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In „Daddio – Eine Nacht in New York“ verwickelt Filmemacherin Christy Hall die beiden Stars Dakota Johnson und Sean Penn in ein persönliches Gespräch während einer Taxifahrt.

Daddio - Eine Nacht in New York (2023)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Durch die Nacht mit...

In seinem episodisch erzählten Werk „Night on Earth“ (1991) fing Jim Jarmusch die besondere Magie von Taxifahrten in der urbanen Dunkelheit ein. Diesem Zauber widmet sich nun auch die Drehbuchautorin, Regisseurin und Produzentin Christy Hall in ihrem Langfilmdebüt „Daddio – Eine Nacht in New York“, in dem sich die beiden Hauptfiguren im Wesentlichen in einer einzigen (beweglichen) Location befinden: dem Inneren eines Autos.

Von der Bankfiliale in Hundstage (1975) und der Polizeidienststelle in Assault – Anschlag bei Nacht (1976), über die Hochhäuser in Stirb langsam (1988) und The Raid (2012), bis zu der Telefonzelle in Nicht auflegen! (2002), dem Waschraum in Saw (2004) und dem hölzernen Sarg in Buried – Lebend begraben (2010): Filme, die sich für eine räumliche Begrenzung entscheiden, benötigen stets eine dichte Atmosphäre, um Spannung zu erzeugen. In Daddio geht es allerdings nicht, wie bei den zuvor genannten Beispielen, um Leben und Tod. Vielmehr steht die emotionale Verfassung des Taxifahrers (Sean Penn) und vor allem von dessen Passagierin (Dakota Johnson) im Zentrum.

Die Programmiererin ist nach einem Solo-Urlaub am John F. Kennedy International Airport gelandet und möchte zu ihrer Wohnung in Manhattan gebracht werden. Während sie gelegentlich auf ihrem Handy mit ihrem Geliebten chattet, unterhält sie sich mit dem Taxifahrer, der sich als überaus gesprächig und neugierig erweist. Ein unfallbedingter Stau verlängert die Fahrt noch um einige Minuten. Nach und nach geben die beiden einander tiefe Einblicke in ihre jeweiligen Biografien und in ihre aktuellen Situationen. So erfahren wir von gescheiterten Ehen, Affären und Sehnsüchten.

Der Stoff wurde ursprünglich als Theaterstück konzipiert. Als Regisseurin beweist Hall aber, dass sie selbst mit reduzierten Mitteln eine interessante Bildsprache für die Leinwand entwickeln kann. Als Hintergrundrauschen lässt sie New York lebendig werden. Nicht gänzlich überzeugend ist derweil das Skript. Die Ansichten der beiden Figuren, etwa über Liebe, Sex und Geschlechterrollen, sind größtenteils von allzu bekannten Klischees durchzogen; hier gibt es kaum reizvolle Brüche. Die Backstorys des Duos, beispielsweise das heimliche Verhältnis der jungen Frau mit einem verheirateten, älteren und beruflich erfolgreichen Mann, könnten ebenso aus einem Douglas-Sirk-Melodram aus den 1950er Jahren stammen.

Mit ihren Interpretationen des bedingt originellen Materials heben Dakota Johnson und Sean Penn den Film indes deutlich über den Durchschnitt. Penn verleiht dem ungehemmt drauflosredenden Fahrer die authentisch anmutende Aura eines Menschen, dem manchmal das Feingefühl fehlt, der jedoch ein aufrichtiges Interesse an seinem Gegenüber hat und mindestens ebenso viel von sich preiszugeben bereit ist, wie er teils recht übergriffig zu erfragen versucht. Johnson wiederum schafft es, wie schon in einigen ihrer früheren Filmauftritte, in Blicken und kleinen Gesten mehr zu vermitteln, als auf dem Papier tatsächlich vorhanden ist. Ihr starker Ausdruck in jeder Szene macht aus der Beifahrerin eine spannende Protagonistin, mit der diese Reise durch die New Yorker Straßen zu keinem Zeitpunkt ermüdet.

Daddio - Eine Nacht in New York (2023)

Der Film spielt während einer einzigen Fahrt in einem Taxi durch das nächtliche New York mit Dakota Johnson als Fahrgast und Sean Penn als Taxifahrer in den Hauptrollen.

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