Worlds Apart (2015)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Liebe in Zeiten der Finanzkrise

Mit mehr als 700 000 Zuschauern schlug Worlds Apart im kleinen Griechenland 2016 selbst die größten US-Poduktionen an den Kinokassen. Christopher Papakaliatis‘ Liebesdrama vermischt Privates mit Politischem und tröstet die geschundene griechische Seele.
Auf den ersten Blick haben die drei Paare, von denen Christopher Papakaliatis in seinem zweiten Kinofilm erzählt, nur die Aussichtslosigkeit ihrer Liebe gemein. Es ist die Liebe von Fremden über Landesgrenzen, Klassen- und Bildungsschichten, eheliche und familiäre Verpflichtungen hinweg. Doch der Blick ist verengt. Erst als der griechische Regisseur, der auch das Drehbuch verfasst und eine der Hauptrollen übernommen hat, im letzten Akt seines Dramas einen Schritt zurücktritt und die Perspektive weitet, offenbart sich das gesamte Ausmaß der Verflechtungen. Aufmerksame Zuschauer sahen dieses allerdings schon lange vorher.

In der ersten von drei Episoden verliebt sich Daphne (Niki Vakali) in Farris (Tawfeek Barhom), nachdem er sie vor einem nächtlichen Überfall bewahrt. Sie studiert Politik, er studierte Kunst, bis der Krieg ihn von einer syrischen Universität auf die Straßen Athens trieb. Ihre Liebe ist rastlos, ganz dem Privileg ihrer Jugend geschuldet. Erst im Mondschein am Strand kommt sie romantisch zur Ruhe. Daphnes Vater (Minas Hatzisavvas) darf davon allerdings nichts wissen, macht der verbitterte, alte Mann doch Jagd auf Flüchtlinge, um den Verlust seiner beruflichen Existenz zu verarbeiten.

Auch die Liebe zwischen dem depressiven Abteilungsleiter Giorgos (Papakaliatis selbst) und der schönen Schwedin Elise (Andrea Osvárt) steht unter keinem guten Stern. Giorgos ist verheiratet und die kühle Nordeuropäerin nur deshalb in den heißen Süden gereist, um Giorgos Firma für ihre neuen Besitzer durch Entlassungen lukrativer zu machen. Mit dem Alter kommt in dieser Episode die Erfahrung. Im Bett sind Giorgos und Elise zwar leidenschaftlich, abseits davon setzt jedoch allzu oft der Verstand ein.

Verheiratet ist auch die 60-jährige Maria (Maria Kavoyianni). Vor einem Supermarkt, dessen Produkte sie sich schon lange nicht mehr leisten kann, erliegt die Hausfrau dem spröden Charme des Deutschen Sebastian (J.K. Simmons). Der ehemalige Professor aus München, der seinen Ruhestand als Berater der griechischen Nationalbibliothek in Athen genießt, bringt der Griechin ihr eigenes kulturelles Erbe näher. Die Rentner lassen es am gemächlichsten angehen. Dass sie sich auch ohne eine gemeinsame Sprache verstehen, besorgt so manchen Lacher.

In Krisenzeiten wird selbst das Private politisch – das ist die Prämisse, von der Christopher Papakaliatis in seinem Episodenfilm ausgeht. Der Schluss, den er daraus zieht, ist ein wenig zu glatt und oberflächlich wie der Rest seines von Stella Filippopoulous gleitender Kamera wunderbar fotografierten Films: Die Macht der Liebe überwindet alle Differenzen. Egal, wie verschieden wir auch sein mögen, wenn wir uns verlieben, sind wir alle gleich. Für diese Binse findet Papakaliatis zwar immer wieder beeindruckende Bilder und Metaphern – etwa die Liebeshöhle, die sich Daphne und Farris in einer ausrangierten Passagiermaschine auf einem verlassenen Flughafen einrichten –, die eindimensionale Konstruktion seiner Figuren und Episoden ist jedoch ebenso leicht zu erkennen wie Papakaliatis undifferenzierte Sicht auf die Krise. Denn diese kommt in Worlds Apart stets von außen. Selbst wenn Opfer wie Daphnes Vater zu Tätern werden, haben dies fremde Kräfte verschuldet. Der europäische Gedanke, an den Papakaliatis wiederholt appelliert, will dazu nicht recht passen, wirkt wie so vieles in diesem Film aufgesetzt.

Als inhaltliche Klammer dient dem Filmemacher das Sujet von Amor und Psyche, das die drei Liebesgeschichten nicht nur spiegeln, sondern das in allen dreien auch namentlich auftaucht. Doch während der Göttervater im Mythos Amor die Ehe mit Psyche erlaubt, die Götter Psyche zu einer der ihrigen machen und diese Amor schließlich eine Tochter, Vollupta, die Wollust, gebiert, fällt das Ende in Worlds Apart ambivalenter aus. Nicht allen Liebenden ist ein Happy End beschieden, ein wollüstiges schon gar nicht. Vorhersehbar und verkitscht sind alle drei.

Worlds Apart (2015)

Mit mehr als 700 000 Zuschauern schlug Worlds Apart im kleinen Griechenland 2016 selbst die größten US-Poduktionen an den Kinokassen. Christopher Papakaliatis‘ Liebesdrama vermischt Privates mit Politischem und tröstet die geschundene griechische Seele.
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