Die Todeskarten des Dr. Schreck (Blu-ray)

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Erstklassige Restauration

Das Format des Anthologie- oder Omnibus-Films war 1965 schon längst nicht mehr neu. Und dennoch bietet Die Todeskarten des Dr. Schreck etwas, das im damaligen britischen Horrorfilm selten war: Er spielt in der Gegenwart. Dies war natürlich auch eine finanzielle Entscheidung, hob die Filme der Firma Amicus aber von Konkurrenzprodukten wie z.B. aus dem Hause Hammer ab.
Die fünf Geschichten, die Milton Subotsky für diesen Film schrieb, sind allesamt rechtschaffen kurz und entsprechend knackig. Es muss jedoch auch konstatiert werden, dass sie allesamt eher altbacken und vorhersehbar sind. Nach Beginn der jeweiligen Geschichte weiß man sehr schnell, wie sie enden wird. Und das umso mehr, als sich abzuzeichnen beginnt, dass keinem der fünf Reisenden ein glückliches Ende beschieden ist. Und dennoch funktioniert der Film, denn obschon er in keinster Weise gruselig ist, ist er in höchstem Maße unterhaltsam. Das liegt paradoxerweise auch an den Geschichten, die zwar niemals originell sind, aber dem geringen Budget zum Trotz recht aufwendig wirken und das Interesse des Zuschauers halten können.

Wie bei jedem Anthologie-Film gibt es auch hier stärkere und schwächere Geschichten. Das Highlight stellt „Disembodied Hand“ dar, in dem Christopher Lee, einmal mehr ganz er selbst, eine intensive Darstellung abliefert, die von seiner Nemesis Michael Gough kontrastiert wird. Die Panik, die Lees Figur Marsh hier angesichts der ihn angreifenden Hand offenbart, ist eine Verletzlichkeit, die man bei Lees Figuren in der Regel selten sieht.

Das zweite Highlight des Films ist „Werewolf“, die einzige Geschichte, die auch das Potenzial und das Zeug gehabt hätte, in richtiger Filmlänge erzählt zu werden. „Creeping Vine“ hat eine phantastische B-Movie-Qualität, ist es hier doch ein unerwarteter Feind, der attackiert. Dies funktioniert umso besser, als das Gefühl der Isolation, das die Familie Rogers erlebt, trotz der kurzen Laufzeit der Geschichte glaubhaft dargeboten werden kann. Heute kann man in die Geschichte sogar eine Öko-Botschaft hineinlesen, die damals sicherlich nicht beabsichtigt gewesen ist.

Der absolute Absturz des Films ist „Voodoo“ — was daran liegt, dass die musikalischen Einlagen angesichts der Laufzeit der Geschichte viel zu lange gehen. Darüber hinaus ist diese Geschichte aber auch verbrauchter als der Rest und wirkt darum umso mehr, als habe man sie schon ein Dutzend Mal gesehen. Der Abschluss, „Vampire“, erzählt seine Geschichte im Schweinsgalopp und macht dabei einige schnelle Sprünge, rettet sich aber über die Runden, da sie sich selbst nicht ganz ernst nimmt. Die Rahmenhandlung wurde effektiv umgesetzt und wartet mit einer nicht ganz überraschenden Enthüllung in Bezug auf Dr. Schreck auf.

Bemerkenswert ist, dass der komplett im Studio gedrehte und auf Außen-Locations verzichtende Film von der Weitwinkellinse, mit der Freddie Francis und Alan Hume arbeiteten, profitiert. In 2,35:1 sieht Die Todeskarten des Dr. Schreck einfach prächtig aus – und zugleich weit teurer als er eigentlich gewesen ist. Wie brillant die Ausstattung und Ausleuchtung sind, sieht man gerade bei der neuen Blu-ray, die ein wundervoll restauriertes Bild bietet. Das teils wilde Farbspiel – etwa mit dem alles überstrahlenden Grün bei der Werwolf-Geschichte – ist extrem intensiv. So gut wie hier hat der Klassiker des Anthologie-Films noch nie ausgesehen. Ein Update der alten DVD von Koch Media lohnt, da die HD-Präsentation von Wicked Vision keinerlei Wünsche offen lässt. Darüber hinaus gibt es reichlich neues Bonusmaterial.

Der Ton wird sauber dargeboten – bei beiden deutschen Synchronisationen. Der O-Ton überzeugt ebenfalls. Der Kern des Bonusmaterials ist die neue Dokumentation „House of Cards“, die mit einer Laufzeit von einer Stunde die Entstehung des Films beleuchtet, aber auch aufzeigt, wovon sich Milton Subotsky inspirieren ließ. Hier kommen in erster Linie Historiker zu Wort, am Informationsgehalt schmälert das nichts. Aus erster Hand erfährt man von Freddie Francis im Audiokommentar, wie die Produktion des Films zustande kam. Etwas dröge ist dagegen der deutschsprachige Kommentar von Uwe Sommerlad und Rolf Giesen, der auch eine etwas ungelenke, teils sogar peinliche Einführung für den Film aufgenommen hat. Als Dr. Schreck wirkt er dann doch eher wie ein Kirmes-Darsteller.

Neben verschiedenen Trailern gibt es noch unterschiedliche Titel- und Endsequenzen sowie eine Bildergalerie und eine Amicus-Filmografie. Mit der ersten Veröffentlichung hat Wicked Vision die Messlatte für künftige Titel hoch gesteckt. In diesem Jahr folgen Die Brut, Mario Bavas Hatchet for the Honeymoon und verschiedene Jean-Rollin-Titel.

Die Todeskarten des Dr. Schreck (Blu-ray)

Das Format des Anthologie- oder Omnibus-Films war 1965 schon längst nicht mehr neu. Und dennoch bietet „Die Todeskarten des Dr. Schreck“ etwas, das im damaligen britischen Horrorfilm selten war: Er spielt in der Gegenwart. Dies war natürlich auch eine finanzielle Entscheidung, hob die Filme der Firma Amicus aber von Konkurrenzprodukten wie z.B. aus dem Hause Hammer ab.
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