Zum Verwechseln ähnlich

Eine Filmkritik von Falk Straub

Vor acht Jahren schickte Lucien Jean-Baptiste seine dunkelhäutige Filmfamilie auf die Skipiste, nun adoptiert er gemeinsam mit Ehefrau Sali (Aïssa Maïga) ein weißes Kind. Zum Verwechseln ähnlich stiftet damit in allen Gesellschaftsschichten jede Menge Verwirrung.
Es herrscht reges Treiben im Pariser Amt für Familienzusammenführung. Das Ehepaar Aloka sei wie jedes andere Paar zu behandeln, lässt Behördenleiter Vidal (Michel Jonasz) mit Nachdruck wissen. Was Paul (Lucien Jean-Baptiste) und Sali (Aïssa Maïga), die gemeinsam einen Blumenladen betreiben, so „speziell“ macht, wie es Vidal formuliert: Die beiden sind dunkelhäutig, ihr künftiger Adoptivsohn Benjamin (Marius Benchenafi) ist es nicht. Im Grunde kein Problem in einer aufgeklärten Gesellschaft, doch der Alltag der frischgebackenen Eltern sieht anders aus. Und mit der spröden Claire Mallet (Zabou Breitman) sitzt ihnen eine Behördenmitarbeiterin im Nacken, die Paul und Sali während des Adoptionsverfahrens dann doch etwas genauer auf die Finger schaut als anderen Paaren.

Der Rollentausch ist ein beliebtes und altbewährtes Mittel, um das Publikum zu einem Perspektivwechsel zu zwingen. Hauptdarsteller, Drehbuchautor und Regisseur Lucien Jean-Baptiste ist geübt darin. Schon in seinem Regiedebüt Triff die Elisabeths! (2009) schickte er eine Familie mit karibischen Wurzeln auf eine französische Skipiste, um das Weltbild der weißen Urlauber im Schnee zu pulverisieren. Zum Verwechseln ähnlich spielt nun die beiderseitig vorgefertigten Meinungen gegeneinander aus, wie eine (normale) Familie auszusehen habe. Denn Benjamin stiftet nicht nur in der Mehrheitsgesellschaft Verwirrung, sondern auch in der eigenen Familie um Übermutter Mamita (Marie-Philomène Nga). Angesichts der vom Deutschen Bundestag eben erst beschlossenen „Ehe für alle“ könnte der Starttermin kaum besser gewählt sein, um diese Ewiggestrigen, die sich gern als Traditionalisten verkaufen, zu verlachen. Schließlich wusste schon Woody Allen, dass Tradition nichts anderes ist als die Illusion von Permanenz.

Genau dann, wenn die Figuren – egal ob schwarz oder weiß – sich winden, weil sie mit ihrem Schubladendenken in die Vorurteilsfalle tappen, funktioniert Jean-Baptistes Komödie am besten. Und wenn Salis jüngere Schwester (Manda Touré) ihrem Vater Ousmane (Bass Dhem) ins Gewissen redet, legt sie vielleicht auch dem einen oder anderen Konservativen im Publikum nahe, dass gesellschaftliche Vielfalt ein Zeichen des Fort- und nicht des Rückschritts ist. In dieser wohlmeinenden Konstruktion liegt aber auch die größte Schwäche dieses Films. Denn Zum Verwechseln ähnlich trägt seine gute Absicht allzu offensichtlich vor sich her und vergisst darüber zuweilen die Komik. Nebenfiguren wie die senegalesische Traditionalistin Mamita, Salis überarbeitete Bekannte Prune (Delphine Théodore) und der dauerbesoffene Familienfreund Manu (Vincent Elbaz) kommen arg substanzlos daher und bringen kaum komische Entlastung. Nach reichlich Leerlauf bringt Jean-Baptiste die Handlung ziemlich überhastet zu Ende. Zum Schluss ist Zum Verwechseln ähnlich weitaus weniger subversiv als seine Prämisse und fügt sich etwas zu zahm in die breite Masse französischer Wohlfühlkomödien.

Zum Verwechseln ähnlich

Seit Ewigkeiten schon bemühen sich Paul und Sali darum, endlich ein Kind adoptieren zu können. Dann endlich klappt es, doch die ganze Angelegenheit hat einen winzigen Haken: Paul und Sali sind dunkelhäutig und der kleine Benjamin ist weiß …
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Meinungen

Christine · 19.09.2023

Heute kann man sich den Film nicht mehr gut ansehen, ohne an Rassismus zu denken. Darstellung der Frauen. Mutter und ihre Bekannten wirken rassisisch.

Sascha · 18.07.2017

Der Trailer verspricht mehr, als der Film schlußendlich "wert ist".
Die Kritik von Falk Straub trifft´s ganz gut. Durchschnittsware, kann man sich anschauen, definitiv aber kein "Muss".