Supermensch - Wer ist Shep Gordon? (2013)

Eine Filmkritik von Stephan Langer

Das Leben inszeniert als unterhaltsames Produkt

Mike Myers und Shep Gordon lernten sich 1991 kennen, als Myers für Wayne’s World an die Tür des Musikmanagers für einen Alice Cooper-Song klopfte. 22 Jahre später nun erzählt Gordon allerhand unterhaltsame Geschichten aus seinem Leben in und jenseits von der Musikindustrie oder Hollywood und Myers macht daraus sein Debüt als Regisseur. Supermensch – Wer ist Shep Gordon? ist das Porträt des gleichnamigen, in Insiderkreisen der Glitzer- und Glamourwelt des Showbusiness geschätzten Star-Managers.

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Gegenüber des mythologisierenden Originaltitels Supermensch – The Legend of Shep Gordon ist das Wort „Legende“ im deutschen Titel nicht mehr enthalten, trotzdem fällt mit der Wortschöpfung „Supermensch“ auf, dass Myers und der Film bei Gordons Charakter für den Berufszweig besondere, sprich menschliche Eigenschaften festgestellt hat. Die oberflächliche Welt des Showbusiness ist nach außen nicht gerade bekannt für solche Eigenschaften. Passend dazu die Wortschöpfung im Titel: das Wort „Mensch“ kommt aus dem Jiddischen und geht über eine reine Beschreibung hinaus. Es wertet die gemeinte Person als „ehrenwert“ und „aufrichtig“. Für alle, die das immer noch nicht überzeugt, bekräftigt Myers im Interview: „Shep is the nicest person I’ve ever met, hands down.“ So sehr Gordon auch mit Strippen ziehen und Geschäfte machen beschäftigt war, so sehr hat er doch immer die ihn umgebenden Personen als Menschen behandelt. Das hat sich offensichtlich ausgezahlt, betrachtet man die Vielzahl an Kollegen und Bekanntschaften, die sich im Film in glühender Verehrung über ihn äußern.

Dramaturgisch ist Supermensch – Wer ist Shep Gordon? in drei Teile gegliedert, die mit „Hedonismus“, „Altruismus“ und „Spiritualität“ betitelt werden können. Im ersten Teil gibt sich Gordon ganz einem ausschweifenden Leben hin, angereichert mit einer Ladung Sex und Drogen. Später kommentiert er dazu aus dem Off, dass ihm die ganze Musikindustrie nichts bedeute, dass er Menschen begegnet ist, die der Ruhm zerstört hat (u.a. Jim Morrison, Janis Joplin oder Jimi Hendrix). Im zweiten Teil beschließt Gordon, sich mehr auf sein eigenes Glück zu besinnen, anstatt sich konstant für alle seine Mitmenschen aufzuopfern. Er sehnt sich nach einer „Familie“, kümmert sich um die Kinder seiner Ex-Frau (d.h. er kauft ihnen ein Haus), die überraschend verstirbt. Gegen Ende seines Lebens ist er dann weiser geworden, hat seine spirituelle Erfüllung im Buddhismus gefunden und den Dalai Lama getroffen. Damit ist der Spannungsbogen des Films abgeschlossen, die Katharsis ist vollbracht, Gordon ist von allen schädlichen Leidenschaften gereinigt und lebt ein scheinbar glückliches Leben.

Was Zweifel an diesem Glück schürt, ist die Machart des Films: er doppelt genau die Taktik, mit der Shep Gordon immer Erfolg in seinem Leben hatte und die seinen Charakter tief geprägt hat: er produziert gezielt Bilder, genauso wie Gordon aus Menschen Bilder bzw. Produkte gemacht hat, um sie auf einem Markt anzubieten. Viele Szenen aus Gordons Vergangenheit sind in Form von Reenactments in die Filmerzählung eingegangen. Zuerst erliegt man dem Eindruck, als hätte immer genau in dem Moment in Gordons Leben jemand mitgefilmt, wenn es zu einer erzählenswürdigen Geschichte kommt. Scheinbar zu allen Anekdoten existieren begleitende Bilder. Nicht nur das: sogar die Lippenbewegungen der Menschen in den vermeintlichen Archivbildern gleichen dem parallel laufenden Kommentar Gordons. Er synchronisiert sozusagen seine eigene Vergangenheit: die Menschen von damals sprechen seine Worte von heute, die Worte also, die Gordon ihnen retrospektiv in den Mund legt. Auf diese Weise wird ein bestimmtes Bild der Vergangenheit reinszeniert, nämlich das, an welches sich Gordon selbst erinnert. Damit kommt die Frage auf, wie viel der Erzählung eines Menschen wie Gordon, dessen Haltung und Lebensstrategie durch und durch kapitalistisch geprägt und an Medienmechanismen ausgerichtet und der Herstellung von diesbezüglichen Produkten orientiert ist, wie viel davon authentischer Bericht und wie viel clevere Kalkulation für das zu vermarktende Filmprodukt ist. Gordon versichert zusätzlich an einer Stelle, er habe kein Interesse an Ruhm. Ironischerweise sagt er diesen Satz in einer abendfüllenden Dokumentation über sein eigenes Leben. Der Frage des Filmtitels, wer denn der Mensch Shep Gordon sei, wird durch das Dargebotene eher subjektiv verschleiert als wirklich auf den Grund gegangen. Bei der Charakterisierung ist kein einziger kritischer Zwischenton zu hören, was kaum glaubwürdig erscheint.

Regisseur Myers sagt in einem Interview, dass obwohl der Film sich knietief im Showbusiness bewege, es doch vor allem ein Film über Familie sei. Dieser Satz bekommt eine ironische Färbung, wenn Gordon gegen Ende ernsthaft krank zu Hause in seinem Bett liegt, aber keiner seiner Familie neben ihm sitzt, um ihn zu unterstützen und sich um ihn zu kümmern. Auch seine Kinder, denen er ein Haus gekauft hat, sind nicht da. Statt dessen ist seine bezahlte Angestellte als Einzige anwesend. Die Thematik der Familie ist in den Lebenszusammenhängen von Gordon durchaus spannend und hätte mehr ausgeschöpft werden können. Das hätte zwiefelsohne den Ton des Films verändert. Die Liebe nämlich (und damit auch die Familie), von der in Supermensch – Wer ist Shep Gordon? gesprochen wird, ist keine bedingungslose, sondern immer geknüpft an Geld oder Ruhm. Auch wenn der Film noch so sehr versucht, ein sanftes Licht auf das Haifischbecken Musikindustrie zu werfen und den Mythos von echten Freundschaften zu inszenieren, bleibt ein schaler Beigeschmack zurück. Die dezidiert unkritische Lobhudelei des Films lässt Shep Gordon als guten Menschen zurück, doch damit steht er am Ende trotz allem ganz schön alleine da.
 

Supermensch - Wer ist Shep Gordon? (2013)

Mike Myers und Shep Gordon lernten sich 1991 kennen, als Myers für „Wayne’s World“ an die Tür des Musikmanagers für einen Alice Cooper-Song klopfte. 22 Jahre später nun erzählt Gordon allerhand unterhaltsame Geschichten aus seinem Leben in und jenseits von der Musikindustrie oder Hollywood und Myers macht daraus sein Debüt als Regisseur. „Supermensch – Wer ist Shep Gordon?“ ist das Porträt des gleichnamigen, in Insiderkreisen der Glitzer- und Glamourwelt des Showbusiness geschätzten Star-Managers.

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