Where to, Miss?

Eine Filmkritik von Melanie Hoffmann

Verfahrene Gesellschaft

Dass das Frauenbild in Indien nicht dem einer selbstbestimmten, emanzipierten Frau entspricht, wissen wir nicht erst seit den Nachrichten über die brutale Vergewaltigung einer Studentin im Jahr 2012. Diese Nachricht und die anschließende weltweite öffentliche Diskussion war aber der Auslöser für Regisseurin Manuela Bastian, Studentin der Filmakademie Baden-Württemberg, mit ein paar Kommilitonen einen Dokumentarfilm über die Lebenswirklichkeit indischer Frauen zu drehen.
Die junge Devki ist geschieden, ihr Ex-Mann hat sie geschlagen. Nun lebt sie wieder bei ihrem Vater und möchte nichts sehnlicher als Taxifahrerin werden. Selbst in der Millionenstadt Delhi ist das recht außergewöhnlich. Doch es gibt die Agentur „Women on Wheels“, die sich darauf spezialisiert hat, Frauen zu Taxifahrerinnen auszubilden. Taxis gefahren von Frauen für Frauen. Devkis Familie hat wenig Verständnis. Frauen sollen sich dem Mann unterordnen, für die Familie sorgen. Zwar verstehen sie, warum sie sich scheiden ließ, aber nun soll sie sich bitte einen neuen Mann suchen. Und dass dieser sie einen Beruf ausüben lassen wird, wird doch stark bezweifelt.

Where To, Miss? zeigt ein eindringliches Portrait einer jungen Frau, die einfach nur selbstbestimmt leben möchte. Nach und nach verstehen wir Devkis Beweggründe und lernen sie über die Zeit immer besser kennen. Das Filmteam reiste drei Mal nach Indien. Ganze drei Jahre hat das gedauert, sehr ungewöhnlich für ein Doku-Portrait – und das erste Mal, dass so ein Film während der Studienzeit an der Filmakademie in Ludwigsburg entstand. Diese zeitlichen Abstände sind in Devkis Entwicklung stark zu erkennen und machen das Portrait erst zu einem tollen, spannungsreichen Film.

In der Tat findet Devki einen neuen Mann, sie lernt ihn beim Taxifahren kennen. Doch auch seine Familie schätzt die traditionelle Rollenverteilung und bringt das junge Paar dazu, in die Provinz zu ziehen, wo Devki plötzlich einen Sari trägt. Nun scheint sie wie verkleidet, da sie das ganze erste Drittel des Films stets in Jeans und Hemd zu sehen war und Saris sogar explizit ablehnte. Am Ende erfüllt Devki sogar das indische Sprichwort: „Eine Frau gehört zuerst ihrem Vater, dann ihrem Ehemann und am Ende ihrem Sohn.“ Sie bringt einen Sohn zur Welt und begibt sich damit wieder in eine neue Rolle, die nicht selbstbestimmt ist.

Zu einem Erlebnis wird der Film auch durch die Musik von Milky Chance. Ein Mitglied des Filmteams stammt aus Kassel und kennt die Band seit der ersten Stunde. So kam der Kontakt zustande und Milky Chance freuten sich, da sie schon immer einen Soundtrack machen wollten. Die Musik kommentiert sehr melancholisch und voller Sehnsucht vor allem die Szenen ohne Sprache wundervoll und man wagt es, sich vorzustellen, wie man handeln würde, wäre man in eine solche Gesellschaft hineingeboren.

Die Mühe hat sich gelohnt für die Studentin Manuela Bastian und ihr Team. Auf viele Festivals wurden sie bereits mit ihrem Film eingeladen, bekamen unter anderem den Hofer Dokumentarfilmpreis „Granit“ und den Deutschen Menschenrechts-Filmpreis in der Kategorie Hochschule. Nun machen sie sich erstmal an ihren Diplomfilm.

Sie wollten von einer indischen Frau erzählen, die emanzipiert lebt, und erzählten schließlich von der ganzen Gesellschaft, die es beinahe unmöglich macht, sich aus den traditionellen Zwängen zu befreien.

Where to, Miss?

Dass das Frauenbild in Indien nicht dem einer selbstbestimmten, emanzipierten Frau entspricht, wissen wir nicht erst seit den Nachrichten über die brutale Vergewaltigung einer Studentin im Jahr 2012. Diese Nachricht und die anschließende weltweite öffentliche Diskussion war aber der Auslöser für Regisseurin Manuela Bastian, Studentin der Filmakademie Baden-Württemberg, mit ein paar Kommilitonen einen Dokumentarfilm über die Lebenswirklichkeit indischer Frauen zu drehen.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen