Seashore

Eine Filmkritik von Verena Schmöller

Blau ist eine Farbe

Eigentlich hätte Tomaz (Maurício Barcellos) bei der Hochzeit seiner Cousine sein sollen. Eigentlich hatte das seine Mutter von ihm verlangt. Doch dann ist Tomaz mit seinem besten Freund Martin (Mateus Almada) weggefahren. Im Süden Brasiliens soll Martin eine Erbschaftsangelegenheit seines Vaters klären. Vor Ort erweist sich das jedoch als schwierig. Die Verwandten hegen einen unerklärlichen Groll gegen Martins Vater. Sie sind wütend, dass er seinen Sohn schickt und sich nicht selbst stellt. Deshalb verweigern sie Martin die nötigen Dokumente.
So bleiben die Teenager erst einmal allein. Zwei Jungs, die durch den Tag und vor allem durch die Nacht streifen. Die Kamera fängt ihr Driften sehr diskret ein. Häufig sehen wir nur die Brust und die Halspartie. Eine körperliche Vorahnung schwingt hier schon mit, die sich später sehr deutlich entladen wird. Dann aber verliert dieser sehr atmosphärische Coming-of-Age-Film seine Dichte und Leidenschaft.

Die brasilianischen Regisseure Filipe Matzembacher und Marcio Reolon interessieren sich in Seashore für die stillen Verschiebungen der Gefühlswelten der beiden Jungs und dringen sehr tief in die Teenagerwelt ein. Martin und Tomaz wohnen in einem verlassenen Haus am Meer. Und obwohl sie viel Platz haben, hocken sie sich immer in irgendwelche unbequemen Ecken. Sie flüstern, obwohl sie das nicht müssten. Denn noch können sie sich nicht jene Freiheit nehmen, nach der sie und ihre Körper verlangen. Martin hindert das traumatische Verhältnis zu seinem dominanten und harten Vater, der seinen Sohn mit Angst erzieht. Deshalb fürchtet er das Meer. Bei Tomaz ist es wiederum das Begehren gegenüber Martin. Tomaz liebt seinen besten Freund. Aber wie von dem Unsagbaren sprechen?

Diese emotionalen Sackgassen brechen langsam auf. Zunächst auf einer Party mit Mädchen, Alkohol und Drogen. Im Spiel (Flaschendrehen) werden plötzlich Möglichkeiten durchdacht, die sich sonst keiner getraut hätte auszusprechen. Tomaz muss sich die Haare blau färben lassen, muss für fünf „himmlische Minuten“ mit Martin in den Schrank und dann mit einem der Mädchen ins Bett. Natürlich ist er der einzige, der nicht mit ihr schlafen wird. Erst als die beiden Jungs wieder alleine sind, kommt es zu einer Konfrontation ihrer unterdrückten Gefühle.

Doch dabei verliert der Film auch etwas von seiner Intensität und seiner Reife. Aus der interessanten Coming-Of-Age-Variante wird eine recht gewöhnliche Coming-Out-Geschichte. Das ist nicht schlimm aber dann doch etwas schematisch. Und wir merken: Manchmal ist blau eben doch einfach nur eine Farbe.

Seashore

Eigentlich hätte Tomaz (Maurício Barcellos) bei der Hochzeit seiner Cousine sein sollen. Eigentlich hatte das seine Mutter von ihm verlangt. Doch dann ist Tomaz mit seinem besten Freund Martin (Mateus Almada) weggefahren. Im Süden Brasiliens soll Martin eine Erbschaftsangelegenheit seines Vaters klären. Vor Ort erweist sich das jedoch als schwierig. Die Verwandten hegen einen unerklärlichen Groll gegen Martins Vater. Sie sind wütend, dass er seinen Sohn schickt und sich nicht selbst stellt. Deshalb verweigern sie Martin die nötigen Dokumente.
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