Let Us Prey

Eine Filmkritik von Gregor Ries

Alle haben Leichen im Keller

Schon die ersten Einstellungen von Brian O’Malleys Debüt Let Us Prey geben die makabere Stimmung vor, in der sich der apokalyptische Thriller in Folge bewegt: Dunkle Wolken ziehen heran, heftige Wellen peitschen an den Strand und ein bärtiger Fremder wandert über ausgestorbene Straßen, begleitet von krächzenden, deutlich digital animierten Raben. Dazu werden die unheilschwangeren, stilisierten Credits von einem treibenden, elektronischen Score vorangetrieben. Schnell wird deutlich, dass finstere Mächte im nächtlichen schottischen Städtchen Inveree im Anmarsch sind.
Wer der mysteriöse Besucher (Liam Cunningham) mit dem schwarzen Notizbuch voller durchgestrichener Namen wirklich ist, wird niemals zur Gänze erläutert. Seine übersinnlichen Fähigkeiten kommen aber schon bald zum Einsatz, als er vor dem Auto eines jugendlichen Rasers auftaucht und wieder verschwindet. Nachdem wenig später eine Polizeistreife den Unbekannten im langen Mantel aufgegriffen und ihn zwecks Feststellung seiner Personalien auf die Wache gebracht hat, weisen seine Fingerabdrücke auf einen längst verblichenen Mann hin.

Zusammen fallen die mysteriösen Ereignisse mit dem Dienstantritt der neuen Polizistin Rachel Heggie (Pollyanna McIntosh). Zunächst wird die junge Beamtin kaum ernst genommen – erst recht nicht von ihrer rabiaten Kollegin Jennifer Mundie (Hanna Stanbridge). Selbst ihr Vorgesetzter Sgt. MacReady (Douglas Russell) spart nicht mit zynischen Bemerkungen. Nach und nach zeigt sich, dass sowohl drei Beamte als auch die beiden Gefängnisinsassen, zu denen sich noch ein Arzt gesellt, einiges zu verbergen haben.

Schnell wird die Marschrichtung von Let Us Prey erkennbar: Im Stil der Ten Little Indians entlarvt der Bibelverse zitierende Racheengel die Leichen im Keller seiner Mitmenschen und setzt sie unter Druck. Obwohl die Ausgangssituation an John Carpenters Assault – Anschlag bei Nacht erinnert, kommt die Belagerung dieses Mal nicht von außen, sondern von innen. Die Bedrohung in den eigenen vier Wänden ignorierend, lassen die Charaktere die Möglichkeit zu ihrer Erlösung verstreichen.

Dass Brian O’Malley trotz der vorhersehbaren Story die Spannung zu halten versteht, liegt an der trefflich aufgebauten, düsteren Atmosphäre, den teils monochromen Bildern, einer präzisen Dramaturgie mit kurzen Rückblenden, welche die Vorgeschichten der Charaktere enthüllen, sowie der passenden Besetzung. Akteure wie Liam Cunningham (Game of Thrones), Polyanna McIntosh (The Girl, Love Eternal) oder Douglas Russell (A Lonely Place to Die) sind mit makaberen, abwegigen Sujets bestens vertraut und können darstellerisch trotz ihrer mitunter klischeehaften Rollen bestehen.

Dass O’Malley auf Realismus wenig Wert legt, macht schon der Beginn deutlich, wenn Rachel Heggie das Auto des verhafteten jungendlichen Rasers mitten auf der Straße stehen lässt, sich beim Showdown kein Passant blicken lässt oder die Polizisten keinen Gedanken an die rechtlichen Konsequenzen ihres schändlichen Treibens verschwenden. Schwerer wiegen einige Übertreibungen im letzten Drittel, was nicht allein auf manche Gewaltspitze zutrifft. Dieser Umstand bereitete Let Us Prey schon Schwierigkeiten bei der Freigabe für den späteren Heimkino-Einsatz. Davon abgesehen zählt das dicht inszenierte Debüt zu den besseren Beispielen aus dem britisch-irischen Horrorsektor.

Let Us Prey

Schon die ersten Einstellungen von Brian O’Malleys Debüt „Let Us Prey“ geben die makabere Stimmung vor, in der sich der apokalyptische Thriller in Folge bewegt: Dunkle Wolken ziehen heran, heftige Wellen peitschen an den Strand und ein bärtiger Fremder wandert über ausgestorbene Straßen, begleitet von krächzenden, deutlich digital animierten Raben.
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