Wüstentänzer – Afshins verbotener Traum von Freiheit

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Die Freiheit des Ausdrucks

Seit 35 Jahren ist das Tanzen im Iran verboten – wodurch der dortigen Bevölkerung seit erschreckend langer Zeit eine Möglichkeit des emotionalen und auch künstlerischen Ausdrucks genommen wird. Die Aussage „I am a dancer“, die am Anfang von Richard Raymonds Werk Wüstentänzer – Afshins verbotener Traum von Freiheit steht, ist daher nicht nur die Bekundung einer großen Leidenschaft, sondern auch ein politisches Statement und ein Satz, der von Mut, Widerstand und Selbstbestimmung zeugt.
Nachdem er bereits als Kind den Reiz des Tanzes entdeckte und diesen in einem Kulturzentrum vorübergehend erforschen konnte, trifft Afshin Ghaffarian (Reece Ritchie) im Jahre 2009 an der Universität in Teheran auf Gleichgesinnte. Ein gehackter Internet-Account gibt dem jungen Mann zudem die Gelegenheit, YouTube-Videos anzusehen – und so die Vielfalt der Bewegungskunst (von der virtuosen Balletttechnik Rudolf Nurejews über Pina Bauschs Tanztheater bis hin zu Michael Jacksons Moonwalk) kennenzulernen. In einem alten Fabrikgebäude gründen Afshin und seine neu gewonnenen Freunde eine Underground Dance Company, der sich bald noch die talentierte, aber problembeladene Elaheh (Freida Pinto) anschließt. Die Gruppe fasst – nach einer Phase des heimlichen Probens – den Entschluss, in der Wüste vor ausgewähltem Publikum einen Auftritt zu absolvieren. Dies bringt jedoch unweigerlich Gefahr mit sich.

Wüstentänzer basiert auf der Lebensgeschichte des Tänzers Afshin Ghaffarian – und ist ein stilistisch herausragender Film. Die tänzerische Performance im Wüstensand, die als Herzstück des Werks bezeichnet werden kann, zeigt aufs Schönste, welch subversives Potenzial dieser Kunstform innewohnt. Die originelle, politisch aufgeladene Choreografie wird von Kameramann Carlos Catalán in kraftvolle Bilder gefasst; es gelingt hier, Berückung und Bedrückung, Unterhaltung und Vermittlung einer wichtigen Botschaft zu vereinen. Weniger geglückt sind indes die Momente, die in Manier eines Polit-Thrillers die staatliche Lage nach der Wiederwahl des radikalen fundamentalistischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad in den Blick nehmen wollen. In diesen Situationen wirkt die Stilisierung inadäquat.

Der Konflikt um die rigorose Unterdrückung einer freien Entfaltung im Tanz hätte eigentlich keine Nebenschauplätze benötigt. Ein solcher wird allerdings durch die Love Story zwischen Afshin und Elaheh geschaffen: Die verschlossene Frau entbirgt sich als tragische Figur mit einem Drogenproblem – und der Protagonist müht sich um ihre Errettung. Drehbuch und Regie schlagen dabei hohe Gefühlstöne an; dennoch entgleitet das Drama – nicht zuletzt dank der starken Freida Pinto – nie in unfreiwillige Komik. Alles in allem ist Wüstentänzer kein makelloser Film, aber ohne Zweifel ein Projekt, das mit Herzblut entstanden ist und auf ein fortwährendes kulturelles Unrecht aufmerksam macht.

Wüstentänzer – Afshins verbotener Traum von Freiheit

Seit 35 Jahren ist das Tanzen im Iran verboten – wodurch der dortigen Bevölkerung seit erschreckend langer Zeit eine Möglichkeit des emotionalen und auch künstlerischen Ausdrucks genommen wird. Die Aussage „I am a dancer“, die am Anfang von Richard Raymonds Werk „Wüstentänzer – Afshins verbotener Traum von Freiheit“ steht, ist daher nicht nur die Bekundung einer großen Leidenschaft, sondern auch ein politisches Statement und ein Satz, der von Mut, Widerstand und Selbstbestimmung zeugt.
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Meinungen

irmgard sollinger · 05.10.2014

Ein großer Film, groß und tief im Tanz, groß und gewaltvoll in der Darstellung der Diktatur. Diesen Szenen kann man sich nicht entziehen.

Svenja Jugert · 26.07.2014

Ein fantastischer Film mit viel Tiefe. Beeindruckende Tanzszenen.
Wer einen oberflächlichen Kinoabend erleben möchte ist in diesem Film nicht gut aufgehoben.