Kong: Skull Island (2017)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

King Kongcalypse Now

Kong: Skull Island setzt die Tradition der Hollywood-Studios fort, sich einen jungen Indie-Filmemacher einzukaufen, der dann für sie einen fetten Blockbuster umsetzen soll. Die Ergebnisse dieser Versuche sind eigenartige Chimären aus Anspruch und Kommerz, da auch der beste Indie-Regisseur in der Hollywoodmaschinerie nicht alles umsetzen kann, was er sich vorstellt. Jordan Vogt-Roberts (Kings of Summer) präsentiert nun mit seinem ersten hoch budgetierten Film Kong: Skull Island ein Werk, das an dieser Spannung zwischen normierter Action-Unterhaltung und erhofftem Anspruch fast zerreißt.

Eine Erneuerung des King-Kong-Mythos für das Kino ist grundsätzlich ein etwas schwieriges Unterfangen, liegt der Reiz der Story doch vor allem in seinen Schauwerten. Ganz wie Godzilla und andere Kinomonster ist die schiere Größe und der damit verbundene Exotismus das erste, was ins Auge fällt, ja fallen muss, um Zuschauer in die Geschichte hineinzuziehen. Das war bei der ersten amerikanischen King-Kong-Verfilmung im Jahr 1933 noch viel einfacher als jetzt, da Special und Visual Effects und Überdimensioniertes im Blockbuster-Kino die Norm und nicht die Ausnahme sind. Doch King Kong hat noch ein weiteres Problem: die Frage der Werktreue. Die originale Geschichte beinhaltet auch eine zwischenartliche Liebesgeschichte zwischen dem einsamen Riesenmenschenaffen und einer jungen, sehr passiven, aber verständnisvollen Frau. Eine Modernisierung muss also her und Vogt-Roberts hat diese zusammen mit den beiden Drehbuchautoren Dan Gilroy (Das Bourne Vermächtnis) und Max Borenstein (Godzilla) auch durchgeführt. Das Ergebnis ist zwiespältig, aber nicht uninteressant.

Die geheime Monarch-Organisation (die schon in Godzilla eine Rolle spielte und wohl schon sanft auf den geplanten Godzilla vs. Kong-Film vorbereitet) unternimmt im Jahr 1973, ganz kurz nach dem Ende des Vietnamkrieges für die USA, eine geheime Mission zu einer unbekannten Insel im Südpazifik. Mit dabei sind Bill Randa (John Goodman), der Expeditionsführer von Monarch, James Conrad (Tom Hiddleston), ein ehemaliger Soldat und jetziger Führer und Fährtenleser, die Fotojournalistin Mason Weaver (Brie Larson) sowie Colonel Packard (Samuel L. Jackson), der zusammen mit einer Hubschrauber-Einheit direkt aus Vietnam kommt und einen letzten Auftrag übernehmen soll. Außerdem mit dabei: ein Haufen Menschen, die entweder alsbald sterben, eh nichts zu sagen haben oder beides. Angeblich geht es um die Entdeckung des letzten unbekannten Gebietes, doch bei der Ankunft werden als erstes seismische Bomben geworfen, die King Kong sofort auf den Plan rufen. Der fühlt sich in seinem Revier gestört und schreddert sogleich alle Helikopter und das halbe Expeditionsteam. Doch Kong ist nicht das einzige überdimensionierte und gefährliche Tier auf Skull Island.

Was tun, wenn ein Riesengorilla das Publikum vermutlich nicht mehr ins Kino lockt? Aufstocken! Kong: Skull Island zielt auf Spektakel – und zwar noch mehr als Godzilla, in dem nicht nur die Riesenechse, sondern auch gleich das Muto auf den Plan gerufen wurde. Auf der Insel wimmelt es nur so von riesigen Tieren, die bis auf das gemütliche Riesen-Gnu alle nur eines wollen: Menschen töten. Die Skull-Island-Fauna ist dabei keineswegs willkürlich gewählt, sondern ein buntes Potpourri an Filmreferenzen, die sich vor allem aus mythologischen Tieren, den Ray-Harryhausen-Stop-Motion-Geschöpfen und Dämonen, die an die Kreaturen aus Prinzessin Mononoke erinnern, speisen. Ein paar wenige davon sind überraschend, der Rest bekannt. Ihre schiere Menge und ihr oft recht willkürliches Auftreten machen sie jedoch eher zu einem manchmal unfreiwillig komischen Exzess oder zu einer überdimensionalen Markierung, dass wieder Zeit für eine Action-Sequenz ist.

Auch die zwischenartliche Love-Story hat ein Update bekommen. Weaver ist zwar bei Weitem nicht eine superaktive Frau, sie ist allerdings auch nicht mehr das kreischende Weibchen der 1930er Jahre. Vielmehr besetzt sie hier eine interessante moralische Rolle. Immer wieder erfasst sie das Geschehen durch ihre Kamera, deren Perspektive der Film einnimmt, und addiert so eine Ebene, die von Action und Abenteuer entfernt und eher kritisch auf sie schaut. Weaver ist ein Verbindungsglied durch Empathie. Ihre Rolle ist es, Beziehungen herzustellen. Von Mensch zu Affe, aber auch zwischen den Menschen, denn die Gruppe, die Skull Island hier aufsucht, ist stark zweigeteilt in Wissenschaftler und Soldaten. Beide sind auf ihre Art skrupellos und nur Weaver sowie ab und an auch Conrad scheinen einen empathischen Blick auf die Situation zu behalten.

Weit ab davon sind allerdings die Soldaten rund um Colonel Packard. Sowohl die Figuren als auch ihr Auftreten und ihre Inszenierung sind so unverhohlen marktschreierisch Klone von Francis Ford Coppolas Apocalypse Now, dass ihre Verortung in einem Monsterfilm anfänglich hochgradig verstörend ist. Die Idee King Kong, als Metapher für den Vietnamkrieg zu nehmen, ist dabei gar nicht so weit hergeholt. Wieder bedient sich Vogt-Roberts hier am Godzilla-Vorbild, das ja die japanischen Traumata der Atombombe und des Zweiten Weltkrieges symbolisch mitverarbeitet. Allerdings funktioniert das hier nicht annähernd so gut. Das liegt vor allem daran, dass Packard und Co. so gar keine Dreidimensionalität haben, sondern jeder dieser Männer für einen Stereotyp des Vietnamkriegsfilms stehen muss, anstatt menschlich sein zu dürfen. Und so stapfen sie wie Zinnsoldaten durch die Kongsche Insel, die natürlich immer wieder und so plakativ wie möglich auf die Erfahrungen im vietnamesischen Dschungel rekurrieren.

Auf allen Ebenen vom Drehbuch bis hin zur Ausstattung hat Kong: Skull Island also große Intentionen, die auch durchaus interessant und klug im Ansatz sind. Aber in ihrer Umsetzung passen alle nicht zusammen und ersaufen schlussendlich im Hollywood-Blockbuster-Bla-Bla.

P.S.: 20 Minuspunkte für die absurd exotisierte Darstellung der einheimischen Indios der Insel, die nicht mal einen Satz sagen dürfen, dafür aber den Weißen immer zustimmend zunicken, wenn diese in Englisch bzw. Deutsch etwas Kluges sagen.
 

Kong: Skull Island (2017)

„Kong: Skull Island“ setzt die Tradition der Hollywood-Studios fort, sich einen jungen Indie-Filmemacher einzukaufen, der dann für sie einen fetten Blockbuster umsetzen soll. Die Ergebnisse dieser Versuche sind eigenartige Chimären aus Anspruch und Kommerz, da auch der beste Indie-Regisseur in der Hollywoodmaschinerie nicht alles umsetzen kann, was er sich vorstellt.

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Meinungen

Martin Zopick · 31.07.2022

Sowie ein neuer King Kong auf der Leinwand auftaucht, hat er die Assoziationen zum ersten von Schoedsack und Cooper aus dem Jahre 1932 im Gefolge. Hier hat sich Jordan Vogt-Roberts mit einem ganz anderen Tenor an den Stoff gewagt.
Er lässt das Ende des 2. Weltkrieges, die Nixon Ära und den Vietnamkrieg anklingen und eine Promi-Riege aufmarschieren. Der Aufbau ist auch anders: wir erleben King Kong gleich mitten drin in der Action: als Helikopter fangendes Ungetüm. Mehrere Gruppierungen nähern sich Kong. Es sind Zivilisten (unter Tom Hiddleston, John Goodman und John Reilly), sowie das Militär (unter Samuel L. Jackson). Die Eingeborenen spielen eine untergeordnete Rolle.
Neu sind hier die Riesenfabelwesen (Echsen und Wasserbüffel) mit denen Kong kämpft. Das sind zugleich die Highlights des Films, die auch noch etwas Spannung aufkommen lassen. Die Botschaft dieses Films lautet: es gibt viele Kings wie Kong, aber nur der Mensch ist wirklich ein echter King. Und damit noch etwas Beauty neben den martialischen Kämpfen der Riesenmonster rüberkommt, hat das Drehbuch noch zwei Schönheiten eingesetzt: Brie Larson und Jing Tian.
Kong ist hier ganz Kraftprotz, der den Menschen auch noch hilft, indem er die anderen Monster killt. So gibt es auch keine Emotionen zwischen ihm und der weißen Frau und so geht dem Film eine gehörige Portion Charme verloren. Nur einmal liegt Brie reglos in seiner Riesenhand. Auffällig sind dabei die verschiedenen Größeneinstellungen von Kong und Mensch. Das relativiert die Unterschiede etwas und vermindert den Reiz.