My Week with Marilyn

Eine Filmkritik von Peter Gutting

Nobody trifft schönste Frau der Welt

Sie machte es niemandem einfach, weder ihren Ehemännern noch vielen ihrer Regisseure. Wie schwierig und zugleich genial Marilyn Monroe sein konnte, darüber gibt es zahlreiche Berichte. Zwei davon stammen von dem britischen Filmemacher Colin Clark. Der war zu Beginn seiner Karriere dritter Assistent von Regisseur und Starschauspieler Laurence Olivier, als dieser 1956 mit Marylin die Komödie Der Prinz und die Tänzerin drehte. Von den Dreharbeiten und von Clarks kurzer Romanze mit der damals berühmtesten Frau der Welt handelt My Week with Marilyn. Michelle Williams wagte sich an die Darstellung der Ikone und erhielt dafür eine Oscar-Nominierung.
Marylin Monroe hat gerade zum dritten Mal geheiratet und ihre eigene Produktionsfirma gegründet, als sie in London landet. Die Zusammenarbeit mit dem berühmten Charakterdarsteller Laurence Olivier (Kenneth Branagh) bietet ihr die Chance, noch stärker als seriöse Schauspielerin wahrgenommen zu werden. Das von Ängsten und Selbstzweifeln geprägte Leben des Sexsymbols scheint sich endlich einmal positiv zu entwickeln, aber in Wahrheit geht es bergab. Olivier verzweifelt an den Launen der Diva, die nichts Besseres zu tun hat, als das Notizbuch ihres Mannes zu lesen, des berühmten Schriftstellers Arthur Miller (Dougray Scott). Der fühlt sich von der Kindfrau ausgesaugt, kann nicht mehr arbeiten und bereut die Heirat. Es kommt zum Streit, Miller reist zurück nach Amerika. Kaum ist er weg, findet Marilyn Gefallen an dem jungenhaften Colin Clark (Eddie Redmayne), einem 23-jährigen, so süß und unschuldig wie es der Filmstar in seinen guten Momenten ebenfalls sein kann. Mit ihm spricht sie sich aus, geht in freien Stunden auf Sightseeing-Tour und badet nackt im See.

Entgegen dem Titel behandelt My Week with Marilyn nicht nur das kurze Abenteuer, von dem unklar bleibt, ob es platonische Liebe, bloße Spielerei oder verzweifelte Suche nach ein wenig Aufmerksamkeit war. Einen ebenso großen Raum widmet der konventionell gebaute und inszenierte Film den Spannungen während der Dreharbeiten. Hier betont er über weite Strecken die Vorstellungen, die man sich so von einer launischen Diva macht: exzessive Verspätungen, ebenso ausschweifender Alkohol- und Tablettenkonsum und eine Anfälligkeit für Wehwehchen jeglicher Art, die wohl nicht nur einen Ordnungsfanatiker wie Laurence Olivier in den Wahnsinn getrieben hätten.

Auch sonst hat es den Anschein, als wollten Regisseur Simon Curtis und Drehbuchautor Adrian Hodges so viel wie möglich aus Marilyns sonstigem Leben in die kurze Zeitspanne packen: die Lust an ihrer Wirkung auf Männer, aber auch das Hadern mit der von ihr geschaffenen Kunstfigur und die ständige Suche nach einer als Kind vermissten Anerkennung. Der Film geht dabei leider nicht in die Tiefe, sondern reißt lediglich die Themen an, die das öffentliche Bild von „MM“ sowieso prägen.

Was bleibt, ist die kongeniale Einfühlung von Michelle Williams in ihre Figur. Die Schauspielerin ahmt die Bewegungen und Gesten der großen Stilikone derart perfekt nach, dass zuweilen der Eindruck entsteht, ihr gelänge die einzigartige Kombination von Berechnung und Unschuld sogar besser als dem Original. Das gilt auch für die wenigen gelungenen Takes während des Films im Film, in denen ihre umwerfende Leinwandpräsenz dem Regisseur den Atem raubt. Vielleicht wäre es sogar besser gewesen, sich auf diesen Aspekt einer widersprüchlichen und facettenreichen Arbeitsbeziehung zu konzentrieren als auf die wenig ausbaufähige Konstellation „Nobody trifft schönste Frau der Welt“. Denn die schwierigen Seiten der Marilyn Monroe waren zugleich ihre künstlerisch wertvollsten.

My Week with Marilyn

Sie machte es niemandem einfach, weder ihren Ehemännern noch vielen ihrer Regisseure. Wie schwierig und zugleich genial Marilyn Monroe sein konnte, darüber gibt es zahlreiche Berichte. Zwei davon stammen von dem britischen Filmemacher Colin Clark. Der war zu Beginn seiner Karriere dritter Assistent von Regisseur und Starschauspieler Laurence Olivier, als dieser 1956 mit Marylin die Komödie „Der Prinz und die Tänzerin“ drehte.
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Meinungen

wignanek-hp · 23.04.2012

Wer von den Kritikern behauptet, Michelle Williams sei an der Rolle der Marilyn grandios gescheitert, sollte sich fragen, wieviel Projektion in dieser Beurteilung steckt. Die Figur Marilyn Monroe war eine von Norma Jean Baker erfundene Kunstfigur. Und die Männer haben ihre Vorstellung von Weiblichkeit fleißig auf sie projiziert. Jeder hat da wohl etwas anderes gesehen. Wenn nun Michelle Williams eine Interpretation dieser Figur wagt, hat sie wohl ihre eigene Sicht auf Marilyn. Und man kann nicht behaupten, dass sie gescheitert ist, nur weil sie die Projektionen der Männer nicht erfüllt. Williams ist grandios in der Rolle. Zeitweise verschwimmen sogar Fiktion und Realität. Sie vermittelt einen Eindruck davon, was es bedeutete, in dieser Zeit ein Star in Hollywood gewesen zu sein, ein Zugpferd, das niemals schlapp machen darf, weil so viele davon abhängig sind. Da spielt es keine Rolle, ob man auf der Suche nach dem persönlichen Glück scheitert, Hauptsache man funktioniert.

Wilma Keller · 19.04.2012

Genial gespielt