Zu guter Letzt

Eine Filmkritik von Maria Wiesner

Zum Glück gibt es Shirley MacLaine

Es ist eine der großen Ängste des modernen Menschen: Festzustellen, dass man Dinge nicht getan und sich dadurch nicht bis ins letzte Detail verwirklicht hat. Filme wie Das Beste kommt zum Schluss oder Eat Pray Love haben das Thema schon einmal durchgespielt, zu denen gesellt sich nun Zu guter Letzt.
Harriet Lauler (Shirley MacLaine) hat in ihrem Leben eigentlich alles erreicht. Sie hat eine Werbeagentur gegründet, Karriere gemacht, nennt ein großes Haus ihr Eigen. Aber sie ist ein perfektionistischer Kontrollfreak. Der Gärtner kann nicht einmal die Buchsbäume schneiden, ohne dass sie ihm schimpfend die Schere entwendet und die Sache selbst in die Hand nimmt, weil er es nicht nach ihren Vorstellungen hinbekommt. Auch in ihrem großen Haus findet sie keine Ruhe, läuft durch die Räume, starrt vor sich hin, denkt über Suizid nach und findet dabei ihr letztes großes Projekt: Sie will, dass ihr Nachruf noch zu Lebzeiten geschrieben wird. Auch das letzte Wort über sie darf nicht ohne ihre Supervision veröffentlicht werden. Schreiben soll es Anne Sherman (Amanda Seyfried), eine junge Journalistin bei der Regionalzeitung, die auf Nachrufe spezialisiert ist. Doch die stellt bei ihren Recherchen schnell fest, dass Harriet Lauler nicht viele trauernde Verwandte und Bekannte zurücklassen würde. Als sie das ihrer Auftraggeberin erzählt, beschließt Harriet, ihr Leben um die für einen bewegenden Nachruf wichtigen Punkte zu erweitern. So weit, so vorhersehbar. Nun beginnt der große Selbstfindungs- und Selbstverwirklichungstrip, der nicht nur Harriets Leben auf den letzten Drücker umkrempeln soll, sondern auch die junge Journalistin, die von Selbstzweifeln gepeinigt wird, auf die richtige Spur bringt.

Zu guter Letzt ist eine leichte Komödie mit dramatischen Drehbuch-Problemen. Nicht, dass es humorlos geschrieben wäre. Es hat durchaus warmherzigen Witz, wenn Harriet sich zum Beispiel mit ihrem robusten Auftreten den Job als DJane bei einem Indie-Radiosender schnappt und mit ihrer Musikauswahl ein erstes Date zwischen dem Studioleiter und der Journalistin arrangiert. Doch im Großen und Ganzen plätschert die Handlung brav und etwas vorhersehbar dahin. Die größten Schwachstellen hat Stuart Ross Finks Drehbuch, wenn die Figuren sich weiterentwickeln müssten. Hätte er den Mut gehabt, den Charakteren tatsächlich etwas Tiefgang zu geben, sie als „echte“ Frauen mit Stärken und Schwächen statt als platte Klischees (die ambitionierte Journalistin vs. die biestige alte PR-Dame) zu inszenieren, dann schriebe sich diese Charakterweiterentwicklung wahrscheinlich fast von allein. Fink und Regisseur Mark Pellington aber gingen die Ideen aus, wie man die Handlung hier vorantreiben soll. In Musicalfilmen tanzt man an solchen Stellen ja gern. In Zu guter Letzt hat sich Pellington darauf versteift, Großaufnahmen der grübelnden Gesichter seiner Protagonistinnen zu zeigen. Man sieht also mehrmals Harriet sinnierend an die Wand starren oder Anne grübelnd im Bett liegen. Darüber wird Musik gekippt. Frauen grübeln also gern, worüber weiß man nicht genau, und dann haben sie plötzlich eine Entscheidung für ihre nächsten zehn Minuten Handlung getroffen. Grübelei, Aktion, Grübelei, Aktion – bei diesem Schema kommt schnell Langeweile auf. Vielleicht hätte eine Frau im Autorenteam diesem Drehbuch gutgetan.

Dass man hier nicht komplett aussteigt, liegt an der großartigen Shirley MacLaine, der man aber auch noch gern dabei zusehen würde, wenn sie im schlecht ausgeleuchteten Close-up das Telefonbuch vorliest. Und auch Amanda Seyfried gibt ihr Bestes, um mit Minenspiel diese Grübelszenen zu retten. Eine kreative Lösung für solche Drehbuchschwächen aber sieht anders aus.

Zu guter Letzt

Es ist eine der großen Ängste des modernen Menschen: Festzustellen, dass man Dinge nicht getan und sich dadurch nicht bis ins letzte Detail verwirklicht hat. Filme wie Das Beste kommt zum Schluss oder Eat Pray Love haben das Thema schon einmal durchgespielt, zu denen gesellt sich nun „Zu guter Letzt“.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

Dagmar G. · 25.05.2017

Der Film hat mir gut gefallen. Ich konnte mich in vielen Passagen und Lebensfragen sehen. Besonders der eigentliche Nachruf ohne Zettel, mit viel Gefühl und Wahrheit und vor allem LIEBE haben mich tief berührt. Danke für die Idee und die Geschichte dieses Streifens!!! LG

Diana Stenger · 27.04.2017

Eine großartige Shirley Maclaine spielt den Film trotz mancher Drehbuchlücken in die Herzen der Zuschauer. Wegen der Story kam mir der Film eigentlich nicht so attraktiv vor. Aber Shirley Maclaine wollte ich unbedingt sehen und es hat sich gelohnt. Auch Amanda Seyfried gibt ihr Bestes, um ihrer Rolle Farbe und Gestalt zu geben, was bei der Idee einer persönlichkeitsschwachen von Selbstzweifeln geplagten Reporterin bestimmt nicht leicht zu bewerkstelligen ist. Der Anfang des Films war etwas zäh und handlungsarm. Doch als die alte Dame dann mit dem Projekt des von ihr kontrollierten Nachrufs in Fahrt kam, riss sie so jeden mit, der sich mitreißen lassen wollte, die persönlichkeitsschwache Reporterin, den Studioleiter des Regionalsenders, die Problemkinder einer sozialen Einrichtung samt Personal, sogar ihre ehemaligen, eigentlich feindseligen Kollegen und letztendlich auch den Zuschauer. Sie wandelt sich während des Films von einer unausstehlichen Kratzbürste, die keiner mag und der niemand etwas recht machen kann, zu eine wirklich sympathischen und coolen alten Dame, die es nicht nur zum DJ eines alternativen Radiosenders schafft, sondern auch eine fast mütterliche warmherzige Seite gegenüber der jungen Reporterin entwickelt. Am Ende des Films hat man sie unweigerlich ins Herz geschlossen und ist sogar traurig, als sie dann stirbt. Es ist ein Genuss zu beobachten, wie die bereits 1934-geborene Shirley Maclaine trotz ihres hohen Alters gemeinsam mit der ebenfalls recht talentierten jungen Amanda Seyfried den Film rettet. Absolut sehenswert und amüsant!