Der Name der Rose (1986)

Die Verfilmung eines kuriosen Bestsellers

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Als der italienische Semiotiker Umberto Eco 1980 seinen Roman Der Name der Rose / Il nome della rosa veröffentlichte, breitete sich die Faszination dieser umfangreichen mittelalterlichen Erzählung rasch innerhalb der internationalen Literaturszene aus. Dass dieser packende, intellektuell anspruchsvolle sowie gleichermaßen außerordentlich unterhaltsame Stoff, der eine erstaunliche Popularität genoss, verfilmt werden würde, war nur eine Frage der Zeit: 1986 inszenierte der französische Regisseur Jean-Jacques Annaud (Der Liebhaber / L’amant, 1992, Sieben Jahre in Tibet / Seven Years in Tibet, 1997) diesen spannenden Krimi mit Sean Connery und Christian Slater in den Hauptrollen. Der Name der Rose wurde mit zahlreichen renommierten Auszeichnungen prämiert und zeigte sich auch an den Kinokassen weltweit als Erfolg, auch wenn nicht wenige Kritiker den gewaltigen Verlust der Vielschichtigkeit der literarischen Vorlage innerhalb der Verfilmung beklagen – betrachtet man die ungeheure Komplexität des Romans, besteht hierin ein sicherlich kaum zu vermeidendes Defizit.

Rätselhafte, grausame Morde ereignen sich in der Benediktiner-Abtei in den Apenninen, die der Franziskaner William von Baskerville (Sean Connery) gemeinsam mit seinem Schüler, dem Novizen Adson von Melk (Christian Slater) im Jahre 1327 besucht, um hier an einer Diskussion über strittige theologische Fragen teilzunehmen. Weithin als überaus kluger Kopf bekannt wird William vom Abt des Klosters (Michael Lonsdale) um Unterstützung bei der Aufklärung der unheimlichen Umtriebe unter den Mönchen gebeten. Im Zuge der Nachforschungen ist es immer wieder die nur für wenige Mönche zugängliche Bibliothek der Abtei mit ihren teilweise verborgenen Schätzen, die in den Fokus rückt, zumal ein geheimnisvolles griechisches Buch offensichtlich eine bedeutsame Rolle bei den Mordfällen spielt ...

Angefangen vom Mythos des aristotelischen Werkes über die Komödie im Zusammenhang mit der Frage, ob Jesus jemals lachte, über die brisante Armutsthematik innerhalb des mittelalterlichen Klerus bis hin zum Komplex um Ketzerei, Inquisition und die Deutungsmacht über Wissen und den rechten Weg gelingt es dem Film in ansprechender Weise, die theologischen Hintergründe der Geschichte in allgemein verständlicher Form anzureißen. Skurrile Mönche, die durchweg von ganz hervorragenden Akteuren besetzt sind, prägen eine dichte Atmosphäre des gruseligen Erschauerns, und wenn der blinde, gestrenge Jorge von Burgos (Fjodor Schaljapin) mit seinen apokalyptischen Horror-Visionen erscheint, versetzt er nicht nur seine Mitbrüder in Angst und Schrecken. Auf diese Weise wird die Rolle der Furcht innerhalb der christlich-religiösen Welten thematisiert, die auch in Umberto Ecos Roman einen zentralen Aspekt darstellt.

Der Name der Rose ist ein in sich stimmiges, spannendes Kriminalstück in wohl dosiertem philosophisch-theologischem Ambiente, das mit seiner sorgfältigen Ausstattung und Inszenierung durchaus eine das Originalwerk angemessen repräsentierende Literaturverfilmung abgibt, auch wenn die knapp 800 Seiten des kuriosen Romans sich kaum in guten zwei Stunden Film abbilden lassen können. Dass sich die Verfilmung von Jean-Jacques Annaud, die unter anderen von Bernd Eichinger (Letzte Ausfahrt Brooklyn / Last Exit to Brooklyn, 1989, Das Geisterhaus / The House of the Spirits, 1993, Fräulein Smillas Gespür für Schnee / Smilla’s Sense of Snow, 1997) produziert wurde, an ein weitläufiges Publikum richtet, ist zwar innerhalb der effektvoll ausgerichteten Dramaturgie spürbar, mindert jedoch nur punktuell die insgesamt gelungene Inszenierung, die auch unter dem Aspekt der großen Popularität gedeutet werden muss, die dieser grandiose Stoff erreicht hat.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer/der-name-der-rose