Life (2015)

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Bilder zum Ruhm

Mit seinem ersten Spielfilm Control über den Joy Division-Sänger Ian Curtis hat Regisseur Anton Corbijn eine Künstlerbiographie vorgelegt, in der die Bildsprache sowohl das Getriebene und das Widerspruchsvolle des Protagonisten als auch die Zeit und die Branche hervorragend widerspiegelte. Deshalb waren die Erwartungen an ein weiteres Biopic von Corbijn sicherlich hoch, zumal er in Life von der Freundschaft zwischen James Dean und dem Magnum-Fotografen Dennis Stock erzählt – eine Beziehung, die den Mythos James Dean und die Karriere von Dennis Stock entscheidend geprägt hat.

Der Film beginnt im Jahr 1955. James Dean (Dane DeHaan, The Place Beyond The Pines) hat gerade Jenseits von Eden abgedreht, als er auf einer Party von Regisseur Nicholas Ray dem Fotografen Dennis Stock (Robert Pattinson, Bel Ami) begegnet. Dennis macht hauptsächlich Pressebilder am Set; Standbilder, die die Studios verwenden können. Er träumt von einer eigenen Ausstellung und will als Künstler wahrgenommen werden. James Dean sieht sich hingegen bereits als Künstler, er hat am Theater in New York gespielt und ist nun in Los Angeles gelandet, um ein Star zu werden – obwohl er mittlerweile daran zweifelt, dass es die richtige Entscheidung war. Schon bei ihrer ersten Begegnung sieht Dennis etwas in James und beschließt, ein Fotoessay über ihn zu machen, das er an das Life-Magazin verkaufen will.

Es dauert eine Weile bis es zu der Zusammenarbeit kommt, dazwischen liegen Gespräche und Erlebnisse von den Protagonisten, in denen sie näher charakterisiert und die Zeit porträtiert werden soll. Beide wissen nicht, was sie vom Leben wollen. James hadert mit den Möglichkeiten und Erwartungen. Dennis sucht hingegen eine Chance sich endlich zu beweisen. James vermisst seine verstorbene Mutter, Dennis musste zu jung Verantwortung für sein Kind übernehmen und hat sich ihr bisher — abgesehen von finanzieller Unterstützung — weitgehend entzogen.

Life könnte nun die Freundschaft dieser Männer oder die Geschichte James Deans erzählen, bevor er ein Star wurde. Oder der Fotograf Anton Corbijn könnte einen Film über einen Fotografen drehen, über die Bedeutung der Fotografie und die Möglichkeiten dieses Mediums. Doch Life will das alles sein und ist deshalb nichts wirklich. Dane DeHaan strengt sich zu sehr an James Dean möglichst ähnlich zu sein, sich ähnlich zu bewegen, zu gucken, zu rauchen, zu sprechen. Dadurch nähert er sich nicht der Figur an, sondern bleibt ein Schauspieler, der lediglich versucht James Dean zu spielen. Robert Pattinson muss einem berühmten Vorbild weitaus weniger entsprechen – schließlich wissen die wenigsten wie Dennis Stock aussah, geschweige denn gewirkt hat – aber es gelingt ihm nicht, den Konflikt dieser Figur auch nur annähernd anders auszudrücken als in den Worten, die ihm das Drehbuch vorgibt.

Doch nicht nur die Schauspieler sind in ihren Bemühungen der Zeit zu entsprechen, zu angestrengt. Auch die Bilder versuchen allzu offensichtlich heutige Vorstellungen vom Hollywood der 1950er Jahre einzufangen. Der Himmel hat das vermeintlich typische Türkisblau, alle Bilder haben einen gefilterten Retrostich, nur auf James Deans heimatlicher Farm in Indiana ist etwas von Corbijns eigener Bildsprache zu erkennen. Hier überzeugen manche Einstellungen mit ihrem Sinn für Einsamkeit und Verlorenheit; und sagen mehr über das Leben aus, als alle Worte es könnten. Doch im gesamten Film ist im Gegensatz zu Corbijns vorhergehenden Filmen seine künstlerische Vision kaum zu erkennen. Vielmehr scheinen die fotografischen Vorbilder ihn eher zu lähmen denn zu inspirieren. Und das ist bedauernswert. Denn für einen Film mit einer Laufzeit von über zwei Stunden sind einige überzeugende Momente einfach zu wenig.
 

Life (2015)

Mit seinem ersten Spielfilm „Control“ über den „Joy Division“-Sänger Ian Curtis hat Regisseur Anton Corbijn eine Künstlerbiographie vorgelegt, in der die Bildsprache sowohl das Getriebene und das Widerspruchsvolle des Protagonisten als auch die Zeit und die Branche hervorragend widerspiegelte.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen