Zwei im falschen Film (2017)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Bisschen mehr Romantik, bitte!

„Ich geh doch nich‘ ins Kino, um mir die gleiche triste Scheiße anzusehen, die ich im Alltag hab‘!“ sagt Hans’ Vater zu seinem Sohn (Marc Hosemann) und dessen Freundin Heinz (Laura Tonke), die eigentlich Laura heißt. Denn denen war der Liebesfilm, den sie auf sein Anraten im Kino sahen, zu unecht. Sie waren halt Zwei im falschen Film. Das liegt aber auch daran, dass sich die beiden nach acht Jahren Beziehung gemütlich aufeinander eingerichtet haben und bei ihnen alles bestens läuft. Auch ohne große Romanze. Dachten sie zumindest bis eben.

Es ist halt so, wenn man länger zusammen ist. Man wird wie ein paar alte Latschen. Perfekt eingetreten, gemütlich, aber nicht sonderlich attraktiv. Und wenn Hans seine Freundin Heinz nennt und die das okay findet, wenn sich beide manchmal fragen, ob sie nicht auch mal wieder ausgehen sollten oder sich nicht beim Pinkeln zugucken, dann ist klar: hier gibt’s ein Problem. Aber das Gute ist, dass Heinz und Hans das Ganze mit brachialer Ehrlichkeit und einer Direktheit angehen, die einem als Zuschauer ab und an den Atem stocken lässt. Da ist die Antwort auf die Frage „Liebst du mich noch?“ eben auch mal „Nein, natürlich nicht! Wir sind doch schon acht Jahre zusammen!“. Und die Frage nach dem Glück des anderen endet in der Erkenntnis, dass dieser nur daran interessiert ist, seine Ruhe zu haben. Denn vor allem für Hans ist Ruhe haben der Inbegriff von glücklich sein. Er hat alles, was er braucht. Er hat Heinz, die kennt er, die stört (meist) nicht. Er hat seinen Copyshop, den er nach seinem Studentenjob dort übernommen hat. Er hat ‘ne Bude und ‘ne Playstation. Passt alles.

Heinz ist sich da nicht ganz so sicher. Die Frage nach einem Kind steht ab und an im Raum. Und die Frage nach der Liebe und ob Hans sie noch attraktiv findet. Der Job ist super, sie ist Synchronsprecherin für eine Ampel aus dem Kinderfernsehen. Und auch sonst alles gut. Aber irgendwie ist die Beziehung dann wie ihr Auto. Alt, die Hälfte ist kaputt und die CD von Dirty Dancing kommt nicht mehr aus dem Player und spielt immer dasselbe Lied. Aber fährt noch, die Karre. Na ja, aber wie es eben so ist, wenn man es einmal merkt, dass da was nicht stimmt, dann kommt man nicht darum herum, etwas zu tun. Und so begeben sich die beiden auf eine verbal harte, aber ehrliche tour de force ins Herz ihrer gemeinsamen Geschichte und in ihr eigenes. Erst indem sie die alten, romantischen Momente nachspielen, dann in einer herrlich brutalen Dekonstruktion ihrer selbst als „glückliches Paar“.

Laura Lackmanns zweiter Film nach Mängelexemplar ist ein wunderbar fluffiges Werk, dass vor allem durch seine verbale Ehrlichkeit einen brutal präzisen rechten Haken schlägt und direkt auf den Punkt trifft. Die Vivisektion der Beziehung von Hans und Heinz, die einhergeht mit anderen Paarkonstellationen, die genauso gnadenlos auseinandergenommen werden, macht nicht nur Spaß, sondern erlaubt auch einen tiefen Einblick in die Hoffnungen und Vorstellungen, die Menschen von sich und ihrer Liebe haben, und in die Realität, die nach ein paar Jahren einkehrt. Denn sowohl Heinz als auch Hans sind in ihrer Liebe irgendwo hängengeblieben. Sei es aus Bequemlichkeit, aus Kompromissen heraus oder aus Angst, den anderen zu verlieren.

Dabei erinnert der Film, nicht nur dank Laura Tonke, in seiner Ansprechhaltung an den wunderbaren Hedi Schneider steckt fest. Es ist ein Film, der seine Figuren und sein Thema ernst nimmt und eben durch seinen Humor einen Zugang findet zu den bitteren und schmerzlichen Momenten. Ein Zugang, den ein klassisches Beziehungsdrama eben gar nicht so recht finden könnte. Und so schaffen Hans und Heinz es schließlich doch auf ihre ganz eigene Art und Weise, dass ihr Film einer ist, bei dem man „die gleiche triste Scheiße“ sieht, die man im Alltag hat. Nur eben irgendwie besser.

Zwei im falschen Film (2017)

„Ich geh doch nich‘ ins Kino, um mir die gleiche triste Scheiße anzusehen, die ich im Alltag hab‘!“ sagt Hans’ Vater zu seinem Sohn (Marc Hosemann) und dessen Freundin Heinz (Laura Tonke), die eigentlich Laura heißt. Denn denen war der Liebesfilm, den sie auf sein Anraten im Kino sahen, zu unecht. Sie waren halt „Zwei im falschen Film“.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen