Fallen - Engelsnacht

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Mit Fallen – Engelsnacht findet eine weitere Young-Adult-Romanreihe den Weg ins Kino: Der Regisseur Scott Hicks hat den ersten Band der vierteiligen US-Buchserie von Lauren Kate verfilmt – und einen gefühlig-melancholischen Fantasy-Kuddelmuddel hervorgebracht, dessen Scheitern durchaus Unterhaltungswert hat. Es geht um Engel, die einst aus dem Himmel verstoßen wurden und nun die „Gefallenen“ sind, – und um einen besonders rebellischen Engel, der die irdische Liebe aufgeben muss, damit alle zurückkehren können. Christliche Mythologie ist für das Werk freilich nur von marginalem Interesse; wichtiger ist vielmehr ein juveniler, mit Emo-Pop unterlegter Dreieckskonflikt zwischen einem weiblichen Menschen und zwei männlichen Engeln – bis das Ganze in ein Holterdiepolter-Finale voller hanebüchener Wendungen, kitschiger Liebesschwüre sowie angerissener Erklärungen mündet und wir als Publikum auf eine Fortsetzung des wirren Treibens vertröstet werden.
Im Zentrum steht die beinahe volljährige Lucinda (Addison Timlin), die nach einem fatalen Vorfall auf das abgelegene Sword-and-Cross-Internat für Jugendliche mit sozialen oder emotionalen Schwierigkeiten geschickt wird und dort mit Tabletten behandelt werden soll. Während das Goth-Girl Molly (Sianoa Smit-McPhee) sie mit fiesen Sprüchen provoziert, findet Lucinda in der nerdigen Penn (Lola Kirke) eine gute Freundin. Rasch beginnt Lucinda, mit dem Schul-Revoluzzer Cam (Harrison Gilbertson) zu flirten – fühlt sich aber noch stärker zu dem introvertierten Daniel (Jeremy Irvine) hingezogen, den sie auf unerklärliche Weise zu kennen meint.

Die von Lucinda als „Schatten“ bezeichneten Halluzinationen, von denen sich die junge Frau verfolgt glaubt, hätten eine treffende Metapher für die Irritationen der Pubertät sein können – wie es etwa die garstigen Bedrohungen in der TV-Serie Buffy – Im Bann der Dämonen (1997-2003) oder die übersinnlich-destruktiven Fähigkeiten in Brian De Palmas Carrie (1976) sind. In Fallen wird hierfür jedoch kein überzeugender Rahmen geschaffen. Die größte Schwachstelle des Films ist die Beziehung zwischen Lucinda und Daniel, die eigentlich dessen Herzstück sein müsste. Die Liebe zwischen den beiden ist zunächst bloße Behauptung und wirkt gänzlich oberflächlich, ehe ihr durch einen seit Langem bestehenden Fluch sowie ein Reinkarnationsmotiv etwas Episches, den Tod Überdauerndes verliehen werden soll. Dass sich Lucinda (in den etlichen Manifestationen ihrer Seele) und Daniel in all den Jahren allerdings mal gegenseitig gefragt haben könnten, welche Interessen der/die andere neben schmachten und Weltschmerz ertragen denn so hat und ob es überhaupt Dinge gibt, die einander wirklich verbinden, muss in Zweifel gezogen werden. Ein hinlängliches Reflexionsvermögen traut man Lucinda und Daniel ab einem gewissen Punkt in der Geschichte einfach nicht mehr zu – spätestens wenn sich Lucinda rücklings in die Tiefe fallen lässt, um zu testen, ob ihr geflügelter Liebster sie errettet. Selbst Teenager (und Wesen, die seit vielen, vielen Jahren Teenager geblieben sind) sollten bei allem Sturm und Drang etwas weniger kopflos gezeichnet werden, als es das Drehbuch von Michael Arlen Ross, Kathryn Price und Nichole Millard (auf Basis des Romans) tut. Wie ernst kann man denn als Zuschauer_in zum Beispiel einen Helden nehmen, dem nach so langer Zeit und nach unzähligen Wiederholungen der unseligen Geschehnisse nichts Besseres einfällt, als sich auf überaus halbherzige und inkonsequente Weise desinteressiert und abweisend gegenüber seiner neuen/alten Angebeteten zu verhalten, um einen immer wieder tödlichen Fluch zu umgehen – und sich obendrein in übler Kindergarten-Manier mit einem Dritten um die entnervt danebenstehende Frau zu streiten?

Angesichts der Filmografie von Scott Hicks (Shine – Der Weg ins Licht / Schnee, der auf Zedern fällt) hätte man immerhin eine souveräne visuelle Gestaltung des löchrigen Plots erwarten dürfen. Und tatsächlich gelingen einige schöne, stimmungsvolle Aufnahmen des ehrwürdigen Schulgebäudes. Zahlreiche Passagen spotten wiederum in ihrer käsigen Umsetzung jeder Beschreibung – bis hin zu einem mau getricksten Schlussakt samt romantischem, gemeinsamem Schweben im nächtlichen Himmel, gegen das sogar die (heutzutage) reichlich albern anmutende Zweierflug-Sequenz aus Richard Donners Superman (1978) noch nach State of the Art aussieht. Und womit Hicks während der Dreharbeiten auch immer beschäftigt gewesen sein mag – Schauspielführung gehörte ganz offensichtlich nicht dazu. Sonst hätte er Jeremy Irvine vermutlich die unfreiwillig komischen Leidensblicke ausgeredet; und er hätte die als Hipster-Streberin Penn neurotisch aufspielende Lola Kirke davon in Kenntnis gesetzt, dass Fallen eigentlich keine verschrobene Indie-Komödie ist. Nichts wirkt in diesem Film auch nur ansatzweise durchdacht – wobei Kirkes seltsam-deplatzierte Auftritte wenigstens noch Spaß machen. Addison Timlin lässt als Lucinda hingegen allzu wenig von der Energie erkennen, die sie etwa in Odd Thomas oder Warte, bis es dunkel wird an den Tag legte. Und wenn sich Harrison Gilbertson als Lederjacken-Rebell Cam einen Lolli in den Mundwinkel klemmt, um zu demonstrieren, dass er sehr cool und sehr gefährlich ist, muss man sich leider ein bisschen fremdschämen. Joely Richardson hat indes als Lehrerin für Religionsphilosophie kaum etwas zu tun – wenngleich ihre Rolle gegen Ende für etwa anderthalb Minuten reizvoll wird. Die restlichen Cast-Mitglieder verkörpern Figuren, deren Handlungen erstaunlich wenig Sinn ergeben – und sie tragen Outfits, für die die Bezeichnung „klischeehaft“ noch eine echte Untertreibung ist. So ist Fallen alles in allem ein kruder Mix aus Trash-Liebesmärchen und Youth-in-Revolt-Drama, der so absurd-unbeholfen daherkommt, dass man ihn fast mögen muss. Ja – fast.

Fallen - Engelsnacht

Lucinda „Luce“ Price ist eine 17-jährige junge Frau mit einem starken Willen, die wegen eines Verbrechens, das sie nicht begangen hat, in eine Erziehungsanstalt namens „Sword & Cross“ geschickt word. Dort begegnet zwei mysteriösen jungen Männern, zu denen sie sich auf ganz eigentümliche Weise hingezogen fühlt. Erst mit der Zeit findet sie heraus, warum das so ist und welche Bande aus der Vergangenheit sie an die beiden Männer ketten …
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Meinungen

Amelie · 06.02.2021

Ich fande Fallen-Engelsnacht war ein super Film und eine sehr gute Verfilmung des Buches. Habe den Film jetzt schon tausend mal angeschaut und meine Mum war auch sehr begeistert von ihm. Ich finde es sehr schade und bedaure es das es keine weiteren Teile des Filmes gibt oder noch gedreht werden. Kann ich ganz ehrlich nicht nachvollziehen. Finde der Film ist super gelungen. Würde mich riesig über weitere Verfilmungen der Teile freuen!🥰🙌