Jason Bourne (2016)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Der Rest ist Schweigen

Drei Filme lang, zwei davon unter der Regie von Paul Greengrass, suchte Jason Bourne (Matt Damon) seine Identität. In „The Bourne Identity“ (2002) – noch von Doug Liman – wurde er im Mittelmeer mit Schusswunden und einer ausgeprägten Amnesie angespült. Schon bald bemerkte er aber außergewöhnliche kognitive Skills und unglaubliche kämpferische Leistungen. Die CIA und diverse Auftragskiller waren hinter ihm her, es kam zu zahlreichen Morden, Kämpfen und Verfolgungsjagden, während er, stets mit Hilfe einer jungen Frau (mal Franka Potente, mal Julia Stiles), weltweit nach den Puzzleteilen seiner Identität suchte. Mit Greengrass‘ The Bourne Ultimatum (2007) war diese Suche dann abgeschlossen. Bourne erfuhr, dass er eigentlich Daniel Webb und ein top ausgebildeter Killer ist, der im Auftrag der CIA arbeitete. Daraufhin zog er sich zurück und ward nie mehr gesehen. Doch nun, neun Jahre später, ist er wieder da. Die Frage ist: warum? Hatte Matt Damon nicht selbst im Jahr 2007 gesagt, dass der Weg der Figur abgeschlossen ist?

Doch die Suche nach der Identität und die Lösung des Rätsels hat Bourne nicht den Frieden gebracht, den er sich erhoffte. Fortan lebt er ohne Aufgabe und Ordnung, dafür mit einem ausgeprägten posttraumatischen Stresssyndrom in Griechenland, wo er, dank der superben CIA-Ausbildung, sein Geld mit Straßenkämpfen verdient, die er stets gewinnt. Dann taucht Nicky Parsons (Julia Stiles) wieder auf – mit Informationen, dass ein neues CIA-Top-Killer-Programm aufgestellt werden soll. In ihrem Schlepptau gerät Bourne wieder auf den Schirm der Agency. Auf das Zusammentreffen von Parsons und Bourne folgt die zum Filmauftakt obligatorische riesige Actionszene mit Verfolgungsjagd, deren Ende auch das Ende der Hoffnung auf einen Film ist, der sich dem inzwischen gut durchgespielten Genre einmal anders widmet.

Stattdessen wird ab da ganz hart und mit viel ernsthafter Betonung, die manchmal schon ins alberne mündet, das Schema F, Unterordnung „Agententhriller nach 9/11“ mit einer Prise „Post-Snowden-Wikileaks“, durchgezogen. Und zwar genau so, dass man stets exakt weiß, was als nächstes passieren wird. Zuerst entledigt man sich, wie in den Teilen vorher, der Frau, die alles für den Titelhelden geopfert hat. Julia Stiles darf den Märtyrertod auskosten, allein weil das die Formel Bourne eben beinhaltet. Und vielleicht auch, weil sie zu alt ist. Ersetzt wird sie sofort durch eine neue Agentin mit Herz in Form von Alicia Vikander. Ansonsten bedarf es noch eines stilisiert skrupellosen Killers, einem mächtigen Boss (quasi der Endgegner, ganz wie im Videospiel), der vor allem durch Macht und Korruption agiert, und zwei weiterer Actionsequenzen mit Autojagden, Handgemengen und Zweikämpfen.

All dies liefert der Film wie am Schnürchen, mit einem Bourne, der noch weniger sagt als in den Teilen davor. Ganze 25 Sätze sollen es sein, die Matt Damon hier auswendig lernen musste. Der Rest ist Schweigen, Starren und Prügeln. Dabei schmerzt vor allem das verschwendete Potential des Filmes, denn die Grundidee bietet Platz für einen hervorragenden psychologisierten Einblick in diese Figur, die ja eigentlich einen besonderen Platz in diesem Genre hat. Denn es ist vor allem Greengrass zu verdanken, dass Jason Bourne und die zwei Vorgängerfilme das Agentengenre aus der Hyperstilisierung hin zu einer Art Realismus geführt haben, der von Greengrass‘ hektischen Schnitten, dem Fehlen ständig vor sich hin wummernder Musikbetten und der Arbeit mit der Handkamera lebt. Doch die Hinführung zum Realismus endet beim Drehbuch, das nur andeutet, was in diesem Mann wohl vor sich geht, und in einer Ästhetik, die hier im dritten von Greengrass gedrehten Teil so überhandnimmt, dass sie die Geschichte fast völlig überdeckt und sich selbst zum Klischee macht, das dazu noch unfassbar dick aufgetragen wurde. Eine Reduktion, eine Überarbeitung, ein Neubedenken wären hier nötig gewesen und hätten den Film und die ganze Reihe zu neuen Höhen treiben können. Doch letztendlich bleibt er lieber in seiner eigenen Suppe stecken, die schon seit 2002 vor sich hin kocht und inzwischen kaum noch genießbar ist.

Ein Nachtrag zur Geschlechterpolitik: Wann werden eigentlich Frauenfiguren in diesem Genre einmal mehr als entweder sexy Beiwerk oder sich opfernde Handlangerin, die notgedrungen mitmacht, aber tief in ihrem Inneren doch lieber für „ihren Mann“ sorgen und die Kinder großziehen will? Und wann dürfen auch die starken, aufgepumpten Heldenmänner ihre Gefühle anders zeigen als durch Wut, Rachsucht und Gewalt? Genau an dieser Stelle sollte man einhaken, hier ist viel mehr Komplexität, Intelligenz, Spaß und Thrill herauszuholen als durch die ständige Verlängerung und Michael-Bayisierung der üblichen Actionsequenzen.
 

Jason Bourne (2016)

Drei Filme lang, zwei davon unter der Regie von Paul Greengrass, suchte Jason Bourne (Matt Damon) seine Identität. In „The Bourne Identity“ (2002) – noch von Doug Liman – wurde er im Mittelmeer mit Schusswunden und einer ausgeprägten Amnesie angespült. Schon bald bemerkte er aber außergewöhnliche kognitive Skills und unglaubliche kämpferische Leistungen.

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Meinungen

Klaus Schübel · 24.08.2016

Hallo,

super Film, man geht ja in Filmen mit Erwartungen und diese werden nun mal erfüllt. Die Kritiken von Beatrice Behn kann man nicht nachvollziehen. Ich kann ja auch als Mann, eine Barbyfilm Kritik mal schreiben...
Gleichberechtigung fängt ja mit der Gefühlswelt an, wann endlich fühlt eine Frau wie ein Mann und wann werd ich endlich schwanger als Mann. Ein Hoch auf die Gleichberechtigung. Ich hab ja den Eindruck das der Film ein Männerfilm ist (J.B.) Das Frauen kein Aktion wollen ist mir klar, Frauen machen lieber Theater. MfG Klaus Schübel