Underworld: Blood Wars (2016)

Eine Filmkritik von Rochus Wolff

Feuer, im Eis erstickt

Es braucht schon eine gewisse Kühnheit, mit diesem Satz, gesprochen in kristallklarem Queen’s English, einen Film zu eröffnen: „I was an elite soldier in the vampire army.“ So positioniert man sich, so unverfroren wie direkt, im Kontinuum des Genrekinos, wo Actionfilm und Vampirtradition sich treffen. Dort steht Kate Beckinsale noch ein letztes Mal, ganz unironisch und doch irgendwie albern, als Vampirkriegerin Selene in der Nacht, die Augen, wenn sie will, helle Ringe aus blauem Licht.

Underworld: Blood Wars ist der fünfte und angeblich finale Film aus dem Underworld-Franchise, und mit der Serie geht eine kleine Ära zu Ende. Im Januar startet der sechste und ebenfalls letzte Film der Resident-Evil-Reihe, und wenn dann Zombieschlächterin Alice in Gestalt von Mila Jovovich ihre Schrotflinte an den Nagel hängt, enden nach fast 15 Jahren die ersten beiden großen Genre-Action-Franchises dieses Jahrtausends, die Frauen in die Hauptrolle setzten und kräftig austeilen ließen.

Gegenüber der inzwischen ästhetisch hochgradig ambitionierten Resident-Evil-Reihe, deren letzte Filme Meilensteine des 3D-Actionkinos waren, wirkt Underworld wie die farbnivellierte Schwester: Ein wildes und etwas planlos wirkendes Gemisch aus Vampir- und Werwolf-Mythologien, stets in finsterem Schwarzblau gehalten, in einer Welt von nahezu kontinuierlicher Nacht. Hier herrscht ein angeblich ewiger Krieg zwischen „Lykanern“ und Vampiren, dessen Gründe und Verwicklungen nie wirklich klar werden, und da sind wir dann schon beim Grundproblem von Underworld: Blood Wars.

Die Handlung der ganzen Reihe rotiert um die Liebe von Selene zu Michael (Scott Speedman), einem Menschen, der zu einem Hybrid wird, einem Mischlebewesen aus Vampir und Werwolf. In Underworld: Awakening hatte diese Liebe nun zu einer Tochter geführt, deren Blut (weil „pureblood hybrid“, eine wunderschöne contradictio in adiecto, die das ganze Blutlinien-Gebrummel des Films aushebeln könnte, wenn nur irgendjemand hier irgendetwas ernst nähme) nun in Blood Wars angeblich die kränkelnden Gene der Werwölfe retten könne. Warum, wieso und was das eigentlich alles soll, wird dabei weder wirklich erklärt noch spielt es eine Rolle.

Es ist sowieso ziemlich viel egal: In Awakening ging es äußerlich auch darum, dass die Menschen auf einmal begonnen hatten, Vampire und Werwölfe zu jagen und auszurotten; in Blood Wars wird das nicht einmal mehr erwähnt; stattdessen bekommt der fünfte Film fast wortwörtlich die gleiche Einleitung wie der vierte. Egal auch, ob die Einstellungen und Schnitte sich zusammenfügen, ob die Figuren halbwegs glaubhaft bleiben sowieso.

Das einzige, was Regisseurin Anna Foerster an dem Franchise anscheinend so richtig interessiert hat, ist die schwarzblaue Nacht und der ewig angepisste Gesichtsausdruck ihrer Protagonistin. Der erste Underworld-Film (von Len Wiseman, mit dem Beckinsale zwischendurch verheiratet war) war darüber hinaus dadurch interessant (wenngleich sehr ambivalent) gewesen, dass er eine adelig-feminisierte Gesellschaft (die Vampire) gegen maskulin-proletarische Massen (die Werwölfe) gestellt hatte, ohne so richtig zu wissen, was er mit dieser Konstellation anfangen könnte. Politisch-revolutionäres kam dabei jedenfalls nicht heraus, aber wenigstens ansehnliches Popcornkino.

Davon ist nichts übrig. Underworld: Blood Wars ist eine schlecht zusammengeflickte Behauptung von mythologischer Bedeutung, ein Film voller MacGuffins (weder Selenes Tochter noch ihr Geliebter haben wirklich einen Auftritt) und erzählerischer Kurzschlüsse, der darüber hinaus ästhetisch so wenig überrascht wie ein Samstagabendkrimi.

Das ist schade. Man hätte Kate Beckinsale einen besseren Abschied als Actionheldin gewünscht. Man hätte Selene noch einen tollen Auftritt gewünscht. Aber es bleiben uns Momente aus dem ersten Film, damals im Jahr 2003: Die knallharte Kämpferin, eine automatische Pistole in jeder Hand, in den Augen kaltblau strahlendes Feuer.
 

Underworld: Blood Wars (2016)

Es braucht schon eine gewisse Kühnheit, mit diesem Satz, gesprochen in kristallklarem Queen’s English, einen Film zu eröffnen: „I was an elite soldier in the vampire army.“ So positioniert man sich, so unverfroren wie direkt, im Kontinuum des Genrekinos, wo Actionfilm und Vampirtradition sich treffen.

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