spiegelt dieser kleine, aber feine Unterschied nicht nur Franks und Seans Persönlichkeiten, sondern auch die Dynamik ihrer Beziehung.

Am Anfang ihrer Reise kommt Sean gerade aus dem Knast. Ein Job in Kalifornien winkt, den Sean in drei Tagen antreten soll. Der Roadtrip, den ihm Frank vorschlägt, kommt nicht nur zur unpassenden Zeit, Sean will mit seinem Vater auch nichts zu tun haben. Die Narben ihres Familienkonflikts sitzen tief – und sind nicht nur sinnbildliche, sondern buchstäblich sichtbar. Der Anlass ihrer Reise ist der Tod von Franks geliebter Frau Anna (Andrea Irvine), Seans Mutter. Ihr letzter Wille war es, ihre Asche über einem See in ihrer irischen Heimat zu verstreuen. Auf dem Weg dorthin stellen Frank und Sean nicht nur beide ihr Leben, sondern Frank in der Rückschau auch seine Ehe auf den Prüfstein.

Auch wenn dieser Film eine isländische Co-Produktion ist, wurde er nicht im Land aus Eis und Feuer, sondern zu großen Teilen auf der Grünen Insel gedreht. Und auch das ist ein Glück. Eine winzige Szene, in der die eingangs erwähnte Sarah Bolger als Jewel ihren Mut zusammennimmt und in einer Kneipe den Klassiker Dirty Old Town anstimmt, bringt die Wärme und Melancholie der irischen Pub-Kultur besser auf den Punkt als ganze Dokumentarfilme darüber. Ein echter Gänsehautmoment.

Zuletzt ist es ein Glück, dass es dieses unscheinbare Drama dreieinhalb Jahre nach seiner Premiere beim Filmfestival in Edinburgh überhaupt noch in die deutschen Kinos schafft. Die Jahreszeit im Film mag nicht in den Dezember passen. Mit seiner unaufgeregten Erzählweise, der Zärtlichkeit für seine Figuren, dem zurückhaltenden Spiel des Ensembles, feiner Ironie und viel Herzenswärme passt es jedoch perfekt in die Vorweihnachtszeit.

Dem Leben auf der Spur (2019)

Nach dem Tod seiner Ehefrau begibt sich Frank Fogle auf eine Reise nach Irland, um dort gemäß dem letzten Willen seiner Frau deren Asche in einem See zu verstreuen — begleitet von seinem Son Sean, mit dem er sich schon seit längerem auseinandergelebt hat.

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