Table 19 - Liebe ist fehl am Platz (2017)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Humorvolle Melancholie

Zu Beginn von Table 19 demonstriert der Regisseur und Drehbuchautor Jeffrey Blitz seine Fähigkeit des visuellen Erzählens: Wenn die Protagonistin Eloise (Anna Kendrick) die Einladung zur Hochzeit ihrer (einstmals) besten Freundin Francie (Rya Meyers) erhält, werden uns ihre ambivalenten Gefühle in einem herrlichen kleinen Kabinettstück zur Anschauung gebracht, in welchem Eloise so rasant vom Zu- zum Absage-Kreuzchen (und wieder zurück) wechselt und sich nach dem spontanen Anzünden der Karte doch noch zum Abschicken entschließt, dass die irritierte Braut letztlich eine extrem kryptische Rückmeldung aus dem Briefumschlag zieht.

Eloise sollte eigentlich die Trauzeugin von Francie sein – bis deren Bruder Teddy (Wyatt Russell) unvermutet mit Eloise Schluss machte und die ganze Sache irgendwie unangenehm und schwierig wurde. Nun findet sich die Verlassene ohne besondere Aufgabe an Tisch Nr. 19 wieder, an welchem all jene Personen sitzen, die nicht so richtig zur Hochzeitsgesellschaft dazugehören: das Ehepaar Jerry und Bina (Craig Robinson und Lisa Kudrow), die Seniorin Jo (June Squibb), der Teenager Renzo (Tony Revolori) sowie der kauzige Walter (Stephen Merchant), der etwas zu sehr betont, dass er „ein normaler Mensch“ ist. Nachdem sich die Truppe zunächst wenig zu sagen hat, wächst das heterogene Sextett alsbald zusammen.

Von der US-Kritik wurde Table 19 tendenziell negativ aufgenommen. Begreiflich ist das allerdings kaum. Das Werk von Jeffrey Blitz vermag gewiss keine neuen Maßstäbe im Bereich der Tragikomödie zu setzen; manche Szenen – zum Beispiel das gemeinsame Kiffen, um sich als Gruppe näherzukommen und um Wahrheiten offen auszusprechen – wirken allzu formelhaft. Dennoch mutet der Film weit weniger wie eine der zahllosen konfektionierten Indie-Produktionen an, die mit ihren längst etablierten Standards auf erzählerischer und inszenatorischer Ebene fast ebenso kühl kalkuliert erscheinen wie die kostspieligere Hollywood-Ware. Vielmehr erinnern die Geschichte und deren Umsetzung an eine Art von Kino, das zwischen aufwendig-teuren Event-Movies und ganz niedrig budgetierten Arbeiten fast verschwunden ist: das sogenannte „mid-budget adult-oriented motion picture“. Table 19 lässt an Lawrence Kasdans Der große Frust (1983) oder an John Hughes‘ She’s Having a Baby (1988) denken – Filme, in denen (überwiegend) leiser Humor auf ernsthafte, jedoch nie übertrieben melodramatische Momente trifft und die von Figuren bevölkert sind, die bei aller Typisierung stets als Charaktere erkennbar werden. Eloise, Jerry, Bina und die übrigen Gäste kommen als Träger_innen eindeutiger Funktionen und Eigenschaften zur Feier – um dann im Laufe der Handlung größtenteils zu interessanten, komplexen Menschen zu werden. Der nach einer Freundin suchende Renzo sowie der exzentrische Walter bleiben dabei am ehesten noch Drehbuchgestalten; zwischen und in den anderen Beteiligten offenbaren sich indes nervig-komplizierte (und deshalb rundum glaubwürdige) sowie auch ziemlich überraschende Spannungen. Die Balance zwischen Witz und Stille gelingt Blitz, der die Story zusammen mit den Brüdern Mark und Jay Duplass entwickelte, überaus gut: Wenn etwa die Hochzeitstorte unseligerweise zu Schaden kommt, wird dies keineswegs als billiger Gag ausgebeutet; stattdessen wird nicht minder intensiv das Traurig-Ärgerliche dieser Situation herausgearbeitet. Nichts ist jemals nur Komödie oder Tragödie; alles ist leider beziehungsweise zum Glück immer beides zugleich.

Table 19 lebt zudem vom schönen (Zusammen-)Spiel seines Ensembles. Anna Kendrick schafft es seit jeher – ob nun in netten Comedy-Nummern wie Pitch Perfect oder völlig unstimmigen Action-Reißern wie The Accountant –, den ihr eigentümlichen, energischen Charme an den Tag zu legen; auch hier sieht man ihr sehr gern zu, lacht und weint mit Eloise – und wundert sich mit der jungen Frau über einen emotionalen Twist, den eine zunächst eher antagonistisch gezeichnete Figur vollzieht. Ebenso wissen – durchaus erwartungsgemäß – June Squibb (Nebraska) und Lisa Kudrow (Friends) in ihren Rollen zu überzeugen, während Craig Robinson nach Morris aus Amerika abermals zeigen kann, dass er auch die weniger lauten Töne beherrscht. Diese Schauspiel-Runde macht Table 19 zu einer unterhaltsam-melancholischen Party, der man – egal auf welchen Plätzen – mit Vergnügen beiwohnt.
 

Table 19 - Liebe ist fehl am Platz (2017)

Zu Beginn von „Table 19“ demonstriert der Regisseur und Drehbuchautor Jeffrey Blitz seine Fähigkeit des visuellen Erzählens: Wenn die Protagonistin Eloise (Anna Kendrick) die Einladung zur Hochzeit ihrer (einstmals) besten Freundin Francie (Rya Meyers) erhält, werden uns ihre ambivalenten Gefühle in einem herrlichen kleinen Kabinettstück zur Anschauung gebracht, in welchem Eloise so rasant vom Zu- zum Absage-Kreuzchen (und wieder zurück) wechselt und sich nach dem spontanen Anzünden der Karte doch noch zum Abschicken entschließt, dass die irritierte Braut letztlich eine extrem kryptische Rückmeldung aus dem Briefumschlag zieht.

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Meinungen

Rebecca · 01.11.2021

Insgesamt gar nicht so schlecht. Die Gruppe am Tisch 19 finde ich gut. Aber die Einblendungen zum Podium der Hochzeits Feier, also was am Podium passiert ist für Europa nicht wirklich richtig. Weil Romeo und Julia haben zwar so eine große Liebe, dass sie gemeinsam sterben wollen, wobei es auf Anhieb nicht ganz funktioniert, aber ein Happy End ist das sicher nicht. Da müsste man andere Werke von Shakespeare bemühen, und es gibt welche mit Happy End. Und dass dabei Menschen singen, die besser nicht performen sollten. Also insgesamt im Detail verbesserungswürdig.