Love Crime

Eine Filmkritik von Martin Beck

Die Wahl der Waffen

Love Crime hatte man eigentlich schon fast vergessen, lief der Film doch nur auf dem Fantasy Filmfest 2010. Jetzt, stolze drei Jahre später, wird der Film direkt im Heimkino abgeladen – und das auch nur, weil Anfang Mai Passion in den Kinos startet, das von Brian De Palma inszenierte amerikanische Remake.
Der Grund, warum Love Crime einen so undankbaren Lebenslauf besitzt, offenbart sich bereits nach wenigen Minuten: Der Film handelt von Rache, Verrat, Sex und Mord und gibt sich dabei betont unaufgeregt. Will heißen: Das hier ist der Anti-Basic Instinct, so nüchtern erscheint die Inszenierung, so „neutral“ werden die Geschehnisse in dezent langweilige Fernsehbilder gekleidet.

Regisseur Alain Corneau, der wenige Wochen nach Beendigung des Films verstarb, bricht zumindest bis zum letzten Drittel konsequent mit Genre-Erwartungen. Love Crime erzählt vom Machtkampf zweier Business-Ladies (Ludivine Sagnier und Kristin Scott Thomas), die sich wortwörtlich bis aufs Messer bekriegen und damit automatisch einen typischen Brian De Palma-Film evozieren. Der hier aber so weit an der Leine bleibt, dass Passion als tatsächlich mal sinnvolles Remake erscheint.

Alain Corneau war entweder unfähig, der Geschichte einen adäquaten Rahmen zu geben, oder wollte bewusst den Fokus auf die beiden Hauptfiguren und ihre wechselvolle Beziehung zueinander legen. Isabelle (Sagnier) ist zunächst die brave Assistentin von Marketing-Schlange Christine (Scott Thomas), doch irgendwann platzt ihr der Kragen und sie schlägt zurück – wahlweise als eisiger Todesengel, zittrige Pillendreherin oder perfekt manipulierende Femme Fatale.

Love Crime
bezieht seinen Reiz vorwiegend aus dem Tauziehen dieser Frauen, wobei das langsame Tempo beiden Schauspielerinnen genügend Raum für große Momente lässt. Kristin Scott Thomas hat sichtlich Spaß als personifizierter Ellbogen und Ludivine Sagnier bekommt so viel Platz in ihrer Rolle, dass die Metamorphosen zu einer echten Herausforderung werden – auch für den Zuschauer, der die teilweise völlig widersprüchlichen Wesenszüge nur begrenzt nachvollziehen kann.

Filme mit zwei starken Frauen in den Hauptrollen sind selten genug für interessierten Grundapplaus, aber darüber hinaus kämpft Love Crime mit Problemen, die gerne auch mit der Konditionierung des Zuschauers zu tun haben. Inmitten einer hypermodernen Büro-Umgebung wäre es doch eigentlich ein Leichtes, „dreckige“ Gegenpole aufzubauen, nur müsste man dafür natürlich auf pulpige Knöpfe drücken und nicht ein seltsam distanziertes Nebeneinander aus Chrom und Blut auftischen.

Das perfekte Verbrechen bleibt bei Love Crime bis zum Ende in der Schwebe und mäandriert zu lange zu einem zu kleinen „pay-off“. Aus Thriller-Sicht ist bei dem Film nicht allzu viel zu holen, so dass man nur zu gerne den Rettungsanker „Schauspielerkino“ ergreift und sich darüber dann mindestens noch ein bisschen mehr auf Brian De Palma freut. Reduziertes Klappern zugunsten kleiner großer Gesten in allen Ehren, aber hier würde es wirklich helfen, mindestens einer der beiden Frauen mal eine blutverschmierte Axt in die Hand zu drücken. Und sie damit, genauso schweißgebadet wie irre, weit ausholen zu lassen.

Love Crime

„Love Crime“ hatte man eigentlich schon fast vergessen, lief der Film doch nur auf dem Fantasy Filmfest 2010. Jetzt, stolze drei Jahre später, wird der Film direkt im Heimkino abgeladen – und das auch nur, weil Anfang Mai „Passion“ in den Kinos startet, das von Brian De Palma inszenierte amerikanische Remake.
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