The Boss Baby (2017)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Kuck' mal, wer da spricht!

In puncto Kreativität hinken die Animatoren von DreamWorks ihren Kollegen von Disney und Pixar seit Jahren hinterher. Mit The Boss Baby, nach Marla Frazees gleichnamigem Kinderbuch, holen sie gewaltig auf. Zwar reicht Tom McGraths Komödie über einen unorthodoxen Familienzuwachs noch nicht ganz an die Klassiker der Konkurrenz oder die aus dem eigenen Haus heran, macht aber gleich ein paar Schritte auf einmal in die richtige Richtung.

Wer ein jüngeres Geschwister hat, kann ein trauriges Lied davon singen. Kaum erblickt der neue Erdenbürger das Licht der Welt, gibt er den Ton an. So ergeht es auch dem siebeneinhalbjährigen Tim Templeton. Eben noch bildete er mit seinen Eltern eine unverwüstliche Einheit, imaginierte sich beim Spiel mit ihnen in schönster Genrefilmmanier in den Dschungel, in die Tiefsee oder ins Weltall, nun tanzen Mami und Papi nur noch nach des Säuglings Pfeife. Dass das Baby der Boss ist, macht schon dessen äußere Erscheinung klar. Statt in Windeln fährt Tims Bruder in Anzug und Krawatte vor – Uhr und Aktenkoffer inklusive. Früh übt sich, was ein Neoliberaler werden will.

Schon diese Ausgangslage ist urkomisch. Das Geniale an The Boss Baby ist nun aber, dass der Film seine Prämisse im doppelten Sinn, übertragen wie wortwörtlich begreift. Was zunächst nur wie eine weitere von Tims Fantasien aussieht, die erwachsene Zuschauer als gelungene Metapher aufs Familienleben lesen, ist wahr: Tims kleiner Bruder ist gar nicht so klein. Hinter den verträumten Kulleraugen verbirgt sich ein Topmanager mit sonorer Stimme und knallharten Ansichten. Der arbeitet für Baby Corp., der Firma, wo der menschliche Nachwuchs tatsächlich herkommt. Die Zuschauer ahnten es bereits, als in einer der besten Titelsequenzen seit langem die Neugeborenen über ein himmlisches Fließband rollten. In seiner irdischen Familie soll der Macher im Miniformat die Konkurrenz ausspähen. Um den unliebsamen Bruder wieder loszuwerden, lässt sich Tim schließlich auf einen Deal ein, und das Abenteuer beginnt.

Regisseur Tom McGrath (Madagascar-Reihe, Megamind) hält das Tempo hoch, wechselt mühelos zwischen den Zeichenstilen und erkundet spielerisch den animierten Raum in langen, ungeschnittenen Szenen. Viel Zeit zum Nachdenken lässt er seinem Publikum nicht. Dabei bietet The Boss Baby weit mehr als puren Slapstick und rasante Action. Die Gesellschaftskritik ist bissig, denn McGrath und sein Drehbuchautor Michael McCullers erzählen von einer Welt, in der niedliche Haustiere mehr zählen als Kinder und sich Ladies und Gentlemen über ihre Reiseklasse definieren. Durch den Mund eines (vermeintlichen) Säuglings ist das erneut mehrdeutig verpackt. Dessen Verhalten steht für einen absurden Leistungsdruck, der längst in der Wiege beginnt. Umgekehrt könnte man einen skrupellosen Entscheidungsträger kaum besser beschreiben als mit dem Bild eines ungeliebten, weil elternlosen Babys.

The Boss Baby ist pickepacke voll mit diesen skurrilen Ideen und liebevollen Details – als Geschäftsmann nennt das Baby seinen großen Bruder etwa konsequent beim Nachnamen –, die Zuschauer müssen bei all dem Tempo nur genau hinsehen. Junge Kinobesucher erfassen diesen Reichtum wohl nur im Ansatz, kommen aber allemal auf ihre Kosten. Deren erwachsene Begleiter können sich zudem auf manche Frivolität freuen. Aber vielleicht war der Autor dieses Textes auch nur ein Schelm, als er bei der einen oder anderen Stelle Böses dachte.
 

The Boss Baby (2017)

In puncto Kreativität hinken die Animatoren von DreamWorks ihren Kollegen von Disney und Pixar seit Jahren hinterher. Mit „The Boss Baby“, nach Marla Frazees gleichnamigem Kinderbuch, holen sie gewaltig auf. Zwar reicht Tom McGraths Komödie über einen unorthodoxen Familienzuwachs noch nicht ganz an die Klassiker der Konkurrenz oder die aus dem eigenen Haus heran, macht aber gleich ein paar Schritte auf einmal in die richtige Richtung.

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