Tomorrow - Die Welt ist voller Lösungen (2015)

Eine Filmkritik von Thorsten Hanisch

Morgen wird alles besser. Hoffentlich.

Das Konzept dieses Dokumentarfilms, der in Frankreich zum Publikumsrenner wurde, ist hervorragend und beispielhaft: Anstatt ewig schwarz zu malen und uns zum tausendsten Mal zu erzählen, welche Katastrophen in den nächsten Jahrzehnten über uns hereinbrechen, taten sich die Schauspielerin Mélanie Laurent (Inglourious Basterds, Enemy) und der Aktivist Cyril Dion zusammen, fuhren mit drei Freunden um die Welt und suchten nach einer Antwort auf die Frage, was jeder von uns im Kleinen wie im Großen dazu beitragen kann, dass die Welt am besten schon morgen eine besserer Ort wird.

Sie interviewten Experten, unterhielten sich mit Farmern, Papierherstellern, Pädagogen und weiteren Menschen, die ökologische, wirtschaftliche und demokratische Ideen verfolgen, und hoffen, dass die Summe der gefundenen Lösungsansätze eine Art Leitfaden für die Zukunft ergibt.

Das ist – man kann es nicht oft genug wiederholen – grundsätzlich wirklich sehr, sehr lobenswert, es verleiht Tomorrow — Die Welt ist voller Lösungen schon per se eine Daseinsberechtigung und ein Anschauen lohnt sich allein schon, weil die Verschiedenartigkeit der vorgestellten Menschen und Projekte absolut faszinierend und interessant ist.

Leider gewinnt man im Laufe der etwas zu langen zwei Stunden auch ein wenig den Eindruck, dass der auch durch eine permanent affirmative Musik unterfütterte Lass-es-uns-anpacken-Optimismus den Machern ein bisschen den Blick vernebelt hat. Oder anders formuliert, aufdringliche Selbstbestätigung schiebt sich zuweilen etwas ungünstig vor den eigentlich sehr positiven Gesamteindruck.

Die Aussagen zu bösen Konzernen und sinisteren Banken hätte man ruhigen Gewissens etwas straffen können, beide sind heutzutage eh Feindbild Nummer eins. Stattdessen wäre es nicht verkehrt gewesen, hin- und wieder ein wenig die vorgestellten Lösungsvorschläge zu hinterfragen. Dass beispielsweise in Detroit, wo nur noch ein Drittel der Bevölkerung früherer Jahre lebt, urbane Gemüsezucht kein Problem ist, ist klar. Dass man derlei Projekte aber nicht gerade in übervölkerten Ballungsgebieten aufziehen kann, scheint nicht aufzufallen.

Und so hangelt sich der Film von Station zu Station und bietet lauter „Patentlösungen“ an, bei denen eigentlich noch nicht gerade unwichtige Details zu klären wären. Aber die Begeisterung über das eigene Tun und das Wettern gegen die „Bösen“ ist wichtiger, weswegen sich die Doku trotz edler Ambitionen ein wenig wie ein Aktivisten-Märchen anfühlt, zumal die Macher es auch nicht lassen können, sich in betont gut gelaunten Reise-Impressionen selbst als Weltverbesserer zu inszenieren.

Dennoch: Es ist zu hoffen, dass Tomorrow – Die Welt ist voller Lösungen auch hierzulande Erfolg hat und – das wäre der Optimalfall – vielleicht auch Impulsgeber für weitere, etwas bessere Filme dieser Art ist. Nötig wäre es unbedingt.
 

Tomorrow - Die Welt ist voller Lösungen (2015)

Das Konzept dieses Dokumentarfilms, der in Frankreich zum Publikumsrenner wurde, ist hervorragend und beispielhaft: Anstatt ewig schwarz zu malen und uns zum tausendsten Mal zu erzählen, welche Katastrophen in den nächsten Jahrzehnten über uns hereinbrechen, taten sich die Schauspielerin Mélanie Laurent („Inglourious Basterds“, „Enemy“) und der Aktivist Cyril Dion zusammen, fuhren mit drei Freunden um die Welt und suchten nach einer Antwort auf die Frage, was jeder von uns im Kleinen wie im Großen dazu beitragen kann, dass die Welt am besten schon morgen eine besserer Ort wird.

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Meinungen

Ignaz Herzog · 09.07.2016

Thorsten Hanisch hat den Film nicht verstanden. Schade!

Selten ist mir eine "Filmbesprechung" - falls man oberstehenden Abriss als solche bezeichnen will - untergekommen, die auf derart ideologisch verbrämter Grundlage einen hoffnungsvollen Film wie "Tomorrow - Die Welt ist voller Lösungen" runterputzt.

Herr Hanisch lässt obendrein was die inhaltliche Expertise betrifft wenig Kompetenz erkennen: Urban Farming sehr wohl auch in "überbevölkerten Ballungsgebieten" praktiziert, bereits heute, in von Bürgerkriegen gezeichneten Regionen der sog. "dritten Welt" ist dies nicht selten sogar die einzige Möglichkeit einer Ernährungssicherung.
Woran knüpft Hanisch seine Einschätzung, dass dies also "nicht gerade" möglich sein sollte? Es ist eine blanke Meinung, die durch keine sachgeleitete Argumentation gestützt wird.

Da wäre deutlich mehr drin gewesen. Eine objektive Auseinandersetzung etwa, auch und vor allem mit den filmischen Mitteln der Umsetzung.
Was derlei Aspekte angeht, wird die Filmmusik als "permanent affirmativ" von Hanisch zurückgewiesen, ganz so, als wäre dies eine grundsätzlich unzulässige Entscheidung. Dies ist sie nicht, schon gar nicht bei einem Projekt, wie es von "Tomorrow" verfolgt wird. Hanisch hat den Film nicht verstanden.

Ich lege dem Savoy nahe, derart politisch eingefärbte "Nörgelgutachten" nicht länger zu akzeptieren, denn nichts ist wohl effektiver dazu geeignet, potenzielle Interessierte vom Kinobesuch abzuschrecken, als die obenstehenden Zeilen:

"Die Aussagen zu bösen Konzernen und sinisteren Banken hätte man ruhigen Gewissens etwas straffen können, beide sind heutzutage eh Feindbild Nummer eins." Wer veröffentlicht solch ungelenk formulierte, plumpe Kritik?
Ob und wie "die bösen Konzerne und sinistreren Banken" filmisch dargestellt werden ist doch allein Sache des Regisseurs, es sei denn es werden falsche Behauptungen gemacht - was m.W.n. nicht der Fall ist. Wer einen Film über die Zukunft des Planeten dreht, kommt nicht umhin auch anzuklagen.

Wiederum kann dies Stellungnahme Hanischs dazu kaum sachgeleiteten Überlegungen entspringen, wo heute offenkundig ist, dass Banken und Großkonzerne zu einem beträchtlichen Anteil zu den gegenwärtigen Zuständen beigetragen haben und auch weiterhin beitragen. Die Begründung, dass die Auseinandersetzung mit diesen Institutionen zu straffen sei, da diese ja "eh Feindbild Nummer eins" seien ist geradezu lachhaft. Meint Hanisch solche Aussagen tatsächlich ernst? Man mag es kaum glauben.

Von einer Filmkritik erwarte ich mir nicht, die Weltsicht des Autors nahegelegt zu bekommen, sondern einzig und allein Information bezüglich Inhalt, sowie kinematische Aspekte des Films. Kritik muss begründet sein, wenn sie überzeugen soll.

Es bleibt zu hoffen, dass dieser Kommentar Impulsgeber für weitere, etwas bessere Filmkritiken dieser Art ist. Nötig wäre es unbedingt.

Hartmut T. · 17.06.2016

Zufall? Bestimmt: Große Überschneidungen mit Michael Moore's Invasionsfilm. Wer den einen gesehen hat, braucht den anderen nicht.

Danièle Furstoss · 11.06.2016

Es ist schade, dass im Kommentar schon ein Dämpfer eingebaut wird, wenn man hofft, dass er viele Leute erreicht. Lasst die Leute selbst urteilen! Der kritische Geist ist in Deutschland genug ausgebildet....