Youth in Revolt

Eine Filmkritik von Katrin Doerksen

Ein Roadmovie ohne Road

Er ist nicht gerade von Vorbildern umgeben. Tatsächlich sind die Erwachsenen in Nick Twisps Welt allesamt Versager. Seine Mutter (Jean Smart) rennt der Jugend und den Männern hinterher, ihre wechselnden Liebhaber (Zach Galifianakis und Ray Liotta) sind Nichtsnutze, der gutmenschliche Nachbar gerät ständig mit dem Gesetz in Konflikt, Nicks Vater (Steve Buscemi) findet keinen Job und die Eltern seiner Auserkorenen haben als fundamentale Christen auch nicht mehr alle Tassen im Schrank. Trotzdem haben sie allesamt ein erfüllteres Sexleben als Nick, und sie gehen nicht gerade diskret damit um. Wenn das keine Voraussetzungen für eine Revolte sind.
In Youth in Revolt spielt Michael Cera zum wiederholten Mal den Trottel. Seine Figur Nick Twisp ist genau so wie es sein wenig klangvoller Familienname verrät: unscheinbar, etwas verträumt mit schriftstellerischen Ambitionen und einer Vorliebe für Sinatra auf Vinyl, ungelenk – eben das ganze Gegenteil eines prototypischen Mädchenschwarms. Das wird zum umso größeren Problem, als er Sheeni Saunders (Portia Doubleday) kennenlernt. Die blonde Schönheit ist seine absolute Traumfrau – nur leider steht sie auf stilvolle Franzosen mit Bad Boy-Charakter. Also schafft sich Nick einfach ein Alter Ego nach dem Vorbild von Jean-Paul Belmondo in Godards Außer Atem: François Dillinger trägt ein stereotyp französisches Bärtchen und gebärdet sich auch sonst so ganz anders als der brave Nerd.

Die Filmgeschichte ist geradezu überfüttert mit frustrierten jungen Leuten, die von ihren vermeintlichen Vorbildern enttäuscht sind. Ob Ferdinand und Marianne in Pierrot le fou, Holly und Kit in Badlands – Zerschossene Träume, Bonnie und Clyde im gleichnamigen Gangster-Roadmovie oder etwas später Mallory und Mickey in Natural Born Killers – sie fliehen vor dem Gesetz, vor repressiven Elternhäusern oder routinierten Ehen. Sie fahren einfach drauf los, leben als Outlaws und ziehen uns als Zuschauer damit zumindest für eine kurze, paradiesische Weile ganz auf ihre Seite. Diese Zeiten sind wohl vorbei.

In Nick und Sheeni steckt es zwar noch, das Outlaw-Gen, offenbar ist es jedoch verkümmert: So schaffen sie es nicht, sie kommen einfach nicht los. Die beiden Teenager träumen davon, sie wollen sich das Auto schnappen, den zotteligen Hund Albert – das Kind ihrer Liebe – und einfach weg, ganz wie in den rebellischen Roadmovies des New Hollywood. Aber es stellen sich den beiden immer neue Hindernisse in den Weg. Youth in Revolt bleibt auf der Kreuzung stecken, statt die Straße in Richtung Horizont zu nehmen und konsequent darauf zuzubrettern.

Stattdessen rebelliert Nick versuchsweise innerhalb des Systems. Unter der Regie des skrupellosen Klischeefranzosen François Dillinger fackelt er den Wohnwagen seiner Mutter ab, um Sheeni näher zu kommen, er bricht in ihr Mädcheninternat ein und entwickelt sich vor den Augen seiner entsetzen Eltern in einen pubertären Kotzbrocken. Nur um wieder und wieder an den zahlreichen Wendungen zu scheitern, die das Leben einem Heranwachsenden eben so bietet – aber Hauptsache er muss nicht als Jungfrau in den Jugendknast. Regisseur Miguel Arteta (Willkommen in Cedar Rapids) sorgt dabei für zahlreiche absurde Momente und auch Michael Cera kommt endlich einmal dazu, neben dem erwartungsgemäßen Part des Nick Twisp eine gelungene Leistung entgegen seines gängigen Rollentypus abzuliefern.

Von Zeit zu Zeit bekommt es Youth in Revolt trotzdem mit seinen eigenen Ambitionen zu tun: dieser Film will etwas Besonderes sein, und zwar um jeden Preis. Deswegen wird die ohnehin schon sehr artifizielle Storyline gleich mit noch ein paar sporadisch eingestreuten Animationssequenzen aufgepeppt, die im Grunde aber keine weitere Funktion erfüllen, außer etwas angestrengten Charme in der Teenie-Komödie unterzubringen. Eigentlich wäre das gar nicht nötig, denn in Youth in Revolt steckt auch so schon genügend Stoff für Diskussionen. Teenager, die rebellieren ohne dabei das System zu verändern, vielleicht steht das ja sogar symptomatisch für die vielbeschriebene Jugend von heute. Vielleicht ist es aber auch einfach nur eine Komödie, die es wert ist, gesehen zu werden.

Youth in Revolt

Er ist nicht gerade von Vorbildern umgeben. Tatsächlich sind die Erwachsenen in Nick Twisps Welt allesamt Versager. Seine Mutter (Jean Smart) rennt der Jugend und den Männern hinterher, ihre wechselnden Liebhaber (Zach Galifianakis und Ray Liotta) sind Nichtsnutze, der gutmenschliche Nachbar gerät ständig mit dem Gesetz in Konflikt, Nicks Vater (Steve Buscemi) findet keinen Job und die Eltern seiner Auserkorenen haben als fundamentale Christen auch nicht mehr alle Tassen im Schrank.
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