Petting Zoo

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Erwachsenwerden in Texas

Micah Magees Langfilmdebüt Petting Zoo ist ein Jugenddrama. Es geht darin um eine ungewollte Schwangerschaft kurz vor dem Highschool-Abschluss, verständnislose Eltern, den Verlust einer wichtigen Bezugsperson sowie um Freundschaft, Liebe und eine ungewisse Zukunft. Das mag nach Überfrachtung klingen, doch das Indie-Werk ist so unaufgeregt in Szene gesetzt, dass die Fülle von Konflikten und emotionalen Lagen niemals wirklichkeitsfern erscheint. Auf abrupte Momente der Dramatik folgt oft das erstaunlich Banale – so etwa auf ein Geständnis, das in jeder Seifenoper zum cliffhanger taugen würde, der gemeinsame Kauf von Katzenfutter.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht die 17-jährige Layla (Devon Keller). Die Schülerin lebt in einem Vorort von San Antonio bei ihrem slackerhaften Freund Danny (Kiowa Tucker), sinniert mit ihrer besten Freundin Melanie (Deztiny Gonzales) über die Gründung einer Girlband – und erhält dank ihrer guten Zensuren die Möglichkeit, durch ein Stipendium an der University of Texas in Austin zu studieren. Nach einem Streit mit Danny zieht Layla zu ihrer Großmutter (Adrienne Harrell) in eine Wohnwagensiedlung, wo auch ihr Onkel Doug (Cory Criswell) mit seiner Frau Jeanie (Emily Lape) und seinen zwei kleinen Söhnen wohnt und gebrauchte Autos verkauft. Dann erfährt Layla, dass sie schwanger ist. Ihre konservativen Eltern untersagen ihr, eine Abtreibung vornehmen zu lassen – und so versucht Layla, sich mit ihrer Situation zu arrangieren. Als sie auf einem Konzert den netten Aaron (Austin Reed) kennenlernt, verschweigt sie ihre Schwangerschaft zunächst.

Mit Petting Zoo beweist Magee eine hervorragende Beobachtungsgabe. Die Absolventin der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin befasst sich mit ihrem Heimatort und skizziert mit wenigen Strichen die Lebenswelt ihrer Protagonistin. Etliche Details – etwa über Laylas Familie – erschließen sich erst allmählich und meist recht beiläufig; manches bleibt gänzlich unbeantwortet. Trotz der elliptischen Erzählweise, bei der zentrale Ereignisse ausgelassen werden, fühlt man sich als Zuschauer_in der adoleszenten Heldin stets verbunden. Wie die Regisseurin und Autorin ist auch Layla eine aufmerksame Beobachterin; immer wieder fängt die Kamera von Armin Dierolf ein, wie die junge Frau ihre Umgebung in Augenschein nimmt – sei es zu Hause beim Blick aus dem Fenster, in der Mittagspause auf dem Schulhof oder in der Natur. Dies trägt dazu bei, dass den zahlreichen Kamerablicken auf Layla nichts Objektivierendes anhaftet. In der Bildgestaltung gelingen Magee und Dierolf wirkungsvoll komponierte Einstellungen, aus denen sich viel über Laylas Verhältnis zu ihrem Umfeld herauslesen lässt – beispielsweise in zwei Szenen, die Layla jeweils in einer Konfliktsituation am Arbeitsplatz (erst im Callcenter, später bei einer Fast-Food-Kette) zeigen.

Devon Keller, die hier in ihrer ersten Kinorolle zu erleben ist, liefert eine eindrückliche coming-of-age-Performance, in welcher die gelegentlich aufblitzende Rebellion ebenso glaubhaft ist wie das häufige Erdulden, das Layla im Verlauf der Handlung an den Tag legt. Aus etlichen kleinen Momenten entsteht ein facettenreicher Charakter – wenn Layla etwa einerseits dem verliebten Blick von Aaron beim zweisamen Schwimmen nicht standhalten kann und deshalb untertaucht, um andererseits später bei der ersten gemeinsamen sexuellen Erfahrung überaus selbstbewusst die Führung zu übernehmen. Der Aaron-Darsteller Austin Reed erweist sich zudem als charismatisches Gegenüber. Die Passagen, die sich den aufkeimenden Gefühlen zwischen Layla und Aaron widmen, sind voller Zärtlichkeit; dennoch ist Petting Zoo kein Film, bei dem sich durch eine neue Liebe alles in Wohlgefallen auflöst. Im letzten Drittel ist es vielmehr eine andere, unerwartete Person, die Layla Halt gibt – eine Figur, die zuvor nur schemenhaft am Rande auftauchte. Magees Werk folgt keiner klassischen Dramaturgie; wie seine Protagonistin ist es feinsinnig, freigeistig und zutiefst sympathisch.

Petting Zoo

Micah Magees Langfilmdebüt „Petting Zoo“ ist ein Jugenddrama. Es geht darin um eine ungewollte Schwangerschaft kurz vor dem Highschool-Abschluss, verständnislose Eltern, den Verlust einer wichtigen Bezugsperson sowie um Freundschaft, Liebe und eine ungewisse Zukunft. Das mag nach Überfrachtung klingen, doch das Indie-Werk ist so unaufgeregt in Szene gesetzt, dass die Fülle von Konflikten und emotionalen Lagen niemals wirklichkeitsfern erscheint.
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Meinungen

wignanek-hp · 23.05.2016

Ein wunderschöner Film, der sehr wahrhaftig ist.!