Logan Lucky (2017)

Und er macht es wieder

Eigentlich hatte Steven Soderbergh vor einiger Zeit öffentlichkeitswirksam das Ende seiner Karriere als Kinofilmregisseur erklärt. Glücklicherweise konnte er aber diesem Drehbuch nicht widerstehen und hat nun mit Logan Lucky einen cleveren und sehr unterhaltsamen Film über einen Raubzug gedreht.

Das ist ein Schritt, der gleichsam zwingend und mutig erscheint. Mit Die Kehrseite der Medaille, Out of Sight und der Ocean’s-Trilogie hat Soderbergh in den vergangenen Jahren das Subgenre des heist movies geprägt wie kein zweiter: die elegant-lockere Inszenierung, die Rückschritte, die nachgereichten Erklärungen, die smarten Räuber – all das kennen wir aus seinen Filmen. In Logan Lucky aber verzichtet er nicht nur auf George Clooney, sondern auf jeglichen Glanz und Glamour: Jimmy Logan (Channing Tatum) ist ein gescheiterter Footballheld. Einst war er der Star eines kleinen Ortes in West Virginia, aber eine Knieverletzung hat sämtliche Hoffnungen auf ein Stipendium und eine erfolgreiche Zukunft zunichtegemacht. Also war er erst als Minenarbeiter tätig und hat zu Beginn des Films gerade seinen Job bei der Untertunnelung des Charlotte Motor Speedway verloren. Natürlich wegen seines Knies. Auch sonst läuft es nicht richtig gut: Seine Ex-Frau Bobbi Joe (Katie Holmes) plant mit seiner Tochter Sadie (Farrah Mackenzie) und ihrer neuen Familie einen Umzug nach Tennessee, sein jüngerer Bruder Clyde (Adam Driver) hat im Irak-Krieg einen Arm verloren und erträgt nun als Barkeeper regelmäßig den Spott seiner Gäste. Aber Clyde glaubt, dass sei eben alles auf das legendäre Pech der Logans zurückzuführen. Denn einzig Schwester Mellie (Riley Keough) scheint mit ihrem Leben ganz zufrieden zu sein. Doch nun hat Jimmy einen Plan: Er will mit seinem Wissen über das unterirdische Geldtunnelsystem des Charlotte Motor Speedway einen Überfall während eines Rennens begehen und jede Menge Bargeld abstauben. Das können die Logans nicht alleine bewerkstelligen, sondern sie brauchen die Hilfe von Joe Bang (Daniel Craig). Und damit zeigt sich der erste von einigen Haken: Joe Bang sitzt gerade im Gefängnis und sie müssen ihn für die Zeit des Überfalls „befreien“. Diese Idee haben eigentlich nur Wahnsinnige – oder Verzweifelte. Aber Jimmie ist überzeugt, er habe alles durchdacht …

Keine schicken Anzüge, kein Geld, keine technologischen Hilfsmittel, keine professionellen Diebe – Logan Lucky ist, wie Steven Soderbergh selbst anmerkte, das Gegenteil der Ocean’s-Filme. Jimmy Logan und seine Komplizen sind durchschnittliche Menschen, tief verwurzelt im Süden der USA. Dabei deutet sich lediglich am Anfang an, dass es Soderbergh möglicherweise mit der Ironie und seinen Figuren übertreiben könnte. Aber glücklicherweise werden sie nicht zu Karikaturen, sondern bleiben trotz aller gelegentlich übertriebenen Akzente und ihrer Exzentrik in dem Leben in den Südstaaten verhaftet. Das ist eine große Stärke des Films: Er erzählt von dem Leben dort, von dem Niedergang der Kohleindustrie, von Patriotismus, Schönheitswettbewerben und NASCAR-Begeisterung, ohne diesen Lebensstil als Anlass zu Witzen, Satire oder Herablassung zu nehmen. Vielmehr wird hier singen John Denvers Take me home, country roads mit Inbrunst und ohne Ironie gesungen, während die Menschen gleichzeitig vom Bergabbau kontaminiertes Wasser trinken. Sie haben ihre Jobs verloren, aber nicht ihren Lebensstil. Es liegt eine Brechung in diesen Figuren, eine desillusionierte Komponente, die aber nicht zu Bitterkeit führt, sondern eine tiefgehende Sympathie offenbart. Dazu kommt eine Kamera, die immer genau so viel zeigt und verrät, wie viel man zu diesem Zeitpunkt wissen muss. Dabei spielt sie ebenso wie das Drehbuch mit Einschätzungen und Erwartungen, die regelmäßig beeinflusst und enttäuscht werden. Jedoch ist hier niemand verliebt in seine eigene Cleverness, muss niemand mehr beweisen, wie cool er ist. Dieser Film kennt die Konventionen, er schätzt die Wirkungen von guten Montagen und versteht es, innerhalb dieser Muster immer wieder zu überraschen.

Dazu trägt neben der Bildgestaltung das Drehbuch auf, das laut offiziellen Angaben von Rebbeca Blunt stammt. Es ist ihr erstes Drehbuch – und es gibt erhebliche Zweifel an ihrer Identität. Angeblich wurde sie in Logan, West Viriginia geboren und laut Presseheft von Channing Tatums Aufwachsen im Süden und seiner Knieverletzung, die ihn ein Footballstipendium kostete, zu dieser Geschichte inspiriert. Aber sie gibt keine Interviews, über sie ist kaum etwas zu finden und so hat sich der hartnäckige Verdacht entwickelt, dass Rebecca Blunt entweder ein Pseudonym für Steven Soderberg oder dessen Ehefrau Jules Asner ist. (angeblich wurde es gegenüber The Playlist bestätigt ). Es wäre nicht das erste Mal, dass Steven Soderbergh unter einem anderen Namen eine Aufgabe bei seinen Filmen übernimmt. Schließlich führte er seit Traffic die Kamera als Peter Andrews und besorgte seit Solaris den Schnitt als Mary Ann Bernard. Aber abgesehen davon würde eine Drehbuchautorin dem Film, einem männlich dominierten Subgenre wie den heist movies und dem Thriller im Allgemeinen gut zu Gesicht stehen. Zumal Logan Lucky mit wenigen Mitteln durchaus interessante Frauenfiguren schafft. Katie Holmes als Ex-Frau wirkt wie die typische Southern Belle, die mehr an ökonomischen Aufstieg als an Glück interessiert war und nun ihre Tochter zu Schönheitswettbewerben schickt. Aber in wenigen Momenten zeigt sich hinter dieser überkandidelten Fassade auch sehr viel Herz. Logans Tochter nimmt mit dem gleichen Ernst an diesen Schönheitswettbewerben teil wie sie ihrem Vater bei der Reparatur seines Trucks hilft. Und schließlich ist Mellie Logan zwar hübsch und Friseurin, ist aber auch eine hervorragende Fluchtfahrerin und wird von Riley Keough mit einer sehr lässigen Coolness gespielt. Hier entzieht sich der Film allzu eindeutigen Zuschreibungen, obwohl er insgesamt dennoch weitaus mehr an dem männlichen Personal interessiert ist. Und auch hier zeigt sich, dass Soderbergh ein Gespür für eine gute Besetzung hat. Insbesondere Channing Tatum zeigt wieder einmal in einem Soderbergh-Film, das er mühelos der leading man sein kann.

Insgesamt lässt sich daher festhalten, dass der Plot sicherlich nicht neu ist – aber das ist er bei einem heist movie nie. Aber dank der Besetzung und der cleveren Inszenierung ist Logan Lucky ein Film, der fürchterlich viel Spaß macht.
 

Logan Lucky (2017)

Die beiden ziemlich abgebrannten Brüder Clyde und Jimmy Logan (Adam Driver und Channing Tatum) wollen während des Coca Cola Cups, einem berühmten NASCAR-Rennen in North Carolina, ein ganz großes Ding drehen, das sie als perfekte Ablenkung für ihren raffiniert geplanten Diebeszug unter der Erde sehen. Denn sie wollen die Beute mithilfe eines ausgeklügelten Tunnelsystems unter der Rennstrecke in Sicherheit bringen. Doch für ihre Zwecke müssen die beiden erst noch den Safeknacker Joe Bang (Daniel Craig) aus dem Gefängnis befreien.

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