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Ein schon hinreichend lächerliches historisches Ereignis wird von australischen Comedians zu einer Splatter-Komödie verarbeitet, die konsequent unter die Gürtellinie zielt und dennoch das Herz am rechten Fleck hat.

The Emu War (2023)

Eine Filmkritik von Mathis Raabe

Krieg dem guten Geschmack

Emus können bis zu 190 Zentimeter groß werden und leben zu Hunderttausenden im Westen Australiens. Das wurde dem Verteidigungsminister des Landes 1932 zu viel: Er ordnete eine Militäraktion an. Die Vögel hatten Weizenfelder zertrampelt, was im Zusammenhang mit der Weltwirtschaftskrise die Existenz ländlicher Siedler bedrohte. Die Presse meinte den Begriff „Emu-Krieg“ trotzdem eher spöttisch: Gerade einmal drei Soldaten schossen mit Maschinengewehren auf das Federvieh, und taten sich dabei schwerer als gedacht, weil sich Emus erratisch und mit bis zu 50 Stundenkilometern bewegen.

Dieses historische Ereignis von zweifelhafter Bedeutung hat drei australische Comedians dazu inspiriert, The Emu War zu drehen, eine derbe Splatter-Komödie mit satirischen Untertönen. Eine amüsante Randnotiz: Der Low-Budget-Produktion ist es gelungen, einem größeren Projekt von John Cleese mit dem Arbeitstitel The Great Emu War den Wind aus den Segeln zu nehmen. The Emu War wurde schneller fertig, von Cleese’ Projekt hat man seitdem nichts mehr gehört.

Australien ist durchaus für sein Genrekino bekannt, das mit dem Kofferwort Ozploitation bezeichnet wird. Filme wie Long Weekend machen sich dabei den Ruf des Outbacks als lebensgefährlicher Ort zu Nutze und erzählen vom Kampf des Menschen gegen die Natur. Schließlich lautet ein geflügeltes Wort: „Everything in Australia wants to kill you.“ Davon reichlich unbeeindruckt, schickt The Emu War die stümperhafteste Soldatentruppe zu Felde, die man je gesehen hat, besetzt durch die Bank mit Comedy-Kolleg*innen.

So wirkt dann auch manche Szene wie ein Sketch, und mancher Gag lässt sich ohne die Hilfe einer Suchmaschine nur erahnen: Dass etwa die Figur Ned Kelly die Geschichte eines realen Bushrangers des 19. Jahrhunderts persifliert, der in Australien eine Art Volksheld ist, hat man wohl nicht parat, wenn man nicht in der Nähe des Outbacks aufgewachsen ist. Leichter verständlich ist die sehr unumwundene Persiflage von Politik und Kriegsführung. Für den Major der Truppe (Damian Callinan) ist es persönlich: Vor Jahren wurde sein Sohn von einem Emu verschleppt, woraufhin sich seine Ehefrau im „Suizid-Schuppen“ erhängte. Diese Emotionalität führt zu schlechter Strategie: So kostet seine Fehlentscheidung zu Beginn des Films mal eben 37.000 Soldaten das Leben. Der Premierminister muss die schlechte Nachricht im Radio verkünden. Währenddessen pinkelt er sich unkontrolliert in die Hose.

Die Emus sind vermenschlicht: Sie sprechen und haben Spione. Als wäre man als Zuschauer*in nicht ohnehin für die Emus! Sie haben aber eine Achillesferse: Die Geilheit ihrer Königin. So wird Teil der Kriegsführung auch die Suche nach dem sexysten Menschen des Landes. Die Kraft der Geilheit spielt überhaupt eine tragende Rolle: Um Wärme zu erzeugen, müssen die Soldaten in ihren Zelten knutschen. Frei nach dem Motto „Reibung erzeugt Wärme“, können sie später durch intensives Vögeln sogar Gefängnisgitterstäbe zum Schmelzen bringen.

The Emu War ist ein Film für Freunde des schlechten Geschmacks. Er ist voller Blut, Urin und interspeziesistischer Beziehungen. Zugleich behauptet der Film aber auch nie Anspruch, findet darin eine mitreißend anarchische Tonalität und hat durch seine Obrigkeitskritik das Herz immer am rechten Fleck. Das erinnert an die Werke von Troma Entertainment, der kultigen Produktionsfirma, die etwa The Toxic Avenger hervorgebracht hat.

Und Figurenentwicklungen bleiben nicht aus. Auch einer der Soldaten hat persönliche Motive: Seine Frau war eine Undercover-Spionin und hat ein Emu-Kind zur Welt gebracht. Während er die Hütte unschuldiger ziviler Emus niederbrennt, führt er einen inneren Monolog über die Grauzonen zwischen Gut und Böse. Später findet er durch die Freundschaft zu einem Soldatenkollegen wieder Halt – obwohl die beiden zuvor noch darüber gesprochen hatten, dass ihre Väter im Ersten Weltkrieg auf unterschiedlichen Seiten standen.

Aus den geringen Produktionsmitteln macht The Emu War eine Tugend: Die Emu-Puppen gehen in charmant stümperhaften CGI-Explosionen zu Grunde. Diese Art „schlechten Filmemachens“ ist längst ein Stil geworden, der bewusst eingesetzt wird, wenn ein B-Film-Publikum adressiert werden soll. Im Gegensatz zu Werken wie Sharknado wirkt das hier aber nie forciert, was wohl an dem Gespür für gute schlechte Witze liegt, das die Macher*innen aus ihrem Hauptberuf mitbringen, und daran, dass ihr Do-it-yourself-Ethos spürbar authentisch ist.

The Emu War (2023)

Emus! Sind das nicht diese großen Vögel, die nicht fliegen können? Weil sie die Landschaft verwüsten und Kinder entführen, hat Australien ein echtes Problem mit den Federviechern. Eine militärische Sondereinheit rückt an. Der Leiter der Operation ist Major Meredith, der mit den Emus noch ein Hühnchen zu rupfen hat. Zwei räudige Rambos und „Australia’s Horniest Man“ sollen Abhilfe schaffen. Das Ziel der Chaotentruppe: die Emu-Königin muss zur Strecke gebracht werden. (Quelle Hard:Line Film Festival)

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