Hip Hop-eration (2014)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Rüstige Rentner im Breakdance-Fieber

Dass das Leben auch im hohen Alter noch allerlei Überraschungen und sportliche oder künstlerische Höchstleistungen zu bieten hat, davon handelten in den letzten Jahren einige Spiel- und auch Dokumentarfilme wie etwa Young@Heart oder Herbstgold. Keine Frage: Nicht nur das Kinopublikum wird immer älter, damit einhergehend verändert sich sanft, aber merklich auch der Fokus der Filmemacher selbst. Wenn man so will, könnte man es wohl auf die nur ein ganz klein wenig augenzwinkernde Formel bringen, dass sich die Regisseure, Drehbuchautoren und Produzenten ihrer zahlenden Kino-Klientel und deren sich verändernder Altersstruktur anpassen. Insofern trifft der neuseeländische Dokumentarfilm Hip Hop-eration von Bryn Evans haargenau den Nagel auf den Kopf. Denn seine Heldinnen und Helden von der traumschönen Insel Waiheke sind zwar zwischen 72 und 95 Jahre alt, aber sehen es deshalb noch lange nicht ein, die Hände in den Schoß zu legen. Viel lieber trainieren sie für die Ehrenteilnahme an der Hip-Hop-Weltmeisterschaft in Las Vegas. Auf die Idee muss man erst einmal kommen.

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Doch der Traum, den die Gruppe rund um die agile Mittdreißigerin Billie Jordan hegt und für den sie eisern trainiert, steht auf mindestens ebenso wackligen Beinen wie einige der Tänzer, von denen mancher schon ein künstliches Hüftgelenk sein eigen nennt. Ein Umstand übrigens, auf den bereits der Titel des Films und der Name der Tanzcombo hinweisen: Die hat sich nämlich den wortspielerischen und selbstironischen Namen Hip Op-eration (=Hüftoperation) gegeben. Der Grund für die Unsicherheit des Unternehmens, der dramaturgisch durchaus wirkungsvoll die Geschichte vorantreibt, sind aber nicht nur gesundheitliche, sondern vor allem finanzielle Sorgen. Denn ein Sponsor, der die Reise unterstützt, will sich einfach nicht finden lassen, so dass am Ende die „Vermögenderen“ der breakdancenden Omas und Opas für die weniger Gutbetuchten in einem rührenden Akt der Solidarität einspringen. Überhaupt verlässt sich Bryn Evans nicht allein auf die rotierenden Hüften und hochgerissenen Arme, sondern bemüht sich zwischendrin durchaus, auch dem Leben manches Protagonisten nachzuspüren.

Dennoch hinterlässt der Film bei aller Kurzweil das zwiespältige Gefühl, dass Hip Hop und Breakdance hier in erster Linie Posen sind, die nicht wirklich gelebt werden. Weder Billie Jordan noch die älteren Damen und Herren sind begeisterte Homies, die Musik, zu der sie shaken, grooven und moven, finden sie eher gewöhnungsbedürftig. Daher zielt die Wahl ihrer Betätigung recht kalkuliert auf einen größtmöglichen Kontrastierungseffekt zwischen dem Alter der Tänzer und der Assoziation von Hip Hop als integraler Bestandteil der Jugendkultur. Es fehlt, wenn man so will, die Authentizität. Genauso gut könnte sich Billie Jordans Gang als irgendein anderer Bestandteil einer juvenilen Subkultur ausgeben – der Eindruck, dass man einer Art Zirkusvorführung mit akrobatischen Moves und schrillen Kostümen beiwohnt, bliebe der gleiche. So schwelgt der Film vor allem in Klischees und reinen Posen, die auch aufgrund des Ehrgeizes und des bisweilen enervierenden Daueroptimismus von Billie Jordan an manchen Stellen fast schon penetrant wirken.

Genau das ist es, was Hip-Hop-eration dann doch von Filmen wie Young@Heart oder Herbstgold unterscheidet. Bei allem Amüsement wirken sowohl die Motive der 27-köpfigen Gruppe wie auch die Absicht von Bryn Evans zu kalkuliert, um wirklich überzeugen zu können.
 

Hip Hop-eration (2014)

Dass das Leben auch im hohen Alter noch allerlei Überraschungen und sportliche oder künstlerische Höchstleistungen zu bieten hat, davon handelten in den letzten Jahren einige Spiel- und auch Dokumentarfilme wie etwa „Young@Heart“ oder „Herbstgold“. Keine Frage: Nicht nur das Kinopublikum wird immer älter, damit einhergehend verändert sich sanft, aber merklich auch der Fokus der Filmemacher selbst.

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