Pop Aye

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Der thailändische Architekt Thana (Thaneth Warakulnukroh) ist in seinem Leben an einem Punkt angelangt, an dem ein innerer Kurswechsel ansteht. Dreißig Jahre ist es her, dass er das moderne Gebäude Gardenia Square in Bangkok entwarf – nun soll es abgerissen werden. Der junge Kollege aus seiner Firma drängt ihn unbarmherzig beiseite bei der Planung des ebenfalls prestigeträchtigen Neubauprojekts. Auch Thanas Ehe mit Bo (Penpak Sirikul) steckt in einer Sackgasse. Thana, der einst als junger Mann vom Land in die Hauptstadt kam, sehnt sich nach Onkel Peak (Narong Pongpab), bei dem er aufwuchs. Wo sind die Werte und die Wurzeln, die dauerhaft Kraft spenden können? Plötzlich steht auf einem Seitenweg mitten in der Stadt, wie auf ihn wartend, ein Elefant vor Thana. Für Thana besteht kein Zweifel, dass es sich um seinen alten Freund Popeye handelt, den er als Junge von seinem Onkel anvertraut bekam. Er kauft ihn seinem Besitzer ab und nimmt ihn mit nach Hause, was Bo allerdings als einen Trennungsgrund betrachtet. Und so machen sich Thana und Popeye, für die Bangkok nicht der richtige Ort zum Leben ist, zu Fuß auf den Weg zu Onkel Peak in der Provinz Loei.
Das Roadmovie, mit dem die in Singapur aufgewachsene Regisseurin Kirsten Tan ihr Spielfilmdebüt gibt, blickt mit leiser Melancholie auf ein Land in tiefgreifendem Wandel. Wie ist es um die thailändische Gesellschaft und Kultur bestellt, wenn der traditionell als Glückssymbol verehrte Elefant kaum noch einen Platz in der vom Menschen beanspruchten Landschaft hat? Thana und Popeye gehen auf einer Asphaltstraße entlang, die von Strommasten und -leitungen gesäumt ist. In einer Bar am Straßenrand tobt sich abends eine abstoßende Neonlicht-Ästhetik aus. Draußen auf dem Land hört man die Zikaden und Grillen, aber die Stimmung der Wanderer bleibt unentschieden und korrespondiert mit dem alltäglichen Dunstschleier, der selbst das Wetter undefinierbar erscheinen lässt. Die Melancholie wird von dezentem Humor abgeschwächt. Der Elefant übernimmt eine schauspielerische Rolle, gibt manchmal muntere Laute von sich. Dass er eine Persönlichkeit ist, offenbart sich nicht erst in der späten Szene, die seiner Perspektive zu folgen scheint.

In den Begegnungen mit Menschen unterwegs geht es immer wieder um die Anziehungskraft Bangkoks, um Jugendträume, das Glück auf Zeit. Rückblenden folgen Thana in seine Kindheitserinnerungen, als er ein Fan der TV-Serie Popeye war, nach deren Held er den Elefanten taufte. Ein paralleler Handlungsstrang folgt der in Bangkok gebliebenen Bo, die sich plötzlich auch heimatlos fühlt. Die Geschichte aber verweigert sich Thanas Sehnsucht nach emotionaler Geborgenheit. Zwar scheint sich die Zeit an manchen Stationen träge zu verlangsamen, aber die Begegnungen selbst bleiben flüchtig, muten trotz rührender Momente wie ein unsicherer Brückenschlag an.

Obwohl das Gegensatzpaar Wandel und Tradition und die sinnliche Qualität der Bilder einen Vergleich mit Werken des thailändischen Regisseurs Apichatpong Weerasethakul (Cemetery of Splendour) nahelegen, überwiegen dabei die Unterschiede. Kirsten Tan bleibt der Ebene der Realität verhaftet und beschränkt alles Surreale auf Anspielungen, die eher witzig als ernst gemeint sind. Das Roadmovie ist kaum von westlichen Produktionen zu unterscheiden und legt Wert auf globale Verständlichkeit.

Die Filmmusik verweist direkt auf die westliche Kinokultur. Sie erinnert abwechselnd an Neowestern, Gaunerkomödien der Siebzigerjahre oder gefühlige Boulevardstücke. Auch das heutige Kino tut gut daran, sich seiner Wurzeln und vor allem der Aufbruchsstimmung zu besinnen, die es einst kennzeichnete. Die Ideale von früher leben in Erinnerungen weiter, auch wenn die Realität sie längst korrumpiert haben mag.

Pop Aye

In ihrer Kindheit waren sie Freunde, doch dann trieb sie das Leben auseinander — bis sie sich nach 50 Jahren wiederfinden in den Straßen Bangkoks. Thana ist ein vom Leben gezeichneter und frustrierter Architekt und Popeye… ein Elefant. Damals musste Thanas Familie das Tier verkaufen, um ihrem Sohn den Besuch einer Schule zu ermöglichen. Als sich die beiden zufällig begegnen und der Mann das Tier wieder erkennt, begeben sich die beiden gemeinsam auf eine Reise zu der Farm, auf der sie beide glücklichere Tage verlebten.
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