Zwischen Welten

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Gefangen im Vakuum

Zwischen verschiedenen Welten befinden sich hier viele der Menschen, die Feo Aladag in ihrem neuen Film Zwischen Welten, dem vierten und letzten deutschen Beitrag im Wettbewerb der Berlinale 2014 auftreten lässt: Da ist beispielsweise Tarik (Mohsin Ahmady), der afghanische Übersetzer der kleinen deutschen Militäreinheit, die zum Schutz einer instabil gewordenen Region dorthin entsandt wird, um die Lage zu sichern. Durch seine Tätigkeit für die Besatzer wird er zum Verräter — und seine Schwester, die studiert, ist den Taliban sowieso ein Dorn im Auge.
Doch für ein Ausreise-Visum nach Deutschland ist die Bedrohung noch nicht ausreichend, wie dem jungen Afghanen von deutscher Seite her beschieden wird. Oder Jesper (Ronald Zehrfeld), der Anführer der Einheit, der just an den Ort zurückkehrt, wo sein Bruder vor einigen Jahren gefallen ist. In gewisser Weise lebt selbst Haroon (Abdul Salam Yosofzai), der Anführer der afghanischen Miliz, die mit den Deutschen zusammen den Stützpunkt sichern soll, im Niemandsland zwischen zwei Zuständen: Einerseits sind die ISAF-Truppen noch da, andererseits muss das Land aber auch auf die Zeit nach dem Abzug der Schutztruppen vorbereitet werden.

Aus diesem Vakuum, dem die Personen in Aladags Film ausgesetzt sind, könnte ein spannendes Drama entstehen — und in Ansätzen ist dies auch gelungen. Doch es ist vor allem dem Drehbuch anzulasten, dass der Film über gute (und recht offensichtliche) Absichten und interessante Fragestellungen nicht hinauskommt. Da ist zum Beispiel die mangelnde Tiefe in der Figurenzeichnung zu nennen, die weder Jesper noch Tarik und seiner Schwester noch Haroon so etwas wie eine Motivation verleiht. Warum kehrt Jesper an den Ort zurück, an dem sein Bruder fiel (und man müsste sich auch fragen, warum seine Vorgesetzten ihn diesem psychischen Stress überhaupt aussetzen? Warum wurde der Vater von Tarik und seiner Schwester ermordet (und gibt es auch eine Mutter)? Was bewog den Ex-Taliban Haroon dazu, die Seiten zu wechseln? All dies bleibt vage und unklar und wirkt mehr gesetzt als begründet.

Hinzu kommen Logikschnitzer des Drehbuchs in entscheidenden Situationen. Bei der Übernahme des Stützpunktes hatte Jesper bemängelt, dass er bei seinem Eintreffen nicht von Wachen geschützt wurde — und prompt gelingt es Tarik in der ersten Nacht, sich aus dem Lager zu entfernen, ohne dass dies jemandem aufgefallen wäre. Leider sind Unstimmigkeiten wie diese keine Ausnahme.

Auch die bald schon entstehenden Konflikte, vor allem aber deren schnelle Beilegung, die in einer an Harmonie kaum zu übertreffenden Feier am Lagerfeuer der Milizen gemeinsam mit den kurz zuvor noch zutiefst verachteten deutschen Soldaten mündet, wirken wie ein Fremdkörper, der nachhaltig irritiert.

In wenigen Momenten nur wird die Gefahr, in der die Beteiligten schweben, wirklich spürbar in dem Film. Das Ausschwärmen in der Dunkelheit mit den Nachtsichtgeräten, bei der die Kamera die grünlich eingefärbten Bilder der Apparaturen übernimmt, ist einer davon, der Feuerüberfall auf die Soldaten ein anderer. Hinzu kommt, dass die Spannungsbögen so aufgebaut sind, dass man oft schon Minuten vorher weiß, wie die Szene enden wird — wirkliche Überraschungs- und Schockmomente sind Mangelware, so dass der Film letzten Endes zu viel Drama und zu wenig Thriller ist. Was durchaus in der Absicht der Regisseurin liegen könnte. Weil aber auch die psychologische Spannung und Schlüssigkeit innerhalb der Figuren fehlt, quält man sich am Ende ein wenig durch den zähen Fluss der Bilder.

Es ist Feo Aladag sehr hoch anzurechnen, dass sie den Film zum größten Teil in Afghanistan selbst gedreht hat, um ein höheres Maß an Authentizität zu erreichen. Sie wäre allerdings gut beraten gewesen, wenn sie bei ihrem Abenteuer ein besseres Drehbuch und ein sichereres Gespür für die vielen Unstimmigkeiten der Geschichte mit im Reisegepäck gehabt hätte. Denn das, was der Film durch sein Setting an Wahrhaftigkeit vermittelt (oder vermitteln will), wird durch eine Aneinanderreihung von Klischees und Schnitzern wieder zunichte gemacht.

Zwischen Welten

Zwischen verschiedenen Welten befinden sich hier viele der Menschen, die Feo Aladag in ihrem neuen Film „Zwischen Welten“, dem vierten und letzten deutschen Beitrag im Wettbewerb der Berlinale 2014 auftreten lässt: Da ist beispielsweise Tarik (Mohsin Ahmady), der afghanische Übersetzer der kleinen deutschen Militäreinheit, die zum Schutz einer instabil gewordenen Region dorthin entsandt wird, um die Lage zu sichern. Durch seine Tätigkeit für die Besatzer wird er zum Verräter — und seine Schwester, die studiert, ist den Taliban sowieso ein Dorn im Auge.
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Meinungen

Becker · 28.01.2014

Werde mir den Film auch auf jeden Fall im Kino anschauen !

Johannes Baum · 27.01.2014

Dieser Trailer... ich bin Begeistert. Wirklich begeistert. Ich werde mir den Film auf jedenfall im Kino anschauen. Und wenn er auch nur halb so gut wie dieser Trailer ist werd ich ihn mir noch auf DVD kaufen!