The Infiltrator

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

"Follow the Money!"

Mitte der 1980er Jahre in Florida. Das Kokain rieselt ununterbrochen, aber auch das damit verdiente Geld muss gewaschen werden. Also kommt U.S. Customs Special Agent Robert Mazur (Bryan Cranston) auf die bekannte Drogenthriller-Idee, nicht nach den Drogen zu suchen, die sowieso innerhalb kurzer Zeit ersetzt werden, sondern dem Geld zu folgen. Mit seinem Kollegen Emir Abreu (John Leguizamo) baut er sich eine Identität als Geschäftsmann Bob Musella auf und will die finanzielle Seite des Medellín-Kartells, zu dieser Zeit unter der Führung von Pablo Escobar, unterwandern.

Es ist im Grunde genommen eine spannende Geschichte, die The Infiltrator erzählen will. Das Medellín-Kartell als größter Kokain-Exporteur der 1980er bis 1990er Jahre ist nicht nur berüchtigt, sondern verkörpert nahezu den Drogenhandel und ewigen Gegner im war on drugs der USA. Die finanzielle Seite des Drogenhandels führt zudem in die Welt der Hochfinanz, der Verbrecher in Anzügen, deren Taten oftmals unentdeckt bleiben. Zusammen mit einer wahren Undercover-Geschichte von einem aufrechten Familienvater, der sein Leben riskiert, um diese Männer zu enttarnen, sollte eigentlich nichts mehr schiefgehen. Aber weit gefehlt: Das Drehbuch von Ellen Sue Brown reiht lediglich anekdotenhaft Episode an Episode, die nicht aufeinander aufbauen oder in anderer Art und Weise in Verbindung stehen. Dadurch entsteht in diesem Film weder Spannung noch Dynamik, werden weder die Gefahren, denen Bob sich aussetzt, noch die Schwierigkeiten, die bei dieser Infiltrierung entstehen, ersichtlich. Beispielsweise scheint Bob mühelos nicht nur Zugang, sondern letztlich auch das Vertrauen von Escobars wichtigsten Großhändler Robert Alcaino (Benjamin Bratt) zu bekommen – hier gibt es lediglich eine Episode mit einem Ritus, die etwas Spannung aufkommen lässt.

Zudem wird keine Figur aufgebaut oder gar entwickelt. Bobs Familiensinn soll durch zwei Blicke in die Zimmer seiner schlafenden Kinder und einem gemeinsamen Brettspiel deutlich werden, die Verrücktheit seines Kollegen Emir durch einen Überraschungsbesuch. Zwischen Bob und seiner Kollegin Kathy Erzt (Diane Kruger), die seine Verlobte geben muss, wird sexuelle Spannung behauptet, die aber niemals in den Szenen zu spüren ist. Hinzu kommen zum einen die üblichen Verbrechertypen: kultivierter Ehemann und Vater (Robert Alcaino), durchgeknallter Zwischenhändler mit locker sitzender Kanone, mysteriöser Hintermann, der niemanden die Hand gibt, ein labiler Homosexueller, der zu viele Drogen nimmt, und ein verrückter alter Onkel, der aufgrund seiner Diabetes ständig in Ohnmacht fällt. Und zum anderen wahllose Aufnahmen von mehr oder weniger nackten Frauenkörpern in Nachtclubs, die wohl den Lebensstil der Drogenmafia herausstellen und dagegen Bobs Familiensinn untermalen sollen.

Somit gibt es in The Infiltrator ein wenig Buddy-Comedy, ein wenig Drogenthriller, ein wenig Familiendrama, aber insgesamt von allem zu wenig. Es wird nichts gezeigt, was nicht schon einmal zu sehen war. Das beginnt schon in der Eröffnungssequenz, die sehr an die berühmte Kamerafahrt in GoodFellas erinnert, und setzt sich fort durch Einstellungen, die direkt aus Scarface übernommen scheinen. Doch sie wirken hier weniger als Zitat als sie vielmehr auf die ideenlose Bildgestaltung verweisen: ein wenig Krissel hier, ein paar knallige Farben dort. Auch erzählerisch ist nichts zu finden, was nicht schon einmal erzählt wurde, weder über den Wahnsinn des war on drugs der USA noch über die Gefahren, psychologischen und moralischen Folgen eines Doppellebens oder über die Motive, geschweige denn Methoden der Drogengangster. Dagegen kann auch Bryan Cranston nichts ausrichten. Deshalb ist The Infiltrator ein mit zwei Stunden nicht nur langer, sondern auch langatmiger Drogenthriller, der diesem Subgenre nichts hinzuzufügen hat.
 

The Infiltrator

Mitte der 1980er Jahre in Florida. Das Kokain rieselt ununterbrochen, aber auch das damit verdiente Geld muss gewaschen werden. Also kommt U.S. Customs Special Agent Robert Mazur (Bryan Cranston) auf die bekannte Drogenthriller-Idee, nicht nach den Drogen zu suchen, die sowieso innerhalb kurzer Zeit ersetzt werden, sondern dem Geld zu folgen.

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