Lovesong für Bobby Long - A Love Song for Bobby Long

John Travoltas erste Altersrolle

Als die allseits beliebte Musikerin Lorraine stirbt, vererbt sie ihrer entfremdeten, 17-jährigen Tochter Purslane Hominy Will (Scarlett Johansson) eine heruntergekommene Bruchbude irgendwo in New Orleans. Doch als die dort ankommt, muss sie feststellen, dass sie keineswegs die einzige ist, die Ansprüche auf die Immobilie erhebt. Denn es haben sich bereits zwei schräge Vögel dort eingenistet, zum einen der ehemalige Literaturprofessor Bobby Long (John Travoilta) und zum anderen dessen Schützling und Saufkumpan Lawson (Gabriel Macht). Die beiden verbindet eine langjährige Freundschaft und der gerne und häufig zelebrierte Griff zur Schnapsflasche, was Purslane ziemlich anwidert. Auch von Lawsons angeblichem Roman über Bobby Long und der zumindest behaupteten literarischen Brillanz der beiden zeigt sich das Trailer-Girl wenig beeindruckt. Außerdem geben die beiden Wermutbrüder dem jungen Mädchen deutlich zu verstehen, dass sie ebenfalls jeweils ein Drittel des Hauses geerbt haben und deshalb nicht daran denken, sich von dort fortzubewegen. Nach einigem Zögern und mangels Alternative willigt Pursy – so wird sie zukünftig von den beiden Trunkenbolden genannt – schließlich doch ein, in die Bruchbude einzuziehen.
Mit der Zeit kommen sich die drei recht unterschiedlichen Menschen näher und Pursy spürt deutlich, dass insbesondere Lawson ein großes Potential hat, das es freizulegen gilt. Und im Gegenzug sorgen die beiden Männer dafür, dass die junge Frau endlich ihren Schulabschluss nachholt. Außerdem erfährt Pursy nach und nach mehr über die Lebensgeschichte ihrer Mutter, an die sie sich kaum noch erinnern kann. Doch hier kann sich anscheinend noch jedermann nur allzu gut an das kleine Mädchen erinnern, dass sie vor gar nicht allzu langer Zeit einmal war. Stück für Stück gelingt es, sich dem Geheimnis ihrer Kindheit zu nähern, dabei gleichermaßen unterstützt wie behindert von Bobby Long und seinem Adlatus Lawson, die beide ebenfalls ein düsteres Geheimnis aus der Vergangenheit aneinander kettet.

New Orleans ist seit jeher ein ganz besonderer Ort für filmische Begegnungen der besonderen Art, und Lovesong for Bobby Long - A Love Song for Bobby Long macht da keine Ausnahme. Nirgendwo lebt es sich bohemienhafter als in der Musikmetropole im Süden der USA, und nirgendwo ist der „Big Easy“, der große Leichtsinn, so sehr zuhause wie hier. Insofern passen Bobby Long, Lawson und Purslane auch bestens in die Reihe der filmischen Huldigungen an diese Stadt. Allein schon die drei Hauptfiguren und ihre Darsteller sind das Eintrittsgeld für diesen wundervoll melancholischen und tragisch-komischen Film allemal wert. Denn Scarlett Johansson als verlotterte White-Trash-Schlampe ist ebenso ein Ereignis wie John Travolta in seiner mutmaßlich ersten Altersrolle, die immer wieder Raum für ironische Reminiszenzen an vergangene Erfolge und cineastische Déja-Vues lässt. Denn wer denkt bei Travoltas gelegentlichen tappsig-steifhüftigen Tanzeinlagen nicht an Erfolge wie Saturday Night Fever oder Stayin’ Alive, nur dass eben hier der Held unserer Kindheit und Jugend ebenso sehr in die Jahre gekommen ist wie wir selber. Und Gabriel Macht schließlich als heruntergekommener Beau und Möchtegern-Romancier ist die ideale Ergänzung zu der Vater-Tochter-Konstellation, ohne dass sich das ‚Love interest’ allzu sehr in den Vordergrund schieben würde, die auf sehr treffende Weise den Lebensrhythmus und die Stimmung von New Orleans und seinen Bewohnern beschreibt. Eine sehr angenehme Überraschung.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/lovesong-fuer-bobby-long-a-love-song-for-bobby-long