Zum dritten Pol

Eine Filmkritik von Paul Collmar

Die faszinierende Geschichte einer Bergsteigerdynastie

Wie sehr muss es die Nazis gewurmt haben, als sie während der Olympischen Spiele des Jahres 1936 in Berlin dem jüdischen Ehepaars Hettie und Günter Dyhrenfurth ein Goldmedaille für Alpinismus überreichen mussten. Was eigentlich als Demonstration der Überlegenheit der arischen Rasse gedacht war, geriet spätestens in diesem Moment zu einer Farce – zumal die unbequemen Alpinisten zu allem Überfluss auch noch den Hitlergruß verweigerten. Was umso schwerer wog, wenn man bedenkt, mit wie viel Aufwand und staatlicher Unterstützung die deutschen Nationalsozialisten versucht hatten, diese prestigeträchtige Auszeichnung arischen Bergsteigern umzuhängen.
Zu Beginn der 1930er Jahre hatten die Dyhrenfurths zwei Expeditionen in den Himalaya unternommen, um dort den Mount Everest (von den Engländern deswegen als „dritter Pol“ bezeichnet, weil sie sowohl bei der Erkundung des Nord- wie auch des Südpols nicht als erste ans Ziel gelangt waren) zu erklimmen. Zwar gelang weder ihnen noch der konkurrierenden deutschen Expedition das eigentliche Unternehmen, doch sowohl Günter wie auch seine Frau erzielten für die damalige Zeit sensationelle Höhenrekorde.

Auch Norman Dyhrenfurth, der Sohn des erfolgreichen Ehepaares, trat in die Fußstapfen seiner Eltern – zumindest teilweise. Gemeinsam mit seiner Mutter und seinen beiden Geschwistern wandert er 1937 in die USA aus, bringt es dort mit nur 33 Jahren zum Leiter der Filmfakultät der University of California at Los Angeles und nimmt 1952 als Expeditionsfilmer an der Schweizerischen Himalaya-Expedition teil. Kurz darauf hängt er seine Professur an den Nagel und widmet sich, dem Beispiel seiner Eltern folgend, ganz und gar der Bergsteigerei.

Der Filmemacher und Buchautor Andreas Nickel hat sich gemeinsam mit Jürgen Czwienk intensiv mit der faszinierenden Geschichte der Dyhrenfurths beschäftigt. In ihrem Film kommen neben dem mittlerweile 90 Jahre alten Norman Dyhrenfurth auch die Bergsteigerlegenden Reinhold Messner und Sir Christian Bonington zu Wort. Zudem sind alte Aufnahmen von den Expeditionen zu sehen, die lange Zeit als verschollen galten und die nun sorgfältig restauriert einen guten Eindruck über das Bergsteigen und den damals vorherrschenden Geist der Abenteurer geben. Nicht nur für Alpinisten ist dieser Film deshalb eine sehenswerte Dokumentation.

Zum dritten Pol

Wie sehr muss es die Nazis gewurmt haben, als sie während der Olympischen Spiele des Jahres 1936 in Berlin dem jüdischen Ehepaars Hettie und Günter Dyhrenfurth ein Goldmedaille für Alpinismus überreichen mussten. Was eigentlich als Demonstration der Überlegenheit der arischen Rasse gedacht war, geriet spätestens in diesem Moment zu einer Farce – zumal die unbequemen Alpinisten zu allem Überfluss auch noch den Hitlergruß verweigerten.
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