Sharknado 2: The Second One

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Flying Hai

Das Disaster-Movie Sharknado – Genug gesagt! war so etwas wie der beste schlechteste Film des Jahres 2013: Die US-TV-Produktion, die dank des entstandenen Hypes sogar durch etliche Lichtspielhäuser wirbeln durfte, bot eine absurde Prämisse (Haie + Tornado = Super-Katastrophe!), eine dilettantische Umsetzung mit einer Unzahl grober Fehler und käsiger Tricks – und ließ viel verblasste Nineties-Prominenz aus einstigen Kino- und Fernseh-„Sternstunden“ (z.B. Baywatch, Beverly Hills 90210, Kevin – Allein zu Haus und American Pie) inmitten des albernen CGI-Fiaskos herumwuseln. Man kann nicht behaupten, dass die Welt auf dieses Werk gewartet hatte – es sorgte allerdings für aufgeregtes virtuelles Gezwitscher und bescherte zahlreichen amüsierwilligen Leuten lustig-doofe DVD-Abende. Sharknado war gewissermaßen der Sondermüll im Wust des Trash-Kosmos – ein Triumph des Nonsense und ein monströses „anything goes“ der notorischen Low-Budget-Movie-Schmiede The Asylum, die den Film im Auftrag des TV-Channels Syfy hergestellt hatte.
Und nun: die Fortsetzung! Deren Entstehung lag natürlich irgendwie nahe, warf im Vorfeld aber auch unweigerlich eine Frage auf: Wie, bitte schön, sollte dieser Irrsinn denn noch übertroffen werden? In den Sequels zum Horrorklassiker Der weiße Hai konnte das Fressverhalten des titelgebenden Knorpelfischs zunehmend drastischer und das ganze Drumherum von Mal zu Mal bombastisch-blöder werden – bis der hungrige Hai im Finale des vierten (und letzten) Teils so spektakulär explodierte, dass vom großen Fischerboot der Protagonisten nur noch ein paar vereinzelt umhertreibende Bretter übrig blieben. Doch da sich die Sharknado-Macher Anthony C. Ferrante (Regie) und Thunder Levin (Drehbuch) schon in Teil 1 von jedweder Logik und jedweder Zurückhaltung befreit hatten, war für den Nachfolger nichts Geringeres als eine XXL-Portion Wahnwitz vonnöten.

Und fürwahr – Sharknado 2 ist nicht bloß „more of the same“, sondern kann durchgängig mit einer Dreistigkeits-Steigerung aufwarten – und erweist sich dabei gar als grelle Genre-Parodie, die den beherzten Griff in die Witzkiste wagt. Mit seinem Brachialhumor lehnt sich dieser Action-Horror-Comedy-Mix über weite Strecken an die schrillen Werke des Filmemacher-Trios Zucker/Abrahams/Zucker an – was gleich zu Beginn durch ein Gastspiel von Robert Hays (bekannt aus dem ZAZ-Ulk Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug) untermauert wird: Wenn die (echte!) Wetter-Lady der Today-Show von einer hohen „Hai-Niederschlagsrate“ zu berichten weiß und ihre Kollegen daraufhin ausgiebig über dieses absonderliche meteorologische Phänomen fachsimpeln oder wenn der Kopf der Lady Liberty munter durch die Straßen rollt und dabei Aktentaschen-fixierte Business People niederwalzt, ist das einfach nur herrlich bescheuert. Zwar muten einige Pointen allzu gewollt an – doch überraschend viele der grotesken Einfälle, die hier abgefeuert werden, funktionieren tatsächlich ziemlich gut (bzw. schlecht „in a good way“).

Die fatale Kombination aus heftigem Sturm und beißwütigem Hai-Schwarm ereignet sich diesmal in New York City statt in Los Angeles. Der Ex-Surfer-Dude und Ex-Strand-Bar-Besitzer Fin (Ian Ziering) gilt seit seinem couragierten Einsatz in Teil 1 als Held und reist mit seiner ehemaligen Gattin April (Tara Reid) in den Big Apple, um dort Aprils Ratgeber How to Survive a Sharknado (!) zu promoten und seine Schwester samt Familie zu besuchen. Doch schon der Flug wird zum blutigen, mies animierten Riesen-Debakel, da ein erneuter Sharknado böse Verwüstungen an Bord anrichtet. Die Eskalation und Zerstörung nimmt ihren Lauf, als das Killerhai-reiche Unwetter über der Stadt losbricht: Ehe es zum Showdown auf dem Empire State Building kommt, sind die Bewohner weder zu Fuß noch auf dem Citi-Bike, in der U-Bahn, im Pizzaladen, Hotel oder Baseballstadion vor den herbeigewirbelten fiesen Fischen sicher.

Über die schauspielerischen Leistungen könnte man gewiss so manche Hässlichkeit äußern – man kann das Ganze aber auch positiv sehen. Tara Reid (einst dank der American Pie-Reihe auf gutem Wege in den Hollywood-Mainstream) wirkte im ersten Teil noch so, als verfluche sie ihren Agenten sowie jede einzelne Karriereentscheidung, die zur Teilnahme an Sharknado geführt hatte; nun hingegen legt sie sich durchaus ins Zeug und scheint sich in ihrer Rolle als Action-Trash-Heroine mit wehenden Extensions und schockierter, gleichwohl tapferer Miene zu gefallen. Recht früh muss April hier den Verlust eines Körperteils verschmerzen, findet letztlich aber effektiven Ersatz dafür. Ian Ziering (der einigen Zuschauern womöglich noch als recht nerviges Mitglied der schnieken Beverly Hills 90210-Clique in Erinnerung geblieben ist) hatte wiederum bereits in Teil 1 sichtliche Freude an seinem Part; mit markigen Sprüchen und Urschreien kann er die Tough-Guy-Attitüde (auch dank Slomo-Moves und Kettensäge) weiterhin auskosten und eine sagenhaft dämliche Pathos-Rede halten. Überdies vollführen diverse B- bis D-Berühmtheiten Mini-Auftritte, die meist zwischen Selbstdekonstruktion und Selbstbegeisterung schwanken: so etwa der Vater von Skandalnudel Miley Cyrus, die lilahaarige Tochter von Metal-Godfather Ozzy Osbourne, diverse Soap-Sternchen, Komiker, Musiker und Sportler. Als Ärzte, Stewardessen, Trottel-Cops, Möchtegern-Helden oder Panik-Bürger stürzen sie sich mit Aplomb ins große Tohuwabohu – was oft von beträchtlichem Unterhaltungswert ist.

Was hier freilich fehlt, ist ein gewisser naiver Charme, über den viele andere B- und C-Streifen verfügen (oder den man in diesen Werken doch zumindest zu entdecken glaubt bzw. hofft). Sharknado 2 ist ohne Zweifel ein genau kalkulierter Cheapo-Hit der Kulturindustrie. Sofern man bereit ist, das zu akzeptieren, kann man (unter der Voraussetzung, dass man eine hohe Trash-Affinität mitbringt) 90 Minuten Spaß haben.

Sharknado 2: The Second One

Das Disaster-Movie „Sharknado – Genug gesagt!“ war so etwas wie der beste schlechteste Film des Jahres 2013: Die US-TV-Produktion, die dank des entstandenen Hypes sogar durch etliche Lichtspielhäuser wirbeln durfte, bot eine absurde Prämisse (Haie + Tornado = Super-Katastrophe!), eine dilettantische Umsetzung mit einer Unzahl grober Fehler und käsiger Tricks – und ließ viel verblasste Nineties-Prominenz aus einstigen Kino- und Fernseh-„Sternstunden“ (z.B. „Baywatch“, „Beverly Hills 90210“, „Kevin – Allein zu Haus“ und „American Pie“) inmitten des albernen CGI-Fiaskos herumwuseln.
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