Die kalte See - The Sea

Island kann sehr kalt sein

Wenn ein Film wie Die kalte See fast die Hälfte der Bevölkerung eines Landes in die Kinos bringt, dann kann man wahrlich von einem Riesenerfolg sprechen. Zugegeben: In Island ist das bei einer Bevölkerungsanzahl von 290.000 Einwohner keine „wichtige“ Marktgröße, aber es zeigt doch, wie sehr der Film anscheinend ins Herz der Inselbewohner getroffen hat. Nach seinem erfolgreichen Debütfilm 101 Reykjavik widmet sich der isländische Regisseur Baltasar Kormákur in seinem düsteren Familienporträt dem im wahrsten Sinne des Wortes mörderischen Existenzkampf auf der Insel.

Der alte Thordur (Gunnar Eyjólfsson) ruft seine drei Kinder zu sich, um die Nachfolge seines Fischereibetriebes zu regeln. Die Zeiten sind hart und die Fischereibranche, von der Island wirtschaftlich weitgehend abhängig ist, steckt in einer tiefen Krise. Die Sprösslinge haben jedoch andere Pläne, als die veraltete Fabrik zu übernehmen. Der mit seiner schwangeren Freundin (Hélène de Fougerolles) aus Paris angereiste Agúst (Hilmir Snaer Guónason) interessiert sich mehr für seine Karriere als Musiker, Haraldur (Sigurdur Skúlason) , der die Geschäfte der Firma zur Unzufriedenheit des Vaters leitet, führt bereits Gespräche mit potentiellen Käufern und die geldgierige Ragnheidur (Gudrún S. Gísladóttir) würde das Geld aus dem Verkauf am liebsten schon ausgeben. Aber der alte Thordur, der sein Lebenswerk bedroht sieht, ist nicht bereit, seine Firma zu verkaufen. Das Familientreffen wird zu einem schonungslosen Kampf um Geld und Macht, bei dem es bald um mehr als den Verkauf der Firma geht, denn nun endlich kommenall die Konflikte auf den Tisch, die über dieser ganz normalen isländischen Familie schweben und die nie aufgearbeitet worden sind. Jetzt wird Tabula Rasa gemacht, koste was es wolle.

Die wahre Hölle, das ist die Provinz; ein filmischer Topos, der fast so alt ist wie das Kino selbst. Das ist auch in Island nicht anders, das selten so entmenschlicht, roh und voller düsterem Schweigen war wie in diesem Film. Eine Atmosphäre, die Baltasar Kormákur mit bedrückenden Bildern abseits jeder Naturromantik, die sich sonst bei Island geradezu aufdrängt, auf Zelluloid bannt. Die Mauer des (Tot)schweigens, wie sie in dem kleinen isländischen Dorf üblich zu sein scheint, ist dabei ähnlich bedrückend wie die Unfähigkeit der Menschen, mit Konflikten adäquat umzugehen. Und doch durchbricht der Film immer wieder die düstere, pessimistische Stimmung und zeigt auf sehr schwarzhumorige Weise, wie lächerlich das Verhalten seiner Protagonisten ist, ohne sie lächerlich zu machen. Und anscheinend hat Kormákur mit seiner schonungslosen Analyse der isländischen Verhältnisse ja den Nerv der Zeit getroffen, wie die Besucherzahlen zeigen. Ein außergewöhnlicher Film, der Island in einem ganz neuen Licht erscheinen lässt

Die kalte See - The Sea

Wenn ein Film wie Die kalte See fast die Hälfte der Bevölkerung eines Landes in die Kinos bringt, dann kann man wahrlich von einem Riesenerfolg sprechen.

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