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Eine Frau, ein Mann und seine Gang. Sie lebt alleine, er verkündet ihr, sie werden sie ausrauben und vergewaltigen, nachdem sie ihnen Essen gekocht hat. Damit scheint alles klar. Aber die Männer haben sich mit Marlina das falsche Opfer ausgesucht … 

Marlina - Die Mörderin in vier Akten (2017)

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Eine Hühnersuppe mit Folgen

Es ist ein Anfang wie im Western: Weite, trockene, staubige Landschaften sind zu sehen. Inmitten der Hügel liegt ein einsames Haus mit einigem Vieh dahinter. Ein Fremder nähert sich diesem Haus. Und hier liegt dann der erste Bruch mit den Western-Konventionen: Er sitzt nicht auf einem Pferd oder von Pferden gezogen Wagen, sondern auf einem knatternden Motorrad. Als er vor dem Haus hält, streift sein Blick kurz einen Grabstein, dann klopft er an der Tür. Eine Frau öffnet ihm – und er drängt sich nach kurzem Geplänkel in das Innere. Marlina (Marsha Timothy), die Hausbesitzerin, lässt es geschehen und so steht der Fremde in diesem Haus und verkündet, dass bald seine Bande folgen wird. Sie werden Marlinas Vieh stehlen, sie wird ihnen Essen kochen und dann werden sie sie vergewaltigen. Bei all dem sitzt die mumifizierte Leiche von Marlinas Ehemann in der Ecke – und Marlina fragt, was die Männer denn essen wollen.

Aber dieser erste Eindruck sollte nicht täuschen, denn Marlina ist kein wehrloses Opfer, dieser Film keine weitere misogyne rabenschwarze Komödie. Vielmehr beginnt Mouly Suryas Marlina – Die Mörderin in vier Akten in diesem ersten Akt als veritabler Rachewestern, in dem Marlina nicht passiv bleibt, sondern sich ihr Zorn nicht nur angesichts der angekündigten Gewalt entlädt. In den folgenden drei Akten dann bleibt zwar die Landschaft, die an den Western erinnert, doch der Ton verändert sich, der Film entwickelt sich immer mehr zu einem Rachedrama in voller Konsequenz. Im zweiten Teil macht sich Marlina mit dem Kopf des Eindringlings auf den Weg zur Polizei. Hier trifft sie ihre hochschwangere Bekannte Novi (Des Panendra), die nach ihrem Mann sehen will, der glaubt, dass die verspätete Geburt beweist, dass sie sexuell untreu ist. Also droht er, sich von ihr abzuwenden. Denn die Männer auf der Insel Sumba in Indonesien glauben sich immer im Recht – sei es bei den Verbrechen, in den Beziehungen oder im Irrglauben.

Doch wird Marlina weder Gerechtigkeit erfahren noch Novi ihren Mann von ihrer Treue überzeugen. Es gibt für Frauen in der dieser durch und durch patriarchalen Gesellschaft Indonesiens nichts, es sei denn, sie holen es sich selbst. Deshalb spielen die Polizisten lieber weiter Tischtennis, deshalb hat Novis Mann keine Skrupel, seine hochschwangere Frau in den Sand zu stoßen. Gewalt gegen Frauen ruft Gleichgültigkeit seitens der Männer hervor, dabei unterstreicht die gewaltige Landschaft die Hilflosigkeit dieser Frauen. Alle Menschen wirken hier hart und unnahbar, so als hätten die Sonne und die Hitze ihre Gefühle weitgehend ausgebrannt und fiele ihnen sogar das Atmen schwer. Diese Landschaft bietet – wie die Gesellschaft – keinerlei Zuflucht oder Schutz. Nur einen kurzen Moment lang darf Marlina zur Ruhe kommen, als sie in einem provisorischen Restaurant mit einem jungen Mädchen sitzt. Aber letztlich gibt es für sie – und die anderen Frauen dieses Films – nur einen Weg zur Erlösung: Sie müssen selbst handeln und die Macht über ihr Leben zurückgewinnen. Deshalb wird die Gewalt in diesem Film auch nicht zelebriert, sondern vielmehr als notwendiger Akt inszeniert.

Marlina – Die Mörderin in vier Akten ist ein wundersamer, knallharter Film, der mit den Konventionen verschiedener Genres auf die Gesellschaft in Indonesien blickt. Sehenswert.
 

Marlina - Die Mörderin in vier Akten (2017)

Marlina (Marsha Timothy) lebt in einem abgeschiedenen Haus auf der indonesischen Insel Sumba. Eines Tages erhäkt sie Besuch von einem Mann namens Markus (Egy Fedly), der ankündigt, dass seine Gang folgen wird. Sie werden sie ausrauben und vergewaltigen, aber vorher wird sie ihnen Essen kochen. Marlina scheint keine Wahl zu haben, als Markus zu gehorchen. Aber die Männer haben die Rechnung ohne Marlina gemacht … 

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