Watermark

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Das Wasser, der Mensch und die Nutzlandschaft

Die großformatigen Bilder des kanadischen Fotografen Edward Burtynsky werden in Häusern wie dem New Yorker Guggenheim Museum ausgestellt. Oft dokumentieren sie, wie der Mensch das Aussehen der Erde verändert. In jüngster Zeit beschäftigte sich Burtynsky fünf Jahre lang mit dem Thema Wasser. Watermark bildet den filmischen Abschluss dieser Arbeiten. Die Dokumentation, bei der Burtynsky gemeinsam mit der kanadischen Filmemacherin Jennifer Baichwal Regie führte, verbindet seine Fotomotive mit informativen Kameraaufnahmen aus dem Umfeld, in dem sie entstanden sind. Gemeinsam mit dem Kameramann Nicholas de Pencier reisten die Regisseure in zehn Länder von Kanada bis China, um 20 verschiedene Schauplätze vorzustellen. Es sind Orte, an denen der Mensch vom Wasser lebt, am Wasser baut und oft genug massiv in den natürlichen Wasserkreislauf eingreift. Watermark erhielt den Rogers Best Canadian Film Award 2013. Baichwal hatte schon 2006 einen Dokumentarfilm, Manufactured Landscapes, über die Arbeiten Burtynskys gedreht.
Das Delta des Colorado River in Mexiko ähnelt aus der Vogelperspektive einem von feinen Adern gemaserten Blatt. Aber die Flussarme sind ausgetrocknet: Der Colorado versiegt bereits Kilometer vor der Küste. Der Grund dafür ist ein Kanal, der Kalifornien durchläuft, um das landwirtschaftlich intensiv genutzte Imperial Valley, einst eine Wüstenregion, mit dem Wasser des Flusses zu bewässern. Ein anderer Fluss, der Owens River, wurde 1913 umgeleitet, weil die Stadt Los Angeles wuchs und Wasser brauchte. Deshalb trocknete der Owens See aus und hinterließ ein gigantisches Staubbecken, das nun bewässert werden muss, damit die Stürme den Staub nicht in die Stadt wehen. Auch die Chinesen gehen beim Bau riesiger Staudämme nicht zimperlich mit dem Element um. Im indischen Rajasthan liegt die imposante Architektur eines im 12. Jahrhundert angelegten Stufenbrunnens frei: Der Grundwasserspiegel ist so stark abgesunken, dass die Anlage während des Monsuns nicht mehr aufgefüllt wird.

Burtynskys Bilder entstehen meistens in luftigen Höhen. Von oben, aus der Ferne betrachtet, wirken die natürlichen oder von Menschen geschaffenen Formationen dann oft wie gemalte Muster, wie bildende Kunst. Für den Film wurden Hubschrauber, Flugzeuge und ferngesteuerte Mini-Helikopter verwendet. In der einsetzenden Dunkelheit, wenn die Farben in Schwarz-Weiß übergehen, sehen dann die jahrhundertealten chinesischen Reisterrassen in der Provinz Yunnan wie kreativ geschwungene Linien aus – eine unbeabsichtigte Ästhetik. Wie die Fotografien konzentrieren sich auch die Filmaufnahmen auf den Eindruck des Grandiosen und oft auch des Unwirtlichen. Der Stikine River im kanadischen British Columbia, dessen Lauf die Kamera in seinem engen Tal überfliegt, ist gesäumt von abweisend dunklem Geröll, selbst die herbstlich gelb leuchtenden Bäume strahlen nichts Warmes aus. Auf der gigantischen Baustelle von Xiluodu in China, wo der weltgrößte Staudamm entsteht, findet das Auge im grauen Inferno der Betonarbeiten keinen sinngebenden Halt, keinen Ruhepol. Oft folgt auf die Aufnahmen aus unmittelbarer Nähe ein Zoom auf das Gesamtpanorama, das aus der Vogelperspektive seine atemberaubende Form offenbart. Diese flächigen Ausmaße entfalten ihre Wirkung am besten auf der großen Kinoleinwand.

Burtynsky selbst gibt in Voice-Over Auskunft über seine Arbeiten, weitere Statements liefern einzelne Anwohner an den verschiedenen Schauplätzen, Gerber, Schneckenzüchter, Klima-Wissenschaftler, die Tiefenbohrungen im Grönlandeis durchführen. Thematisch gibt es dabei keine Eingrenzung: Gesprochen wird auch über die Herkunft des Wassers aus dem Weltall, und darüber, dass wir alle seine Geschöpfe sind. Der Film verfolgt keine Botschaft im engeren Sinn, regt aber zum Nachdenken über Umweltschutz an. Aus den Bildern spricht die pure Faszination dafür, wie Wasser das Aussehen der Erde formt, und wie die Menschen es in Analogie dazu für eigene Projekte nutzen. Das Erhabene und das Erschreckende zeigen sich gleichberechtigt, von jeder Wertehierarchie befreit.

Watermark

Die großformatigen Bilder des kanadischen Fotografen Edward Burtynsky werden in Häusern wie dem New Yorker Guggenheim Museum ausgestellt. Oft dokumentieren sie, wie der Mensch das Aussehen der Erde verändert. In jüngster Zeit beschäftigte sich Burtynsky fünf Jahre lang mit dem Thema Wasser. „Watermark“ bildet den filmischen Abschluss dieser Arbeiten.
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